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Keine Neuwahlen in Portugal

Ina Rottscheidt10. Juli 2004

Entscheidung im portugiesischen Machtkampf: Nach dem Wechsel von Regierungschef Barrosos nach Brüssel soll nun Santana Lopes seine Nachfolge antreten. Die Opposition hatte Neuwahlen gefordert.

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Neu und umstritten: Sozialdemokrat Santana LopesBild: AP

Der Machtkampf in Portugal scheint entschieden: Nachdem der portugiesische Ministerpräsidenten José Durão Barroso am vergangenen Dienstag (29.6.) auf einem Sondergipfel in Brüssel als Nachfolger von Kommissionspräsident Romano Prodi nominiert worden war, wurde zuletzt der Ruf der oppositionellen Sozialisten nach Neuwahlen immer lauter. Sein Vize Pedro Santana Lopes, Bürgermeister von Lissabon und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei (PSD), reklamierte das Regierungsamt in Portugal für sich - letztlich erfolgreich. Staatspräsident Jorge Sampaio erklärte am Freitagabend (9.7.), die konservative Koalition solle die Legislaturperiode wie vorgesehen beenden. Er werde Santana Lopes mit der Regierungsbildung beauftragen.

Der Vorsitzende der oppositionellen Sozialisten, Eduardo Ferro Rodrigues, kündigte daraufhin am Freitagabend an, nun aus Protest sein Amt niederzulegen. Er respektiere die Entscheidung des Präsidenten, könne sie jedoch nicht akzeptieren.

Wahlen ohne Erfolgsgarantie

Den Sozialdemokraten wären Neuwahlen ungelegen gekommen, denn eine erneute Mehrheit scheint angesichts der Schlappe bei den EU-Wahlen keineswegs wahrscheinlich: Gemeinsam mit der rechtkonservativen Volkspartei hatten sie nur 33 Prozent der Stimmen erlangt, die Sozialisten gewannen mit 44 Prozent. Das Ergebnis schien die Quittung für die tief greifenden Probleme Portugals zu sein, über die auch die Fußball-Euphorie während der EM nur kurzfristig hinweg täuschen konnte: Seit vier Jahren beutelt eine schwere Wirtschaftskrise das Land, Finanzskandale und Vetternwirtschaft zwingen Politiker fast im Monatstakt zum Rücktritt.

Die Portugiesen haben Barrosos Sparkurs und die Steuererhöhungen satt und auch das tête-à-tête mit US-Präsident Bush im Irak-Krieg nahmen ihm viele übel. Zwar sei man stolz, dass gerade so ein kleines Land den EU-Kommissionspräsidenten stellen dürfe, doch immer wieder wird Barroso auch vorgeworfen, dass der Kapitän das sinkende Schiff verlasse.

Interne Zankereien

Die nächste Zeit wird zeigen, ob die Sozialdemokraten nun ihre internen Scharmützel beenden können: Santana Lopes ist auch in den eigenen Reihen umstritten, hat den Ruf eines europakritischen Populisten und wenige trauen ihm zu, dass er das Land aus der Krise führen könnte. "Santana Lopes ist seit fast drei Jahren Oberbürgermeister von Lissabon, doch was er gemacht hat, waren lediglich 'Fassademaßnahmen': die wirklichen Probleme, wie zum Beispiel die Erneuerung der Stadt, hat er nie richtig angegangen", erklärt Francisco Assumção von der portugiesischen Nachrichtenagentur LUSA, doch er muss auch zugeben: "Lopes ist charismatisch."

Im Falle seines Antritts Lopes hatten bereits zahlreiche Minister ihren Rücktritt angekündigt. So etwa Finanzministerin Manuela Feireira Leite, die als "Eiserne Lady" für eine maßgebliche Konsolidierung des Haushalts gesorgt hatte oder die Außenministerin Teresa Gouveia.