Kleider machen Leute
Die Kleidung schützt uns etwa vor Kälte und Nässe, wärmt und kann ein Ausdruck unserer Persönlichkeit sein. Auf manch einen trifft jedoch der Spruch zu: „Außen hui, innen pfui“.
Kleidung ist eine Äußerlichkeit. Und vom Äußeren sollte man nicht auf das Wesen eines Menschen schließen. Davor warnen Redensarten wie „Außen hui, innen pfui“ oder „der Schein trügt“.
Die einen ziehen den Hut, die andren ziehen sich aus
Dennoch gilt „Kleider machen Leute“ – und, trotz „hui“ und „pfui“ – Leute machen Kleidervorschriften. Versuchen Sie mal – und wären Sie das reinste Wesen auf Erden - in Unterhose ein Gotteshaus zu betreten. Oder gehen Sie zu einem wichtigen Fußballspiel in exakt den Zuschauerblock Zuschauerblock, -blöcke (m.) eine große Gruppe von Zuschauerinnen und Zuschauern, die in einem bestimmten Bereich eines Fußballstadions o.Ä. sitzt , in dem sich die fanatischen Fans der Heimmannschaft dicht an dicht drängen und nur Sie tragen – weil es Ihnen gefällt – das Trikot der gegnerischen Mannschaft ... Nein, nein, wie man es dreht und wendet, mag auch jeder wissen, dass der Schein trügt, es ist doch nicht alles Jacke wie Hose.
„Kleider machen Leute“. Die Redensart ist alt. Bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts wird sie in einer Erzählung verwendet. Der Inhalt: Ein Gelehrter geht in seinem Alltagsgewand über den Markt. Keiner grüßt ihn. Er macht die Probe aufs Exempel und geht denselben Weg noch einmal, aber im Festgewand. Und jeder zieht den Hut vor jemandem den Hut ziehen umgangssprachlich für: jemanden bewundern; jemandem Respekt bekunden; große Achtung vor jemandem haben vor ihm. Wütend geht der Gelehrte heim, zieht sich aus, trampelt auf etwas herum|trampeln umgangssprachlich für: heftig mit den Füßen auf etwas treten auf seinen Kleidern herum auf etwas herum|trampeln umgangssprachlich für: heftig mit den Füßen auf etwas treten und beschimpft sie: „Bist du dann der Doctor, oder bin ich er?“
Putz und Schutz
Der vornehme Schneider nennt sich gerne „Kleidermacher“, dessen „Couture Couture (f., nur Singular) aus dem Französischen: die Schneiderkunst “ sich nicht jeder leisten kann, ohne die ganz großen „Spendierhosen“ anzuhaben die Spendierhosen anhaben redensartlich für: großzügig, spendabel sein . Vornehme Kleider zieht man auch anders an als die Alltagsklamotten. Die einen kann man „anlegen“, in die andern kann man sich bloß „reinwerfen“. Ausnahme: man kann sich „in Schale werfen“. Bei dieser Redensart wird die Vornehmheit durch das „werfen“ kräftig ironisiert.
Die „Schale“ aber verweist auf die Schutzfunktion der Kleidung, zum einen vor Witterung, zum anderen vor Nähe. Merkwürdig: in Schale sehen wir aus „wie aus dem Ei gepellt wie aus dem Ei gepellt umgangssprachlich für: sehr ordentlich gekleidet “. Kleidung ist Verkleidung. Sein „Outfit“ verändert gern, wer einem Idol nacheifert jemandem nach|eifern bemüht sein, es einer anderen Person (einem Vorbild) gleichzutun , in der Hoffnung, ihm durch ähnliche Kleidung näher zu kommen. Das „Dazu-gehören-wollen“ drückt sich oft in der Kleidung aus. Das kann eine Uniform sein, ein Fußballtrikot (nicht das falsche!) oder auch ein Anstecker, zum Beispiel der Friedenstauben-Button der frühen 80er Jahre.
Die Flüsterkleider
Kleider sprechen. Immer. Ob es der Träger will oder nicht. Eine verwaschene verwaschen bei Kleidungsstücken: durch häufiges Waschen seine Farbe verloren haben Latzhose sagt etwas anderes aus als ein schicker Nadelstreifenanzug Nadelstreifenanzug, -anzüge (m.) ein Anzug mit feinen, meist weißen Linien auf dem Stoff . Kleider können dem Träger Gewicht verleihen oder Leichtigkeit. Letzteres beweist das wohl bekannteste deutsche Kinderlied. Es erzählt vom kleinen Hans, der in die weite Welt hinauswandert, versehen mit den richtigen Accessoires: „Stock und Hut, steht ihm gut, ist gar wohlgemut“. Nicht verschwiegen werden darf, dass es im Lied mit einem großen „aber“ weitergeht. „Aber Mutter weinet sehr, hat ja nun kein Hänschen mehr!“
Na, da hat sich der Sohn vom mütterlichen Rockzipfel befreit. Dort hängen Kinder normalerweise. Freilich: „am Rockzipfel am Rockzipfel von jemandem hängen umgangssprachlich für: unselbstständig sein “ der Mama „hängen am Rockzipfel von jemandem hängen umgangssprachlich für: unselbstständig sein “ auch Kinder, die schon erwachsen sind, Erwachsene, die sich nicht recht ins Leben trauen. Vielleicht aus Angst, alles könnte „in die Hose gehen in die Hose gehen umgangssprachlich für: misslingen “.
Männer mit Manschetten
Was aber geht genau in die Hose? Im nettesten, dem stubenreinen Fall, ist es das Herz, das in die Hose rutscht, im anderen Falle redet man auch vom „Hosenscheißer“. Angsthase könnte man auch sagen. Der Hosenscheißer findet seine vornehmere Entsprechung im Manne, der „Manschetten Manschette, -n (f.) (aus dem Französischen) verstärkter Ärmelaufschlag an Hemden, Blusen, Jacken hat vor etwas Manschetten haben umgangssprachlich für: Angst haben “. Um 1750 gab es die Mode der sogenannten „überfallenden Manschetten“. Die hinderten den Gebrauch des Degens. Wer Manschetten trug, galt deshalb als modischer Zärtling, der bestimmt auch zu Hause bei seiner Ehegattin „die Hosen voll hatte“, wenn er sie denn überhaupt anhatte, die Hosen.
Um die Hose thematisch zu schließen, sei noch erwähnt: wer „die Hosen runterlässt die Hosen herunterlassen umgangssprachlich für: die Wahrheit sagen, etwas gestehen “, muss kein Exhibitionist Exhibitionist, -en/Exhibitionistin, -nen jemand, der fremden Leuten sein Geschlechtsteil zeigt sein. Kann sein – im übertragenen Sinne – er ist pleite und muss alle Finanzen offen legen, sich finanziell „nackt“ zeigen. So etwas bleibt einem nicht „in den Kleidern hängen“, dazu geht es zu tief. Man schämt sich.
Volle Hosen, leere Hosen
Deswegen kenne ich auch keinen, der schon mal die Hosen runter gelassen hat. Nun, wie es drunter aussieht, geht auch niemanden was an. Auch zu diesem Zweck tragen wir drüber Kleider.
Kleider machen Leute
Zuschauerblock, -blöcke (m.) — eine große Gruppe von Zuschauerinnen und Zuschauern, die in einem bestimmten Bereich eines Fußballstadions o.Ä. sitzt
vor jemandem den Hut ziehen — umgangssprachlich für: jemanden bewundern; jemandem Respekt bekunden; große Achtung vor jemandem haben
Couture (f., nur Singular) — aus dem Französischen: die Schneiderkunst
die Spendierhosen anhaben — redensartlich für: großzügig, spendabel sein
wie aus dem Ei gepellt — umgangssprachlich für: sehr ordentlich gekleidet
jemandem nach|eifern — bemüht sein, es einer anderen Person (einem Vorbild) gleichzutun
verwaschen — bei Kleidungsstücken: durch häufiges Waschen seine Farbe verloren haben
Nadelstreifenanzug, -anzüge (m.) — ein Anzug mit feinen, meist weißen Linien auf dem Stoff
am Rockzipfel von jemandem hängen — umgangssprachlich für: unselbstständig sein
in die Hose gehen — umgangssprachlich für: misslingen
auf etwas herum|trampeln — umgangssprachlich für: heftig mit den Füßen auf etwas treten
Manschette, -n (f.) — (aus dem Französischen) verstärkter Ärmelaufschlag an Hemden, Blusen, Jacken
vor etwas Manschetten haben — umgangssprachlich für: Angst haben
die Hosen herunterlassen — umgangssprachlich für: die Wahrheit sagen, etwas gestehen
Exhibitionist, -en/Exhibitionistin, -nen — jemand, der fremden Leuten sein Geschlechtsteil zeigt