Rastlose Kolibris
10. März 2016Rubinkehlkolibris (Archilocus colubris) haben ihren Namen von der leuchtend roten Brustbefiederung der Männchen. Die winzigen Flugakrobaten sind in Amerika sehr weit verbreitet: Ihr Lebensraum reicht im Norden zu den großen Seen und sogar bis tief nach Kanada hinein. Dort verbringen sie die kurzen aber schönen Sommerwochen.
Viele bleiben aber etwas weiter südlich, und besiedeln in den wärmeren Monaten den Osten der USA - zwischen Atlantik und Mississippi. Wird es kalt - also etwa ab August - reisen sie nach Süden: Entlang und wohl auch durch die Karibik nach Mittelamerika. Das ist ein straffes Reisepensum für die winzigen Vögel, deren Durchschnittsgewicht zwischen drei und vier Gramm und deren Flügelspannweite bei zehn Zentimetern liegt.
Maximale Flugstrecke im Computermodell
Theodore Zenzal und Forscherkollegen von der University of Southern Mississippi in Hattiesburg konnten jetzt aus der gemessenen Flügelspanne und dem Gewicht am Computer die theoretische Leistungsfähigkeit der Kolibris simulieren. Dabei kam heraus, dass männliche Kolibris rund 2200 Kilometer ohne Unterbrechung fliegen können. Ihre Ergebnisse haben sie in der heutigen Ausgabe des Fachjournals "The Auk: Ornithological Advances" vorgestellt.
Zurück zur Wirklichkeit: Im Durchschnitt brauchten die Vögel für eine knapp 3000 Kilometer lange Reise aus Alabama zum südlichen Golf von Mexiko etwa 62 Tage. Das Forscherteam hatte von 2010 bis 2014 im Spätsommer insgesamt mehr als 2700 Kolibris an ihren Nistplätzen mit Radiotranspondern ausgestattet oder Aluminiumbändern markiert. Später haben sie einzelne Tiere mit Netzen eingefangen. So konnten die Ornithologen das tatsächliche Flug- und Rastverhalten der Tiere nachvollziehen.
Kurze Etappen oder die Abkürzung übers Meer?
Unklar blieb dabei, ob alle Tiere entlang der Küste gereist sind oder ob einzelne - möglicherweise ältere Vögel - auch den direkten Weg über das Meer genommen haben könnten. Dieser kann bis zu 1000 Kilometer betragen. Diejenigen, die Rastplätze entlang der Küste aufgesucht haben, sind dort im Schnitt ein bis vier Tage geblieben. Sie haben also doch Pausen gemacht.
Es wurde allerdings deutlich, dass ältere Tiere früher ins Winterquartier aufgebrochen sind als die Jüngeren. Dadurch haben sie ihr Ziel früher und in besserer Verfassung erreicht als einjährige Jungvögel.
"Besonders interessant war, dass manche der Vögel während der Migration ihr Gewicht effektiv verdoppelten und trotzdem in der Lage waren zu fliegen", sagte Zenzal gegenüber der Agentur dpa. Also haben diejenigen unterwegs wohl auch für ihr leibliches Wohl gesorgt und jede Menge Blüten entlang der Reiseroute angesteuert.
fs/hf (dpa)