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Kritik an Griechen-Kritiker

Peter Stützle27. August 2012

Der Generalsekretär der bayerischen Regierungspartei CSU, Alexander Dobrindt, bleibt dabei: Griechenland sollte zur Drachme zurückkehren. Doch damit erntet er zunehmend Kritik in den eigenen Reihen.

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Proträt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Foto: Frank Leonhardt dpa/lby
Bild: picture-alliance/dpa

"Provinzielles Gemeckere" - so charakterisiert ein führender Parteifreund die Äußerungen von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zur Euro-Krise. Dieser hatte der Zeitung "Bild am Sonntag" gesagt, an einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone führe kein Weg vorbei.

Damit konterkarierte Dobrindt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die erst am Freitag (24.08.2012) bei einem Treffen mit dem Athener Regierungschef Antonis Samaras erklärt hatte: "Ich will, dass Griechenland Teil des Euro-Raums bleibt." Sie kenne auch "niemanden in den Regierungsfraktionen, der das nicht will". Nun ist Dobrindt aber Mitglied der gemeinsamen Fraktion von CDU und CSU im Bundestag.

Merkel: "Worte wägen"

Auf Dobrindt angesprochen, sagte Merkel in einem am Sonntagabend ausgestrahlten Fernsehinterview, man befinde sich in einer entscheidenden Phase der Euro-Rettung. "Deshalb denke ich, wir sollten alle unsere Worte wägen." Andere Christdemokraten wurden noch deutlicher. Merkels Stellvertreter im CDU-Vorsitz, der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, sagte am Montag (27.08.2012): "Die Sache ist schwierig genug, sie wird nicht dadurch besser, dass jeder jeden Tag irgendeinen Hammer loslässt." In dieselbe Kerbe hieb Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU): "Die Situation ist zu ernst, als dass man sie mit einem rhetorischen Überbietungswettbewerb bestreiten könnte." Der ebenfalls christdemokratische EU-Kommissar Günther Oettinger erklärte: "Der Stil ist nicht in Ordnung, der Inhalt nicht und das Kalkül überhaupt nicht."

Merkel beim Sommerinterview, im Hintergrund der Reichstag. Foto: Stephanie Pilick dpa
Klare Ansage beim Sommerinterview: Angela MerkelBild: picture-alliance/dpa

Landtagswahlkampf mit dem Euro

Mit dem "Kalkül" spricht Oettinger Versuche der Christsozialen an, im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl, in der es um ihr Überleben als Regierungspartei geht, mit harter Rhetorik gegenüber Euro-Krisenländern zu punkten. Mit der Art, wie er das tut, geht Dobrindt inzwischen aber auch vielen Parteifreunden zu weit. Die Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, mahnte: "Ob Griechenland in der Eurozone bleibt oder nicht, ist keine Frage, die zum jetzigen Zeitpunkt oder aus einem Bauchgefühl heraus entschieden werden kann." Deutlicher noch wurde Hasselfeldts Stellvertreter Max Straubinger. Von ihm stammt das Wort vom provinziellen Gemeckere, versehen mit dem Zusatz: "Es ist ein Stück aus Absurdistan, zu glauben, dass Griechenland mit der Drachme schneller auf die Füße kommt." Mit einer abgewerteten Währung könne sich das Land keine Einfuhren mehr leisten, auch nicht aus Deutschland.

Auch Liberale gehen auf Distanz

Die bayerische Landesvorsitzende der FDP, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, verlangte am Montag ein Machtwort von CSU-Chef Horst Seehofer. Er solle seinen Generalsekretär Dobrindt in die Schranken weisen und sich eindeutig zum Europakurs der schwarz-gelben Koalition in Berlin bekennen, forderte die Liberale. "Herr Seehofer muss klarstellen, dass die CSU nicht gegen Europa Wahlkampf führen wird. Europa ist viel zu wertvoll, als dass es durch populistisches Gequatsche gefährdet werden darf."

Seehofer hat sich schon seit einiger Zeit nicht mehr zum Thema Eurokrise geäußert. Es ist alte Praxis in der CSU, dass sich der Parteivorsitzende zurückhält und den Generalsekretär als "Wadenbeißer" - darunter versteht man in Bayern einen bissigen kleinen Hund - vorschickt. Anders als sonst kommt jetzt aber keine Unterstützung hinterher. Selbst vom bayerischen Finanzminister Markus Söder, der Anfang August noch an den Griechen "ein Exempel statuieren" wollte, ist nichts mehr zu hören.

Rösler, Seehofer und Merkel unterhalten sich stehend. Foto: Berthold Stadler/dapd
Philipp Rösler (FDP) zeigt sich mit Angela Merkel (CDU) einig, Horst Seehofer (CSU, Bildmitte) hält sich im HintergrundBild: dapd

Mit Leutheusser-Schnarrenberger ist auch die bayerische FDP, die eine Koalition mit der CSU bildet, klar auf Distanz gegangen. Ursprünglich hatte der liberale bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil seinen Kabinettskollegen Söder in der Sache, wenn auch nicht im Ton, unterstützt. Auf Bundesebene hat sich FDP-Chef Philipp Rösler der Merkel-Linie, dass Griechenland in der Eurozone bleiben sollte, angeschlossen. Zwar hat Rösler nie das Gegenteil gefordert, aber doch vor einigen Wochen mit der Aussage Furore gemacht, ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro habe "seinen Schrecken verloren".