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Kasachstan: Rätselhafter Tod eines Oppositionellen

17. November 2005

In Almaty ist der bekannte kasachische Politiker Samanbek Nurkadilow mit Schussverletzungen tot aufgefunden worden. Die Opposition des Landes schließt einen politisch motivierten Mord nicht aus.

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Selbstmord mit eigener Waffe?Bild: AP

Samanbek Nurkadilow galt in Kasachstan als einflussreiche Person. Er war einst Administrationschef von Almaty, Abgeordneter und Leiter der Katastrophenschutz-Behörde des Landes. Im März 2004 kritisierte Nurkadilow überraschend scharf den Kurs der Staatsführung. Unter anderem erhob er Vorwürfe gegen das Regime von Präsident Nursultan Nasarbajew. Damals erklärte er: „Mit der scheinbaren Unabhängigkeit haben wir die Herrschaft eines Zaren, seiner Familie und seines korrupten Umfelds bekommen. Sie schützen heute nicht nur ihre Macht, sondern viel mehr ihre korrupten und verbrecherischen Absichten. Daran habe ich absolut keine Zweifel.“ Die Folge war, dass Nurkadilow vom Amt des Leiters der Katastrophenschutz-Behörde entlassen wurde. In letzter Zeit gehörte er dem Führungsgremium der oppositionellen Bewegung der demokratischen Kräfte Für ein gerechtes Kasachstan an.

Behörden lassen Fragen offen

Vorläufigen Angaben zufolge starb Nurkadilow durch Kopfschüsse. Nach Angaben von Serikkali Musin, dem Anwalt der Familie Nurkadilow, wurden drei Schussverletzungen festgestellt. Auf einem Briefing für Journalisten sagte der Leiter der Abteilung des Innenministeriums in der Stadt Almaty, Generalmajor Moldijar Orasalijew, neben Nurkadilows Leiche sei ein Revolver der Marke Kobalt sichergestellt worden, der dem Toten gehört habe. Viele Fragen der Journalisten wollte Orasalijew nicht beantworten. Er betonte nur, Nurkadilow habe sich in letzter Zeit aus der Politik zurückgezogen und habe sich daheim mit privaten Dingen beschäftigt.

Opposition fordert objektive Ermittlungen

Vertreter der Opposition meinen, Nurkadilow könnte aus politischen Motiven heraus ermordet worden sein. Die Oppositionelle Gulschan Ergalijewa sagte: „Der Wahlkampf läuft und wir wissen, dass Oppositionskandidaten von der Staatsmacht stark unter Druck gesetzt werden. Alle Oppositionsanhänger gehen heute ein Risiko ein. Es werden viele Anschläge verübt. Anhänger von Oppositionskandidaten werden verprügelt. Ständig kommt es zu Provokationen. Wenn man Nurkadilows Charakter und Standpunkte kennt, dann kann ich nicht ausschließen, dass es sich hier um einen politischen Mord handelt.“ Im Zusammenhang mit Nurkadilows Tod verbreitete das Präsidium der Bewegung Für ein gerechtes Kasachstan eine Mitteilung, in der die Rechtschutzorgane des Landes aufgefordert werden, Nurkadilows Todesumstände unter Einbeziehung unabhängiger Experten gründlich zu klären.

Nurkadilows Pläne

In Gesprächen mit der Deutschen Welle hatte Nurkadilow des öfteren berichtet, dass er sich nach der Entlassung vom Amt des Leiters der kasachischen Katastrophenschutz-Behörde mehrfach mit Vertretern der Staatsmacht getroffen habe. Während dieser Gespräche habe Nurkadilow den Wunsch geäußert, in die Strukturen der Staatsmacht zurückzukehren. Zugleich hatte er aber wiederholt erklärt, er verfüge über Informationen, die hochrangige kasachische Staatsdiener kompromittieren könnten. Nurkadilow soll ferner geplant haben, nach den Wahlen am 4. Dezember eine aufsehenerregende Erklärung zu verbreiten - gegen Präsident Nasarbajew.

Sarina Kosybajewa, Almaty

DW-RADIO/Russisch, 13.11.2005, Fokus Ost-Südost