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Kabaddi - Indiens alter Volkssport

Sandra Petersmann3. August 2016

Kabaddi ist eine uralte Sportart aus Südasien. Sie ist eine Mischung aus Angriff und Verteidigung und erlebt in Indien eine Rennaissance. Seit dieser Saison gibt es sogar eine Profiliga für Frauen.

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Bild: DW/S. Petersmann

Priyankas Blick ist aggressiv. Ein glatt planiertes Feld am Dorfrand ist ihre Kampfarena. "Sobald ich das Spielfeld betrete, sind meine Freunde Feinde", sagt sie ungerührt. Priyanka ist Anfang 20 und Kabaddi-Nationalspielerin.

Kabaddi, eine uralte Sportart aus Südasien, erlebt seit geraumer Zeit vor allem in Indien eine unglaubliche Rennaissance. Kabaddi ist eine für deutsche Augen unglaubliche Mischung aus Angriff und Verteidigung. Aus einfangen, weglaufen und ausweichen. Aus ringen und catchen. Mit einer ganz besonderen Regel: ist ein Kabaddi-Spieler im 30-Sekunden-Angriff, darf er nicht atmen. Statt dessen muss er die ganze Zeit das Wort Kabaddi für den Schiedsrichter hörbar vor sich hinsagen - ohne einmal Luft zu holen

"Ein magischer Sport"

"Priyankas Aggressivität ist konkurrenzlos in Indien", schwärmt ihr Coach Krishan Kumar, der sein Leben dem alten südasiatischen Volkssport verschrieben hat. "Kabaddi ist ein magischer Sport, der tief in unserer Kultur verankert ist", versichert Coach Kumar. "Du musst nicht reich sein. Du brauchst nur ein Stück Land und eine Unterhose."

Priyanka ist eine Kabaddi-Nationalspielerin
Priyanka ist eine Kabaddi-NationalspielerinBild: DW/S. Petersmann

Priyanka rückt in atmungsaktiver Shorts und im atmungsaktiven Trikot barfuß auf dem Acker vor, täuscht einen Angriff an und dreht sich blitzschnell um die eigene Achse. Die Verteidigung des Gegners verschiebt sich synchron, weil sie Priyankas Angriffen gemeinsam ausweichen muss. Die Abwehrkette muss Händchen halten.

"Ein Angriff dauert 30 Sekunden. Ich darf in diesen 30 Sekunden nicht atmen und muss ständig Kabaddi sagen. Um Luft zu sparen, klingt das dann wie Kabaj," erklärt Priyanka. Sobald der Schiedsrichter nichts mehr hören kann, pfeift er den Angriff ab. In ihren 30 atemlosen Kabaddi-Angriffssekunden stößt die 70 Kilogramm schwere Priyanka wie ein Pfeil in die gegnerische Verteidigungs-Kette, um mindestens eine Gegnerin zu berühren. Danach muss sie es blitzschnell zurück in die eigene Hälfte schaffen, ohne selber berührt zu werden. Nur dann gibt es Punkte.

Mischung aus Ringen, Catchen und Sprinten

Zurück in der eigenen Spielhälfte geht es sofort wieder in die eigene Abwehrkette. Priyanka wirft eine Gegnerin zu Boden. Die verzerrt das Gesicht. Verletzungen gehören dazu. Es geht hin und her. Kabaddi ist eine schnelle Mischung aus Team-Ringen, Team-Catchen und Solo-Sprinten.

"Priyanka ist eine Spitzensportlerin, ich kann sie hart anfassen und genauso trainieren wie einen Mann", erklärt ihr Coach Krishan Kumar. Kabaddi wurde früher nur von Männern gespielt. Doch die Zeiten ändern sich, auch im konservativen Indien. Die Frauen profitiert davon, dass reiche Großstadt-Inder den alten indischen Dorf-Volkssport wiederentdeckt haben und ihn international erfolgreich vermarkten, Fernsehverträge inklusive. Seit dieser Saison gibt es auch eine Profiliga für Frauen.

"Wenn ich auf dem Platz stehe, sind meine Gegner keine Jungen oder Mädchen, sondern Gegner", versichert Priyanka. Die indische Kabaddi-Heldin mit dem Bürstenhaarschnitt will noch ein paar Jahre weiterspielen und sich erst dann von ihrer Familie verheiraten lassen, so wie es in Indien bis heute üblich ist.