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Politik

Neuer Anlauf für Frieden mit der ELN

6. Juli 2022

Kolumbiens künftiger Präsident Gustavo Petro hat einen Waffenstillstand mit der letzten aktiven Guerilla-Gruppe, der ELN, vorgeschlagen. Unter seinen Vorgängern waren Friedensgespräche mit den Kämpfern gescheitert.

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Kolumbien Gewählter Präsident Gustavo Petro
Kolumbiens gewählter Präsident Gustavo PetroBild: Mario Toro Quintero/LongVisual/ZUMA Press Wire/picture alliance

Der gewählte linksgerichtete Präsident Gustavo Petro hat zur Aufnahme der Friedensgespräche mit der ELN-Guerilla einen bilateralen Waffenstillstand vorgeschlagen. Er werde zu Beginn seiner Amtszeit am 7. August jene Länder, die bei den 2016 begonnen Verhandlungen bereits als Garanten fungierten, bitten, bei der Reaktivierung der Friedensgespräche erneut zur Verfügung zu stehen, sagte Petro in einem Interview des Senders "La W". In den vergangenen Jahren habe sich nicht nur die ELN verändert, sondern auch die kolumbianische Gesellschaft. Sein Aufruf zum Frieden richte sich an alle bewaffneten Gruppen, die in Kolumbien aktiv seien, sagte Petro.

ELN gibt sich gesprächsbereit

Die marxistische ELN-Guerilla hatte bereits nach dem Sieg des Sozialisten Petro in der Stichwahl um das Präsidentenamt ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme der auf Eis gelegten Friedensgespräche bekundet. In einer Erklärung teilten die Rebellen mit, sie würden ihren Kampf und den politischen und militärischen Widerstand aufrechterhalten, stünden aber bereit, einen Friedensprozess voranzubringen. Zugleich forderte die ELN die künftige Regierung zu Reformen in der Agrarwirtschaft, zur Fortsetzung des Friedensprozesses sowie einer neuen Form der Bekämpfung des Drogenhandels auf.

Die ELN ist seit der Unterzeichnung eines Friedensabkommens zwischen der linken Rebellenorganisation FARC und dem kolumbianischen Staat 2016 die letzte anerkannte Rebellengruppe in dem südamerikanischen Land. Der frühere Präsident Juan Manuel Santos hatte auch mit der ELN Friedensverhandlungen geführt, aber sein rechtsgerichteter Nachfolger Iván Duque beendete diese Verhandlungen nach einem Autobomben-Anschlag im Jahr 2019 auf eine Polizei-Akademie in Bogotá mit 20 Toten.

Die ELN entstand 1964 nach der kommunistischen Revolution in Kuba. Nach Schätzungen verfügt sie aktuell über 2500 bis 5000 Kämpfer, die sich vor allem in den Grenzgebieten zu Venezuela und entlang der Pazifikküste befinden sollen. In den urbanen Zentren Kolumbiens verfügt die ELN über ein bedeutendes Netzwerk an Unterstützern. Die ELN finanziert sich vor allem durch Drogenhandel.

Vom Guerillero zum Präsidenten

Der künftige Präsident Petro gehörte in seiner Jugend selbst einer linken Guerilla-Bewegung an, der Rebellenorganisation M-19. Die bereits Anfang der 1990er Jahre aufgelöste M-19 ist vor allem durch ihre Besetzung des Justizpalastes in der Hauptstadt Bogotá im Gedächtnis geblieben. Die Rebellen nahmen 1985 in dem Gebäude hunderte Geiseln, darunter die obersten Richter. Bei der Erstürmung des Gebäudes durch die Sicherheitskräfte wurden mehr als hundert Menschen getötet. Petro war im Justizpalast nicht dabei, er befand sich zu diesem Zeitpunkt im Gefängnis.

Kolumbien litt über Jahrzehnte unter einem blutigen Bürgerkrieg zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs und staatlichen Sicherheitskräften. Mehrere Hunderttausend Menschen kamen ums Leben, Millionen wurden aus ihren Wohnorten vertrieben.

qu/sti (afp, kna)