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Kein großer Wurf – Obamas Rede zur Ölpest im Oval Office

16. Juni 2010

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ist noch dramatischer, als bisher angenommen. In einer Ansprache aus dem Oval Office wandte sich US-Präsident Barack Obama an die Nation. Christina Bergmann kommentiert.

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Bild: DW

Wenn ein US-Präsident aus dem Oval Office spricht, dann geht es um etwas besonderes. Richard Nixon hat dort seinen Rücktritt erklärt, Ronald Reagan der Nation nach der Explosion der Raumfähre Challenger Trost zugesprochen und George W. Bush den Beginn der Kriege in Afghanistan und Irak verkündet. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hat ohne Zweifel eine ähnliche fundamentale Bedeutung für die USA. Doch wenn die Rede des Präsidenten einen Aufbruch in eine neue Ära der Energiepolitik signalisieren sollte, dann hat sie diesen Zweck verfehlt.

Denn Neues hat Barack Obama in seiner Rede nicht verkündet. Sein Rechtfertigungsversuch, die Regierung habe von Anfang an alles getan, um die Ölpest einzudämmen, klingt wenig glaubwürdig angesichts der Tatsache, dass am Golf noch immer viele Gemeinden auf Hilfe warten. In einem seitenlangen Artikel beschrieb die New York Times am Tag der Rede die Zustände bei der Bekämpfung der Ölpest als "chaotisch".

Auch den Ton gegenüber BP hat Obama nur unwesentlich verschärft. In seiner Rede warf er dem Ölkonzern "Rücksichtslosigkeit" vor. Angesichts der haarsträubenden Berichte über die Vorgänge auf der Ölplattform vor der Explosion wagt sich der Präsident mit dieser Aussage allerdings nicht besonders weit aus dem Fenster.

Obama bleibt vage

Christina Bergmann (Foto: DW)
Christina Bergmann

Auch die Einrichtung eines unabhängig verwalteten Treuhandkontos, aus dem die Betroffenen entschädigt werden sollen, ist keine neue Forderung. Und im Weißen Haus wollte am Dienstag noch niemand die Frage beantworten, wer den unabhängigen Verwalter dieses Fonds bestimmen soll. Das muss erst in dem Gespräch mit den Chefs von BP geklärt werden, das am Mittwoch stattfindet, hieß es. Es gilt also weiterhin: Die US-Regierung ist bei dem Kampf gegen die Ölpest auf die Mitarbeit des Verursachers angewiesen.

Dass der Präsident in seiner Rede die Notwendigkeit einer neuen Energiepolitik betonte, ist richtig, selbst wenn es viele Politiker der republikanischen aber auch der demokratischen Partei erzürnen wird. Die Ölkatastrophe ist der sichtbare Beweis einer verfehlten Energie- und Umweltpolitik.

Doch wenn Obama sich brüstet, dass unter seiner Regierung saubere Energien einen Boom erleben, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Die Windindustrie beispielsweise verzeichnet in den USA nach einem beispiellosen Wachstumsjahr 2009 derzeit eine Flaute. Das liegt zum einen daran, dass Banken nach der globalen Wirtschaftskrise vorsichtiger mit der Kreditvergabe sind. Zum anderen aber fehlt das eindeutige politische Bekenntnis, diese Industrie zu subventionieren. Die derzeitigen Steuervorteile sind nur bis Ende 2012 gesichert. Zu kurzfristig, um weitere Investoren zu locken.

Erneuerbare Energien - aber wie?

Auch das Fehlen eines nationalen Standards für den Anteil erneuerbarer Energien macht sich negativ bemerkbar. Dabei haben einzelne Bundesstaaten vorgemacht, welchen Schub mutige Entscheidungen für alternative Energien bedeuten können. Der Präsident müsste hier Führungsstärke zeigen und einen eigenen Plan vorlegen. Denn das entsprechende Energie-Gesetz, das im Repräsentantenhaus schon verabschiedet wurde, hängt im Senat fest.

Barack Obama aber macht den gleichen Fehler wie in der Gesundheitspolitik. Er bleibt vage und will sich zunächst von beiden Parteien Vorschläge anhören. Dabei sollte er nach den Erfahrungen mit der Gesundheitsreform wissen, dass ihn der Ruf nach Überparteilichkeit und endlose Diskussion nicht weiter bringt. Es ist Zeit zu handeln. Die Rede im Oval Office war aber nicht der dringend benötigte Quantensprung in der US-Energiepolitik, sondern allenfalls ein kleiner Schritt in einem quälend langsamen Prozess.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Annamaria Sigrist