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Papstreise geht zu Ende

Carola Hoßfeld1. Dezember 2006

Noch kurz vor der Reise warnten im Vatikan Stimmen vor Gewalt und Ausschreitungen in der Türkei beim Papstbesuch. Die Sorgen waren unbegründet, der Papstbesuch verlief friedlich und erfolgreich, findet Carola Hoßfeld.

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Der Türkeibesuch war die erste außenpolitische Bewährungsprobe für den Papst. Anlass und Höhepunkt war die Ökumene mit der Orthodoxie. Die diplomatische Krise der letzten drei Monate, ausgelöst durch Benedikts umstrittene Rede im September in Regensburg, lag jedoch wie ein Schatten auf der Reise. Auch wenn der Papst seitdem immer wieder seine Wertschätzung für den Islam zum Ausdruck gebracht hatte - die islamische Welt hörte genau hin, ob er in der Türkei auch nur einen Hauch der Kritik an ihrer Religion äußert.

Der Intellektuelle auf dem Stuhl Petri, dem die Rolle des Professors mehr liegt als die des Politikers, war diesmal besser beraten. Vielleicht war er auch einfach nur umsichtiger. Die Bewährungsprobe, bei der politische und religiöse Aspekte zusammenkamen, hat er bestanden. Mehr noch: Im Dialog der Religionen könnte dieser Besuch weltweit einer Annäherung an den Islam begünstigen.

Als zweiter Papst in der Blauen Moschee

Als zweiter Papst in der Geschichte besuchte Benedikt eine Moschee, die Blaue Moschee in Istanbul. Vor der Gebetsnische hielt er kurz andächtig inne. Symbolträchtige Bilder, die von diesem Besuch in Erinnerung bleiben werden. Diplomatisch waren seine Gesten. Während des Gesprächs mit dem türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verdeckte er sein Kreuz. Beim Eintrag ins Gästebuch im Atatürk-Mausoleum verwendete er ein Atatürk-Zitat.

Und versöhnlich waren die Worte. Sie standen ganz im Zeichen des Dialogs und des gegenseitigen Verständnisses von Christen und Muslimen. Die Türkei nannte er Treffpunkt der Kulturen und Religionen und bezeichnete sie als Brücke zwischen Europa und Asien. Damit dürfte er auch gemeint haben, dass der türkische Islam eine besondere Brückenfunktion zum arabisch geprägten Islam haben könnte.

Politische Aspekte

Für Irritationen sorgte zum Auftakt, dass Ministerpräsident Erdogan den Gast nach einer kurzen Begegnung zum Verfechter eines türkischen EU-Beitritts erhob. Benedikt XVI. hatte sich vor seiner Wahl zum Papst mehrfach skeptisch zu einem möglichen EU-Beitritt der Türkei geäußert. Der Vatikan ruderte später zurück. Er stellte klar, dass die Kirche sich in dieser Frage neutral verhalte und nichts gegen einen Beitritt habe. Allerdings müssten zuvor die Bedingungen wie die volle Religionsfreiheit erfüllt sein. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Papstbesuch die Verhandlungsposition Ankaras gegenüber Brüssel stärkt. Vorausgesetzt, die Türkei liberalisiert ihre Religionspolitik.

Höhepunkt der Reise blieb die Begegnung mit dem griechisch-orthodoxen Patriachen Bartholomaios, dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie. Von Beginn seines Pontifikats an hatte Benedikt zu verstehen gegeben, dass es ihm in der Ökumene vor allem um die Einheit mit der Orthodoxie gehe. Mit ihr verbindet die katholische Kirche trotz einer fast Tausend Jahre alten Trennung weitaus mehr als mit den protestantischen Kirchen.

Hinzu kommt: Europa und sein jüdisch-christliches Erbe ist eines der zentralen Themen des Papstes. Nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens gehören etwa 40 Millionen orthodoxe Christen zur Europäischen Union. Ein Grund mehr, der einen intensiveren Dialog zwischen Rom und den orthodoxen Kirchen sinnvoll macht.

Weiter Weg

Doch so einfach wächst nicht zusammen, was Tausend Jahre getrennt war. In einer gemeinsamen Erklärung von Papst und Patriarch blieb es bei Absichtsbekundungen. Man will sich bemühen, die Kirchenspaltung aufzuheben. Man begrüßt den europäischen Einigungsprozess. Gemeinsam will man sich in Europa einsetzen für christliche Werte und Menschenrechte, für Religionsfreiheit und Minderheitenschutz.

Ein wirklicher Fortschritt wäre erzielt, wenn es zu einer Begegnung mit dem russischen Patriarchen Alexej käme. Ein Ziel, das auch Benedikts Vorgänger im Amt, Johannes Paul II., verfolgt hat, aber nicht erreichte. Sollte der Türkeibesuch ein solches Treffen vorbereitet haben, müsste die ökumenische Leistung dieses Papstes als Bahn brechend bezeichnet werden.

Zweifellos wird die Begegnung zwischen Papst und Patriarch die Ökumene mit der Orthodoxie voranbringen. Der Weg zur Einheit ist allerdings noch weit. Doch wie im Verhältnis zum Islam hat Benedikt auch in der Beziehung zur Ostkirche historische Schritte zu einer Annäherung unternommen. Die Türkeireise kann er als vollen Erfolg verbuchen.