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Kommentar: Eurovision Song Contest

Andreas Brenner19. Mai 2013

Im Malmö wurde die Gewinnerin des Europäischen Song Contest gekrönt: Emmelie de Forest aus Dänemark. Was ihr Sieg für den Eurovision Song Contest und Deutschland bedeutet, kommentiert Andreas Brenner.

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Man muss den Eurovision Song Contest nicht mögen. Man darf ihm aber dankbar sein. Nicht nur dafür, dass er ABBA weltberühmt machte. Oder weil er wegen skurriler und oft geschmackloser Auftritte gerne für reichlich Gesprächstoff sorgt. Es geht um einen Wettbewerb.

Eine Überraschung in diesem Jahr - wie etwa ein Sieg der Reinkarnation von Dracula alias Cezar aus Rumänien - ist ausgeblieben. Seit Langem schon führte Emmelie de Forest aus Dänemark die Listen der Wettbüros mit einem schlichten Pop-Song an, an den sich bald kaum jemand erinnern wird.

Nur noch langjährige ESC-Fans wissen, dass 2000 in Stockholm das dänische Duo "The Olsen Brothers" mit der Ballade "Fly On The Wings Of Love" gewonnen hatte. Die Geschichte wiederholt sich zwölf Jahre später. Aus Schweden geht die Trophäe wieder nach Dänemark.

Schwedische Toleranz

Unter den Top 5 sind auch drei Länder aus der ehemaligen Sowjetunion: Aserbaidschan, die Ukraine und Russland. Vom Gastgeber des diesjährigen Wettbewerbs könnten diese Länder viel lernen. Sehr witzig war die sechsminutige Revue der Moderatorin und Komikerin Petra Mede, die schwedische Klischees auf die Schippe nahm.

So wissen jetzt alle, dass der Regierungschef daran erinnert werden kann, seine Kaffeetasse abzuwaschen, dass auch schwedische Frauen gern Fußball spielen und dass Männer Kinder erziehen oder sogar untereinander heiraten. Toleranz zählt in Schweden. Schade nur: In vielen Ländern wurde das nicht gezeigt. Es lief Werbung.

Deutsche Hoffnungen wurden enttäuscht: Cascada landete auf Platz 21. Leadsängerin Natalie Horler reagierte gefasst. Anerkennung der deutschen Medien hat sie nur in Malmö erfahren. Zwischen dem nationalem Vorentscheid in Hannover und dem Finale des ESC in Malmö ignorierten sie die meisten Journalisten daheim.

Ganz anders in den Niederlanden. Wie der Blogger Tjabe von blog.prinz.de schrieb: "Die Eurovision ist eine Leidenschaft, die in den Niederlanden seit Jahren Leiden schafft." Die Oranier haben eine große und treue ESC-Fangemeinde - auch wenn sie es vor diesem 58. ESC fast zehn Jahre nicht ins Finale geschafft hatten.

Eine Veranstaltung für Minderheiten?

Wegen der Eishockey-Weltmeisterschaft in Stockholm musste Schweden 2013 den Song Contest in der drittgrößten Stadt des Königreichs austragen. Aus der Not haben die Organisatoren eine Tugend gemacht. Man wollte Kosten sparen und alles eine Nummer kleiner fahren. Der ESC sei schließlich eine Fernsehshow. Es ist kaum aufgefallen, wie klein die Halle mit Ikea-ähnlichen Lampen im Vergleich zu Düsseldorf oder Baku war. Aus Malmö wurden perfekte TV-Bilder geliefert. In der Stadt mit ihren 300.000 Einwohnern selbst merkte man von der ESC-Stimmung aber wenig.

Dabei spielt eine Rolle, dass der ESC in vielen westeuropäischen Ländern vor allem ein Event für Schwule und Lesben geworden ist. Wenn auch in Zukunft ein breites, junges und heterogenes Publikum gewonnen werden soll, muss für die Woche von ESC-Vorentscheidungen und Finale ein buntes Bühnentreiben mit einem abwechslungsreichen Programm am gesamten Austragungsort verknüpft werden.

Das klappte doch in Deutschland mit der Fußball-WM 2006. Auch mit dem verbesserten Konzept des nationalen Vorentscheids zum Eurovision Song Contest ist es Deutschland gelungen, den europäischen Wettbewerb wieder beliebt zu machen - und zu gewinnen, danach gute Plätze zu belegen. Diesmal hat es nicht geklappt. Aber nach dem Song Contest ist vor dem Song Contest.