"Klares Signal" für Klimaschutz im Verkehr
29. Juni 2022Die für Umwelt zuständigen Ministerinnen und Minister der EU-Staaten haben sich nach gut 16-stündigen Verhandlungen in Luxemburg darauf verständigt, die sogenannten Flottengrenzwerte für Autos und leichte Nutzfahrzeuge bis 2035 auf null zu senken. Diese Grenzwerte sind Vorgaben für die Hersteller, wie viel CO2 ihre Autos und Transporter im Betrieb ausstoßen dürfen. Damit könnten dann keine herkömmlich betriebenen Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden.
Europa habe "die Weichen für mehr Klimaschutz im Verkehr gestellt", erklärte die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke. "Wir setzen damit das klare Signal, dass wir die Klimaziele erreichen müssen. Sie geben der Autoindustrie die Planungssicherheit, die sie braucht", betonte die Grünen-Politikerin.
FDP für E-Fuels
Die Bundesregierung hatte erst während der laufenden Verhandlungen einen internen Kompromiss gefunden. Die liberale FDP pochte darauf, dass Technologien wie E-Fuels als Teil des Klimapakets nicht ausgeschlossen werden dürften. Lemke schlug daher in Luxemburg vor, die EU-Kommission solle einen Vorschlag "für die Zulassung von Fahrzeugen nach 2035 vorlegen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden".
E-Fuels werden unter Einsatz von Strom meist aus Wasser und CO2 produziert. Ob die Herstellung umweltfreundlich ist, hängt davon ab, woher der Strom stammt und mit welchem Aufwand die Treibstoffe zur Verfügung gestellt werden könnten. Das Europaparlament, das sich bereits Anfang Juni auf ein Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035 geeinigt hatte, ist allerdings gegen eine größere Bedeutung synthetischer Kraftstoffe.
Viel Tadel, wenig Lob
Der CSU-Landesgruppenchef und ehemalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat die Entscheidung der EU-Staaten zum Verbrenner-Aus als einen "fatalen Fehler" bezeichnet. Dieser hänge maßgeblich mit dem "desolaten Auftritt" der Ampel-Regierung zusammen, sagte Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur. Statt dem Verbrenner mit CO2-freien synthetischen Kraftstoffen eine klare Perspektive zu geben, habe die Bundesregierung viel zu lange keine abgestimmte Position gehabt.
Auch Umweltverbände haben die Entscheidung zum Verbrenner bemängelt. Kritisiert wurde vor allem, dass Verbrenner-Autos nach 2035 eine Zukunft mit E-Fuels habe sollen. "E-Fuels sind eine Scheinlösung, sie sind ineffizient, nicht automatisch klimaneutral und werden auf absehbare Zeit teuer sowie begrenzt verfügbar bleiben", sagte Antje von Broock, Geschäftsführerin der Umweltschutzorganisation BUND. "Wir hätten uns ein noch klareres Bekenntnis zum batterieelektrischen Antrieb gewünscht."
Der deutsche Taxi- und Mietwagenverband (TMV) hat die Beschlüsse der EU-Umweltministerkonferenz zum Verbrenner dagegen als "sinnvoll" gelobt. Der Verband begrüße es, "dass die EU-Kommission einen Vorschlag für die Zulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren nach 2035 vorlegen soll, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden", hieß es am Mittwochmorgen nach der nächtlichen Einigung. Das liege auf der "Grundlinie" des Verbands.
Klimapaket geht ins Parlament
Neben den Klimavorgaben für neue Autos einigten sich die 27 EU-Länder auch auf einen Klimasozialfonds in Höhe von 59 Milliarden Euro und eine Reform des Emissionshandels. "Das ist das größte Klimaschutzpaket, das seit 15 Jahren in Europa geschmiedet wurde", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Nach der Einigung der Ministerinnen und Minister können nun Verhandlungen mit dem Europaparlament beginnen, um das Klimapaket final auszuformulieren. Änderungen sind somit noch möglich.
wa/fw (afp, rtr, dpa)