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Keine Ausnahmen mehr bei Iran-Sanktionen

Mischa Ehrhardt
2. Mai 2019

Die wirtschaftlichen Sanktionen der USA gegen den Iran gelten nun vollständig. Das wird vor allem die iranische Bevölkerung spüren. Auch die Ölpreise könnten weiter steigen. Europäer setzen auf den Tauschhandel.

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Iran Raffinerie
Bild: Tasnim

Der Druck auf den Iran nimmt zu. Denn die von den USA verhängten Sanktionen gelten von diesem Donnerstag an vollständig. Wer nun noch mit dem Iran handelt, muss mit Sanktionen der USA rechnen und darf praktisch keine Geschäfte mehr mit US-Firmen machen.

Hintergrund ist das internationale Atomabkommen mit dem den Iran. Das Abkommen wurde 2015 mit Russland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, China und den USA vereinbart. Es sollte verhindern, dass der Iran eine Atombombe bauen kann. Im Mai 2018 allerdings haben die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump einseitig das Abkommen aufgekündigt - und in der Folge Wirtschaftssanktionen wieder eingeführt. Denn die USA und ihre Verbündeten im Nahen Osten, Saudi Arabien und Israel, halten die Regierung in Teheran für Förderer des internationalen Terrorismus.

In erster Linie zielen die Sanktionen auf die iranische Ölindustrie ab. Erdöl ist die größte und wichtigste Einnahmequelle des Landes. Während einer Übergangszeit im letzten halben Jahr durften Länder wie China, Indien und die Türkei weiterhin ungestraft Öl aus dem Iran beziehen. Diese Übergangsfrist ist nun vorbei.

Ölpreis zieht kräftig an

Manche Experten sehen das Versiegen des Ölflusses aus dem Iran als einen der Preistreiber des Ölpreises an. "Die Ölpreise haben ja schon ganz erheblich angezogen und können noch weiter ansteigen", sagt Martin Lück, Chefvolkswirt für den deutschsprachigen Raum beim Vermögensverwalter Blackrock. "Die Frage ist nun, wie schnell andere Anbieter wie Saudi Arabien oder Russland in die Bresche springen können."

Seit Jahresbeginn ist der Preis für Rohöl an den Weltmärkten von rund 50 auf gut 70 Dollar angestiegen. Der Iran ist eines der größten Ölförderländer der Erde; unter seinem Boden schlummern die weltweit zweitgrößten Vorkommen an fossilen Energieträgern, also Erdöl und Erdgas.

Die Sanktionen treffen aber vor allem den Iran hart; das Land befindet sich in einer schweren Rezession. Für das laufende Jahr rechnen Ökonomen mit einem Schrumpfen der iranischen Wirtschaft um bis zu fünf Prozent. Deswegen hat die Regierung in Teheran nun das Benzin rationiert: Nur noch 60 Liter pro Monat dürfen Verbraucher zum bisherigen Preis von umgerechnet 0,22 Euro/Liter beziehen, jeder weitere Liter kostet mehr als das Doppelte. Die Preise sind für europäische Verhältnisse zwar auch dann noch sehr niedrig - allerdings nicht für Iranerinnen und Iraner. Denn die verdienen im Durchschnitt umgerechnet nur rund 300 Euro pro Monat. Die im Land sehr umstrittene Rationierung hat landesweit zu heftigen Protesten geführt.

Die iranische Bevölkerung leidet

"Das Schlimme ist, dass die Rezession die Bevölkerung sehr stark trifft, weil gleichermaßen die Preise hochgehen", sagt Martin Lück. "Jeder Haushalt muss für das, was er täglich einkauft, mehr bezahlen. Das setzt hauptsächlich die Bevölkerung unter Druck - und im Anschluss daran eben auch die Politik." Der Internationale Währungsfonds (IWF) befürchtet, dass durch die Sanktionen die Teuerungsrate im Iran in diesem Jahr auf bis zu 40 Prozent steigen könnte.

Ob alle Länder sich vollständig an das Handelsembargo gegen den Iran halten werden, steht noch nicht fest. "Unsere Kooperation mit dem Iran ist offen, transparent, rechtmäßig und legitim und sollte deswegen respektiert werden", sagte etwa ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Experten erwarten, dass China zwar seine Ölimporte aus dem Iran reduzieren, doch nicht ganz einstellen wird.  China ist extrem von Öl aus anderen Ländern abhängig: Rund 80 Prozent seines Ölbedarfs deckt das Land durch die Einfuhr aus Ländern wie dem Iran. Umgekehrt ist China der wichtigste Ölabnehmer für das Land. Im vergangenen Jahr flossen aus dem Iran 29 Millionen Tonnen Erdöl nach China - das entspricht sechs Prozent des gesamten chinesischen Ölbedarfs.

Renaissance des Tauschhandels

Allerdings dürfte es für die meisten Länder eine simple Abwägung sein, abhängig von der Frage, ob der Iran oder die USA der wichtigere Handelspartner sind. In den meisten Fällen wird sich die Waagschale in Richtung der USA neigen.

In Europa schließlich haben Großbritannien, Frankreich und Deutschland eine Zweckgesellschaft für den Handel mit dem Iran gegründet. Die Gesellschaft mit Sitz in Paris soll US-Dollar-Zahlungen zwischen den Ländern und dem Iran hinfällig machen - und so letztlich die Sanktionen unterlaufen. Einfach gesprochen handelt es sich um eine Art Tauschbörse: Waren gegen Öl. Allerdings wird der Iran langsam ungeduldig, weil sie praktisch noch nicht in Betrieb gegangen ist. Auch hier dürften Abwägungen seitens der Europäer eine Rolle spielen. Denn die loten derzeit gemeinsam mit den USA mögliche Lösungen im Handelskonflikt aus.

So droht das mühsam erarbeitete Atomabkommen mit dem Iran sich aufzulösen. In Teheran sagte der iranische Vize-Außenminister Abbas Araghchi, man habe der Diplomatie genügend Zeit gegeben. Die jüngsten Öl-Sanktionen der USA und die Machtlosigkeit der anderen Vertragspartner, etwas dagegen zu unternehmen, hätten zu Hoffnungslosigkeit in seinem Land geführt. "Das Atomabkommen bewegt sich daher rapide Richtung Endpunkt", sagte Araghchi.