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Keine "Desperados" zur Piratenabwehr

Mathias Bölinger18. Juli 2012

Die Piratenangriffe vor Somalia sind deutlich zurückgegangen. Ein Grund ist, dass öfter private Sicherheitskräfte die Schiffe begleiten. Nun will die Bundesregierung deren Zulassung regeln.

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Bild: Anonymous/AP/dapd

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, der festlegt, welche Auflagen Sicherheitsunternehmen auf deutschen Schiffen erfüllen sollen. "Wir wollen zuverlässige, gut ausgebildete Sicherheitsmannschaften haben, keine Desperados und Söldner", sagt Hans-Joachim Otto, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Ab Mitte 2013 sollen nur noch zugelassene Unternehmen auf deutschen Schiffen Sicherheitsdienste übernehmen dürfen.

Vor allem ausländische Unternehmen

Anders als Sicherheitsunternehmen auf dem Festland – etwa der Begleitschutz für Geldtransporte – wird es aber keine Überprüfung oder Schulung der einzelnen Mitarbeiter des Unternehmens geben. Das Unternehmen müsse anhand von "hieb- und stichfesten Dokumenten" beweisen, dass es die Standards erfülle, erläutert Otto. "Wir betreten hier Neuland. Wir haben meist ausländische Firmen, die in internationalen Gewässern operieren." Vor allem britische und amerikanische Firmen könnten nach Einschätzung der Bundesregierung Anträge auf Zulassung stellen.

Piraten vor Somalia (Bild: U.S. Navy/ Getty Images)
Somalische Piraten greifen meist mit Schnellbooten anBild: Getty Images

Zuständig für das gesamte Verfahren wird das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sein, das dann die Bundespolizei hinzuzieht. Die Zulassung soll die Sicherheitsfirmen zwischen 8000 und 16.000 Euro kosten und soll für zwei Jahre gelten. Die Waffen für die privaten Schiffssschützer müssen gesondert zugelassen werden. Das Gesetz sieht vor, dass keine schweren Kriegswaffen eingesetzt werden dürfen, halbautomatische Waffen könnten dagegen genehmigt werden.

Überprüft werden soll die Einhaltung der Sicherheitsstandards währen des Einsatzes anhand einer schriftlichen Dokumentation durch die Unternehmen. Kontrollen auf den Schiffen sind nicht geplant. "Wir sind nicht in der Lage, jedem Schiff einen Aufseher vom Ordnungsamt mitzuschicken", sagt Staatssekretär Otto, der auch Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft ist.

Rückgang vor Somalia

Laut Wirtschaftsministerium musste im vergangenen Jahr Rund die Hälfte aller deutschen Handelsschiffe die Route durch besonders gefährliche Seegebiet vor Somalia nehmen. Dort ist in diesem Jahr die Bedrohung durch Piraten deutlich zurückgegangen. Hatte es im ersten Halbjahr 2011 noch 163 Angriffe gegeben, waren es 2012 nur noch 69. Allerdings nehmen gleichzeitig vor Westafrika die Piratenngriffe zu.

Ein Grund für den Rückgang vor Somalia ist laut Hans-Joachim Otto, dass sich die Besatzungen stärker als früher an Sicherheitsregeln halten. Dazu gehört beispielsweise, dass die Schiffe bestimmten Routen folgen, ihre Wachposten auf der Brücke verstärken und mit maximaler Geschwindigkeit durch Risikogebiete fahren. Auch der Militäreinsatz Atalanta zeige Erfolge, mit dem die EU gegen Piraten vorgeht. Schließlich sei der dritte entscheidende Faktor, dass immer mehr Schiffe bewaffnete Sicherheitsdienste anheuern. "Es hat in der Geschichte noch nie eine erfolgreiche Kaperung von Schiffen gegeben, bei denen ein privates Sicherheitsunternehmen an Bord war", so der Wirtschaftsstaatssekretär.

Deutsche Marine-Soldaten auf der Fregatte "Karlsruhe" vor Dschibuti (Bild: dpa)
Auch die Bundeswehr beteiligt sich an der Atalanta-MissionBild: picture-alliance/dpa

Reeder begrüßen Gesetz

Auch deutsche Schiffe werden bereits von bewaffneten Sicherheitskräften begleitet. Deren Einsatz ist bisher aber nicht geregelt. Mit dem Gesetz setzt die Bundesregierung nun die Leitlinien der internationalen Schifffahrtsorganisation um, die von den Staaten entsprechende Gesetze fordert. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) begrüßte die Entscheidung. "Unsere Reeder brauchen klare Bedingungen, um die Seeleute effektiv vor der weiter andauernden Bedrohung durch Piraterie schützen zu können", sagte Verbandspräsident Michael Behrendt.

Deutsche Reedereien verfügen über die drittgrößte Handelsflotte der Welt. Allerdings fährt nur ein kleiner Teil davon auch unter deutscher Flagge. Auf 492 Schiffen flattert derzeit die schwarz-rot-goldene Fahne. Sie gelten als deutsches Hoheitsgebiet, Straftaten beispielsweise werden von deutschen Gerichten verfolgt. 3161 Schiffe deutscher Reedereien fahren dagegen unter fremden Hoheitszeichen. Reeder, Gewerkschaften und Bundesregierung haben sich das Ziel gesetzt, insgesamt 600 Schiffe unter die deutsche Flagge zu bringen, bisher aber mit wenig Erfolg.