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Kommentar: Kein Frieden im Südsudan

Daniel Pelz24. Januar 2014

Südsudans Regierung und die Rebellen um Ex-Vizepräsident Riek Machar haben einen Waffenstillstand beschlossen. Doch Frieden herrscht im Südsudan dadurch noch lange nicht, meint Daniel Pelz.

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Daniel Pelz, Leiter der Redaktion Englisch für AfrikaBild: DW/P. Henriksen

Nein, die Gewalt im Südsudan ist noch lange nicht beendet - da können die Vertreter beider Seiten in Addis Abeba noch so viele Waffenstillstandsabkommen unterschreiben. Wenn Regierung und Rebellen es wirklich ernst meinen, müssen sie mehr tun, als die aktuellen Kämpfe einzustellen und politische Gefangene freizulassen. Dann müssten sie den Südsudan von Grund auf umbauen - ob sie das können und wollen, bezweifle ich.

Staatspräsident Salva Kiir hat bislang nicht als weitsichtiger Staatslenker geglänzt. Unter der Führung des Ex-Rebellen, der in der Öffentlichkeit gern mit Cowboyhut posiert, gleicht das Land zunehmend einer Militärdiktatur. Nicht das Parlament oder die Gerichte haben im Südsudan das Sagen, sondern eine kleine Gruppe von Führern und Verbündeten der Südsudanesischen Volksbefreiungsfront SPLM. Mehr als 20 Jahre kämpfte die SPLM als Rebellenarmee für die Unabhängigkeit des Südens, der damals noch Teil des Sudan war. Seit der Unabhängigkeit 2011 benimmt sie sich, als wäre der Staat ihr Eigentum. Minister klauen Milliarden aus dem Staatshaushalt, Armee und Polizei werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Schon bevor der Konflikt zwischen Salva Kiir und Riek Machar eskalierte, flammten im ganzen Land ethnische Konflikte auf - die Regierung antwortete mit der Entsendung von Soldaten.

Kiir tat gegen all das nichts. Weder kam die lang angekündigte Armeereform in Gang, noch wurden korrupte Minister gefeuert. Ein Gesetz zum Schutz der Presse lag monatelang auf Eis. Hohe Posten im Staatsapparat gingen an ehemalige SPLM-Kämpfer - auch ohne die erforderliche Qualifikation. Riek Machar machte dabei mit - bis zu seiner Entlassung im letzten Jahr war er Vize-Präsident und damit Kiirs Stellvertreter.

Ringen um Macht

Schwer vorstellbar, dass der Machtmensch Salva Kiir jetzt plötzlich umschwenkt, sich für funktionierende Institutionen einsetzt und die Kritik von der Zivilgesellschaft oder den Medien akzeptiert. Doch wenn das nicht geschieht und weiterhin Millionen Südsudanesen das Gefühl haben, dass sich ihr Staat nicht um sie kümmert, werden es Machtmenschen wie Riek Machar auch in Zukunft leicht haben, Milizen gegen die Regierung in Stellung zu bringen.

Ein dauerhafter Friede im Südsudan ist auch nur dann möglich, wenn die Regierung den Aufbau des Landes vorantreibt. Trotz enormer Ölvorkommen ist der Südsudan eines der ärmsten Länder Afrikas. Bei Mütter- und Kindersterblichkeit ist er einer der Spitzenreiter, mehr als 70 Prozent der Menschen können noch immer nicht lesen oder schreiben. Die Reise zum nächsten Krankenhaus dauert in vielen Gebieten einige Tage. Den Aufbau des Bildungswesens und des Sozialsektors überliess die Regierung ausländischen Gebern und Nichtregierungsorganisationen. Dabei hätte der Südsudan eigenes Geld aus dem Öl-Verkauf. Doch das gaben Kiir und Machar lieber für die aufgeblähte Armee aus.

Nach der Unabhängigkeit 2011 hofften viele Südsudanesen darauf, dass sich ihr Leben endlich bessert. Nun leiden sie noch immer unter Hunger oder müssen zusehen, wie ihre Kindern an Durchfall oder Typhus sterben - und sind damit leichte Beute für jeden, der Kämpfer gegen die Regierung in Juba sucht.

Viele Verträge - wenig Sicherheit

Frieden ist im Südsudan aber auch aus einem anderen Grund nicht in Sicht: Denn Ex-Vizepräsident Riek Machar und den übrigen Führern seiner Rebellenkoalition geht es nicht darum, die Demokratie zu sichern und marginalisierten Volksgruppen zu ihrem Recht zu verhelfen, wie sie öffentlich vorgeben. Machar ist ein Machtmensch. Schon im Bürgerkrieg in den 1990er Jahren zwischen dem Nordsudan und den Rebellen der Südsudanesischen Volksbefreiungsfront wechselte er die Seite. Zeitweilig bekämpfte er seine früheren SPLM-Verbündeten sogar im Auftrag des Nordens. Solange Menschen wie er kein Problem damit haben, einen blutigen Konflikt loszutreten, um die eigene Macht zu sichern und Zugriff auf Südsudans Ölvorkommen zu erhalten, wird das Land nicht zur Ruhe finden.

Salva Kiir und Riek Machar haben schon viele Pakte geschlossen, wenn es für ihren eigenen Machterhalt wichtig war - dieser Waffenstillstand ist nur einer davon. Wenn eine Seite der Auffassung ist, dass auf dem Schlachtfeld mehr zu erreichen ist als am Verhandlungstisch, kann der Konflikt schnell wieder hochkochen. Die Leidtragenden sind wieder einmal ihre eigenen Bürger.