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Kommentar: Des Kindes Abstieg

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Tobias Oelmaier
20. März 2016

Hannover 96 ist nach der erneuten Niederlage kaum noch vor dem Abstieg zu retten. Schuld ist der Präsident, kommentiert DW-Sportredakteur Tobias Oelmaier.

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Hannover 96 Präsident Martin Kind
Bild: picture alliance/Pressefoto Rudel

Erinnern Sie sich noch an Tasmania Berlin? Wohl kaum persönlich. Eher aus Erzählungen oder vom Nachlesen alter Statistiken. Denn Tasmania wird immer wieder zitiert, wenn es um Negativ-Rekorde in der Fußball-Bundesliga geht. Das schlechteste Team aller Zeiten. 1965/66 war es, als die Berliner mit nur acht Punkten nach einer Saison absteigen mussten. 23 Niederlagen hatten sie allein bis zum 27. Spieltag kassiert, ein paar weitere sollten noch hinzukommen damals.

Nun gibt es einen neuen zweitschlechtesten Verein: Hannover 96 steht seit dem 0:1 im Kellerduell bei Eintracht Frankfurt bei 20 Niederlagen. Und ebenso am Tabellenende. Zwar nicht ganz so abgeschlagen, aber doch so weit vom rettenden Ufer entfernt, dass man eigentlich nicht mehr zweigleisig planen muss für die kommende Spielzeit. Zehn Punkte fehlen auf den Relagationsplatz.

"Eine weitere Enttäuschung", nannte Thomas Schaaf die Niederlage. Dabei hatte der Trainer alles versucht, sogar fünf Spieler vor der Partie in Frankfurt aus dem Kader verbannt. Aber ohne Erfolg. Schaaf ist ein Teil des Problems. Viel zu spät für Michael Frontzeck in der Winterpause geholt, ist er unbestritten ein Guter. Das hat er bei Werder Bremen über ein Jahrzehnt lang bewiesen. Aber er braucht Ruhe, muss ein Team aufbauen können. Und er braucht Harmonie. Weil die offenbar fehlten, schied er Ende der vergangenen Saison von Frankfurt - trotz Tabellenplatz neun.

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DW-Sportredakteur Tobias Oelmaier

Hannover braucht einen Motivator

Schaaf ist alles andere als ein "Feuerwehrmann". Dabei hätte man einen solchen in Hannover dringend gebraucht. Einen, der über die Motivationsschiene kommt. Einen, der kurzfristig Lösungen parat hat. So, wie sie es in Frankfurt mit Nico Kovac und in Hoffenheim mit Julian Nagelsmann getan haben, die dort erste Erfolge im Abstiegskampf eingefahren haben.

Aber Schaaf ist nicht die einzige Fehlbesetzung beim Tabellenschlusslicht. 5,6 Millonen Euro wurden im Winter für sechs Neuzugänge ausgegeben: Marius Wolf, Iver Fossum, Hotaru Yamaguchi, Adam Szalai, Hugo Almeida und Alexander Milosevic sind gekommen. Richtig weitergeholfen hat keiner bisher. Und der 96-Nachwuchs fiel zuletzt nicht durch sportliche Höchstleistungen auf, sondern durch drei Nachwuchsspieler, die einen Raubüberfall geplant hatten. Da scheint sich keiner aufzudrängen.

Allmächtiger Vereinspräsident

So drängt sich die Frage auf, ob der Fisch nicht doch vom Kopf her stinkt. Martin Bader, der bisher glücklose Geschäftsführer, hat noch keine entscheidenden Impulse setzen können. Die Trainingsmöglichkeiten sowie die generellen Rahmenbedingungen, die er bei seinem Amtsantritt im vergangenen Oktober vorfand, seien kaum vorzeigbar, klagte Bader unlängst in einem Zeitungsinterview. Die Frage ist ohnehin, wie autonom Bader agieren darf.

Denn an der Spitze thront seit nun schon fast 19 Jahren der allgewaltige Präsident Martin Kind, bis zur Verpflichtung Baders in Personalunion auch alleiniger Geschäftsführer. In dieser Zeit hat er neun Sportdirektoren und zwölf Cheftrainer aufgearbeitet. Immer wieder soll er sich, heißt es aus dem Vereinsumfeld, in sportliche Belange einmischen. Zudem drängt er sich gerne in die Medien, äußert sich dabei oft unloyal und indiskret gegenüber seinen Mitarbeitern. Selbst die eigenen Fans bezeichnete er schon mal als "Arschlöcher". Für 2018 hat Kind nun seinen Rückzug vom Präsidentenamt angekündigt. Zu spät, um den Traditionsverein Hannover 96 vor dem Abstieg zu bewahren!

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