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Kohlendioxid – Segen und Fluch

31. Mai 2011

Der "Klimakiller" Kohlendioxid (CO2) ist im Grunde nichts Schlechtes. Denn ohne CO2 wäre Leben auf der Erde nicht möglich. Wird es aber in großer Menge freigesetzt, ist es schädlich. Die Dosis macht das Gift.

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Detailansicht eines Blattes (Foto: CC/michaelroper)
Was der Mensch ausatmet, atmet die Pflanze ein – und umgekehrtBild: CC/michaelroper

CO2 ist ein natürlicher Bestandteil der Luft. Es sorgt für einen Treibhauseffekt auf der Erde, eine Art Deckel, der verhindert, dass Wärme von der Oberfläche verschwindet und die Erde auskühlt. Ohne die so geschaffene Biosphäre wäre Leben auf dem Planeten nicht möglich. Tiere benötigen Sauerstoff zum Atmen und geben Kohlendioxid ab. Pflanzen wiederum benötigen Kohlendioxid für die Photosynthese und geben dafür Sauerstoff ab. Bleibt das Verhältnis im Gleichgewicht, funktioniert das System.

Der Mensch als Störfaktor

Ein Auspuff, aus dem Qualm steigt (Foto: KfW / Thomas Klewar)
Die Verbrennung von fossilen Brennstoffen bringt den Kreislauf aus dem TaktBild: KfW / Thomas Klewar

Doch dieser harmonische Kreislauf ist empfindlich gestört. "Seit Beginn der Industrialisierung ist die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre erheblich gestiegen", sagt Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Das Klima habe sich seither deutlich erwärmt. Dabei geht es nicht nur um Verbrennung fossiler Stoffe, also von Kohle, Öl und Gas. Auch die zunehmende Zerstörung von Naturgebieten, insbesondere von Waldflächen trägt dazu bei, dass das Gleichgewicht ins Wanken gerät. Denn solche Gebiete haben im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung über Jahrtausende CO2 gespeichert. Die Vernichtung setzt innerhalb kurzer Zeit Milliarden Tonnen des Treibhausgases frei.

Aus dem Kreislauf wird der Teufelskreis

Die Folgen sind weitreichend: Der natürliche Treibhauseffekt wird verstärkt, die globale Erwärmung vorangetrieben. Zerstörte Flächen bieten weder Heimat für Tier- und Pflanzenarten noch können sie CO2 speichern. Guenola Kahlert, Wald- und Klimaexpertin der Umweltorganisation WWF ist besorgt. "In Bezug auf den Klimawandel ist das Abholzen von Wäldern eine tickende Zeitbombe." Bis zu 15 Prozent der globalen Emissionen seien auf Waldvernichtung zurückzuführen, im Vergleich dazu seien die Anteile des Verkehrs am CO2-Ausstoß gering.

Die WWF-Expertin begleitet ein Projekt, das den Schutz der Torfmoorwälder in Indonesien zum Ziel hat. "Zwei Milliarden Tonnen CO2 sind pro Jahr allein auf die Zerstörung dieser Gebiete" zurückzuführen, sagt Guénola Kahlert. Das seien acht Prozent des weltweiten Ausstoßes durch die Verbrennung fossiler Energieträger.

Die "Agrarfront" treibt den Klimawandel voran

Flaches, leeres Land, auf dem früher Wald stand (Foto: CC/RAN/ David Gilbert)
Mit dem Wald verschwindet auch der natürliche Filter für CO2Bild: CC/RAN/David Gilbert

Zerstörung, das bedeutet in erster Linie Rodung oder Trockenlegung, zum Beispiel um Ackerflächen für die Palmöl-, Reis- oder Mais-Produktion zu schaffen oder zu erweitern. "Der Mensch kreiert den Bedarf und nimmt sich dafür die Flächen. Es sind politisch gewollte Entscheidungen zu Lasten des Klimas", klagt Guénola Kahlert. Um zu verstehen, welche Folgen so etwas hat, müsse man sich die Wirkungskette bis zum Ende anschauen. Das tun offenbar die wenigsten.

Damit meint die WWF-Expertin nicht nur die Situation in den indonesischen Regenwäldern. Auch in anderen Gebieten der Erde geht die Vernichtung von Waldflächen rasant voran. So sind in Amazonien laut WWF in den vergangenen zehn Jahren pro Minute mindestens vier Fußballfelder Regenwaldfläche verschwunden. Dabei nimmt das riesige Gebiet im Norden Südamerikas nach Expertenmeinung eine Schlüsselrolle für das Weltklima ein. Es schützt durch die Vegetation und seinen enormen Wasserreichtum die Erde nicht nur vor einer stärkeren Klimaerwärmung, sondern hält auch riesige Mengen Kohlendioxid zurück. Die Menge, die im Boden und in den Bäumen Amazoniens gespeichert ist, soll der Menge entsprechen, die Menschen in einem Zeitraum von zehn Jahren global an Treibhausgasen freisetzen, schätzen die Experten. Der Verlust durch die Folgen des Klimawandels ist hierbei noch nicht einmal berücksichtigt.

Trockener Regenwald - Yoro, Honduras (Foto: CC/Lon&Queta)
Auch sonst genügsame Vegetation leidet unter dem KlimawandelBild: CC/Lon&Queta

Die Trockenwälder in den Tropen sind dagegen ein vergleichsweise robuster CO2-Speicher. Trotzdem geht an ihnen die Entwicklung nicht spurlos vorbei. Auch wenn die Bäume ein hervorragendes Beispiel für Anpassung sind, schließlich müssen sie in der Trockenzeit monatelang ohne Wasser auskommen, dem Klimawandel standhalten können sie nicht. Steigende Temperaturen lassen die Wasservorräte sinken und die Trockenzeit länger werden. Im Westen Sambias wurde die Bedeutung dieser Trockenwälder für den Klimaschutz inzwischen erkannt. Mit deutscher Unterstützung ist der Miombo-Trockenwald in West Lunga als Schutzgebiet ausgewiesen worden. Durch den Erhalt des natürlichen Speichers sollen jährlich 13 Millionen Tonnen CO2 gebunden werden.

Steter Tropfen oder Handel mit Emissionsrechten?

Aufsicht auf ein Trockenwaldgebiet (Foto: CC/Center For International Forestry Research/Jeff Walker)
Waldschutz ist KlimaschutzBild: CC/Center For International Forestry Research/Jeff Walker

Auch wenn es nur langsam voran gehe, Fortschritte seien immerhin sichtbar, so die WWF-Expertin Guénola Kahlert. "Man kann nicht alle Flächen retten, aber zumindest die, die wichtig für die Biodiversität, den Klimaschutz und den Menschen sind".

Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom PIK mahnt dagegen zur Eile. "Die Zeit drängt, denn die bislang schon sichtbare Klimaänderung ist nur ein kleiner Vorbote für das, was uns bevorsteht, wenn wir weitermachen wie bisher". Der Wissenschaftler fordert, Anreize dafür zu schaffen, die Verringerung des CO2-Ausstoßes ernsthaft in Angriff zu nehmen. Er setzt dabei zum Beispiel auf einen budgetorientierten Emissionsrechtehandel. Bei diesem System wird eine bestimmte Menge des CO2-Ausstoßes festgelegt, der ausreicht, um die Klimaerwärmung bis 2050 auf zwei Grad zu begrenzen. Dieses sogenannte Budget wird den Ländern entsprechend ihres Anteils an der Weltbevölkerung zugeteilt. Industriestaaten, als größte Verbraucher, könnten dann Emissionsrechte von Ländern mit einem geringen CO2-Ausstoß kaufen. "Das nützt dann beiden Seiten,“ hofft Gerstengarbe. „Vor allem aber dem Planeten."

Autor: Po Keung Cheung
Redaktion: Klaus Esterluß