1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Keine Neuwahlen

30. Januar 2008

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano hat sich gegen Neuwahlen zur Lösung der Regierungskrise entschieden und ein Mandat für die Suche nach einer neuen Regierung erteilt.

https://p.dw.com/p/Czyp
Franco Marini (rechts) tritt mit Napolitano vor die Presse, Quelle: AP
Franco Marini (rechts) tritt mit Napolitano vor die PresseBild: AP

Nach mehrtägigen Konsultationen beauftragte Staatspräsident Giorgio Napolitano am Mittwoch (30.1.2008) Senatspräsident Franco Marini damit, im Parlament die Chancen für eine Übergangsregierung auszuloten, die eine Reform des Wahlrechts bewerkstelligen soll.

Dies sei keine Verzögerungstaktik, sagte Napolitano. Das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, wie von der Opposition gefordert, wäre jedoch eine "schwerwiegende Entscheidung" gewesen.

Ein Gleichgesinnter

Marini erklärte, er wisse um die Schwere der vor ihm liegenden Aufgabe und wolle rasch die Sondierungen beginnen. Marini war neben Zentralbankchef Mario Draghi und dem ehemaligen EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti schon seit Tagen als Kandidat für die Bildung einer Übergangsregierung gehandelt worden.

Mit Marini betraute der Staatschef einen Gleichgesinnten mit dem Reform-Auftrag. "Können wir es zulassen, dass noch einmal eine instabile Mehrheit aus Wahlen hervorgeht?", hatte sich Marini jüngst mit Blick auf das bunt gemischte und letztlich auseinandergefallen Parteienbündnis von Romano Prodi öffentlich gefragt.

Der 74-jährige ehemalige Gewerkschafter Marini wurde Ende April 2006 zum Senatspräsidenten gewählt. Der frühere Arbeitsminister und passionierte Pfeifenraucher gehörte zuletzt der linkskatholischen Margarita an, die zusammen mit den Linksdemokraten im Herbst in der Demokratischen Partei aufging.

Berlusconi dagegen

Prodi und Berlusconi, Quelle: AP
Was wird mit Prodi und Berlusconi?Bild: AP

Berlusconi sagte mit Blick auf die angestrebte Wahlrechtsreform, es gebe keinen Bedarf an Änderungen. "Für einen Dialog über eine solche Reform gibt es keinen Raum", zitierte die Nachrichtenagentur ANSA den Ex-Regierungschef. Das konservative Lager um Berlusconi fordert stattdessen Neuwahlen.

Italiens derzeit gültiges Wahlrecht war vom Berlusconi-Lager im Dezember 2005 beschlossen, um dem Mitte-links-Block das Leben schwer zu machen.

Nach dem Rücktritt der Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Romano Prodi, die im Senat keine Mehrheit mehr hatte, konsultierte Napolitano seit dem vergangenen Samstag die Parteien. Eine Übergangsregierung soll das Land mit seinem zersplitterten Parteiengefüge vor Wahlen durch eine Wahlrechtsreform zunächst regierbarer machen. Die Legislaturperiode endet 2011.

Erneute Abstimmung

Eine neue Regierung muss sich dem Vertrauensvotum im Parlament stellen. Sollte sie bei der Abstimmung keine Mehrheit finden, könnte sie das Land an die Wahlurnen führen. Die Überlebenschancen einer solchen neuen Regierung im Parlament werden fast durchweg als gering angesehen. Beide Lager haben bereits den Wahlkampf begonnen, wobei Berlusconi auf vorgezogene Wahlen im April setzte.

Nach neuesten Umfragen könnte die Mitte-Rechts-Opposition mit einer klaren Mehrheit bei den Wahlen rechnen, Veltronis neue Sammelpartei der linken Mitte je nach Bündnisstrategie im Wahlkampf auf 28 bis 36 Prozent der Stimmen hoffen. (sams)