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Kinder und Philosophen

Matthias von Hein 1. Oktober 2002

Auch für Verlage ist China ein attraktiver Markt. Deutsche Literatur spielt im Reich der Mitte bisher aber eine eher untergeordnete Rolle. Das deutsche Buchinformationszentrum in Peking bemüht sich um Vermittlung.

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Andrang in einem Buchladen in PekingBild: AP

China ist ein Land mit alter Lesekultur und auch ausländische Bücher haben dort durchaus ihren Platz. Das lässt sich zum Beispiel an dem Erfolg von Harry Potter ablesen. Schließlich ist in China das einzige Land der Welt, wo der von den Fans heiß erwartete fünfte Band der Reihe bereits auf dem Markt ist - wenn auch mit dem Schönheitsfehler, nicht von der englischen Autorin verfasst zu sein, sondern von einem namenlosen Fälscher. Daran lässt sich immerhin ableiten, dass internationale Belletristik problemlos ihren Weg nach China findet. Damit auch deutsche Bücher abseits des Massengeschmacks in China gelesen werden gibt es seit 1998 in Peking das deutsche Buchinformationszentrum Peking.

"Nicht die Rolle, die wir uns wünschen"

Auf dem Gelände der 1. Fremdsprachenuniversität in Peking ist es untergebracht. Sinnigerweise in den Räumen des nach dem größten deutschen Dichter benannten Goethe-Instituts. Das Buchinformationszentrum ist eine gemeinsame Gründung des Goethe-Instituts und der Frankfurter Buchmesse. Von Anfang an, seit vier Jahren, arbeitet hier Claudia Kaiser an der Vermittlung deutscher Literatur nach China. Die Rolle deutscher Literatur in China beurteilt sie eher nüchtern: "Insgesamt spielt deutsche Literatur keine so bedeutende Rolle, wie wir uns das wünschen."

Habermas auf Chinesisch

Allerdings wird China für die deutschen Verlage zu einem immer wichtigeren Markt, was Claudia Kaiser mit eindrucksvollen Zahlen belegt: Chinesisch ist zu der Sprache geworden, in die die deutschen Verlage die meisten ihrer Lizenzen verkaufen. Im Jahr 2000 waren es rund 380. Und das sind hauptsächlich Kinderbücher, sowie sozialwissenschaftliche und philosophische Abhandlungen. Die deutschen Gegenwartsphilosophen wie Habermas, Ulrich Beck oder Klaus Luhmann sind fast komplett auf chinesisch zu lesen.

Beim Thema Lizenzen und geistiges Eigentum hat der chinesischsprachige Raum keinen allzu guten Ruf. Sowohl in Taiwan als auch in Hongkong wie auch in der Volksrepublik wird häufig ohne Lizenz übersetzt und gedruckt. Allerdings sind von Raubkopien meist nur internationale Bestseller betroffen, wie etwa die Harry Potter Reihe. Deutsche Literatur hat in China bislang kaum unter Raubdrucken zu leiden: Mit den Deutschen lässt sich einfach nicht das große Geld machen. Die Startauflagen liegen meistens zwischen 3000 und 5000. Gelegentlich wird nachgedruckt, so dass am Ende Auflagen von 10 oder 20.000 Exemplaren in die Buchhandlungen kommen.

380 zu 18

Zu den Tätigkeiten des Buchinformationszentrums gehört neben der Vermittlung von Lizenzen auch die Weiterbildung chinesischer Verlagsmitarbeiter. Dazu werden gemeinsam mit der für das chinesische Verlagswesen zuständigen Behörde Fortbildungen für chinesische Verlagsmitarbeiter und Buchhändler organisiert. Der erste dieser dreitägigen Kurse fand im Jahr 2000 statt. Themen sind zum Beispiel Marketing oder modernes Verlagsmanagement. Im letzten Jahr wurden chinesische Kursteilnehmer sogar nach Deutschland eingeladen. Was zu der Frage führt, wie umgekehrt chinesische Literatur in Deutschland ankommt. Und da sieht es bislang nicht besonders gut aus: Den rund 380 Lizenzen, die deutsche Verlage nach China verkauften, standen im Jahr 2000 gerade einmal 18 Lizenzen gegenüber, die von China nach Deutschland gingen.

Aber das soll nicht so bleiben, weiß Claudia Kaiser: "China bemüht sich jetzt sehr darum, den Anschluss an das internationale Verlagsgeschäft zu bekommen." Und in Deutschland gibt es ja immerhin die Frankfurter Buchmesse - die wichtigste und größte der Welt. Auch in diesem Jahr wird in Frankfurt der chinesische Stand wieder größer sein als im Vorjahr. "Man will jetzt auch versuchen, Lizenzen an deutsche Verlage umsonst zu vergeben, um sich einen bessern Namen zu machen", so Kaiser. Zudem zeige die Eröffnung eines chinesisches Kulturinstitut in Berlin vor allem eines: "Da ist ein großes Bedürfnis."