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Junge Kunst in Bonn

Christine Harjes4. Juni 2006

Videoinstallationen, Scherenschnitte, Fotografien: Im Rahmen der Guggenheim-Ausstellung in Bonn werden im Kunstmuseum Bonn Werke gezeigt, die ab 1990 entstanden sind. DW-WORLD.DE stellt die Künstler vor.

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Rachel Whiteread: Ohne Titel (Keller), 2001Bild: Solomon R. Guggenheim Foundation New York

Der 1974 geborene Kanadier David Altmejd ist der jüngste unter den neun Künstlern, die die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in den beim Kunstmuseum Bonn angemieteten Raum ausstellt. Altmejd schafft mit verschiedenen Materialen wie Knochen, Kristallen, Bergkristallen und gleißenden Spiegelflächen morbide skulpturale Kompositionen. Seine Werwolfköpfe wirken linkisch und gleichzeitig elegant. In seinen Installationen in Galerien stellt er diese halbmenschlichen Wesen häufig als verderbende Objekte dar. Seine Werwolf-Skulpturen im New Yorker Central Park präsentieren dem Betrachter ein innovatives Beispiel für zeitgenössische Skulpturen.

Der US-amerikanische Künstler Matthew Barney
Matthew BarneyBild: picture-alliance / dpa

Der US-amerikanische Künstler Matthew Barney hat die Sprache der Installationen radikal verändert. In seinen Werken mischen sich Videoaufnahmen mit Performances und Skulpturen. Der begeisterte Fußball-Spieler nimmt in seinen Werken häufig Bezug auf Sport-Themen und beschäftigt sich mit den Grenzen von Körperlichkeit und Sexualität. Sein bekanntestes Werk ist die Filmserie "The Cremaster". Barney hatte bereits 1994 mit dem fünfteiligen Zyklus begonnen. Der nach einer Muskelgruppe im männlichen Genitalbereich benannte Video- und Filmzyklus dreht sich um die Themen Selbstbeschränkung, Verwandlung und Fortpflanzung. Barney arbeitete von 1994 bis 2002 nahezu ausschließlich an diesem Werk. Laut dem Kunstmagazin "art" vermischen sich hier "antike Mythen mit medizinischen Kuriositäten, athletischen Höchstleistungen und sexuellen Obsessionen". Der Künstler gilt in der internationalen Kunstszene als Shooting-Star. Der 41-jährige Barney lebt mit der isländischen Sängerin und Schauspielerin Björk zusammen. Er wohnt und arbeitet in New York.



Anna Gaskell: Wonder 1
Anna Gaskell: 'Wonder 1'Bild: Kunstmuseum Bonn

Anna Gaskell wurde 1969 in Iowa geboren. Auf großflächigen Fotografien schafft sie eine Atmosphäre düsterer Vorahnungen. Ihre Motive sind häufig als frühreif dargestellte Mädchen, die Bezüge zu Kinderspielen, Literatur und Psychologie herstellen. Gaskell isoliert gern dramatische Momentaufnahmen aus größeren erzählerischen Zusammenhängen. So stellt sie beispielsweise Szenen aus Lewis Carrolls "Alice im Wunderland" in zwei Zyklen, nämlich "wonder" (1996 – 97) und "override" (1997) dar. Bei Gaskells "narrativer Fotografie" sind die Bilder genau geplant und inszeniert. Ihre Werke, zu denen auch Videoinstallationen gehören, zeigen eine lebendige, traumähnliche Welt. Wie Matthew Barney lebt und arbeitet auch Anna Gaskell in New York.

Künstler Douglas Gordon vor seiner "Namensliste"
Douglas Gordon vor seinem 1990 begonnenen Werk 'List of Names'Bild: picture-alliance / dpa

Bekannt wurde der 1966 geborene Schotte Douglas Gordon mit seinem provokanten Ausspruch "Das Kino ist tot". Gordon versucht, Bilder, Mythen und Projektionen des Kinos in seine Arbeiten zu übertragen. Der begeisterte Geschichtenerzähler Gordon verwendet in seinen Videoinstallationen meistens Originalfilme, die er durch Slow Motion, Zurückspulen, Überblendungen oder Wiederholungen verfremdet. Viele seiner Arbeiten beschäftigen sich mit Erinnerung. Einige seiner Werke beziehen sich auf Filme von Alfred Hitchcock. Sein Werk "24 Hour Psycho" von 1993 zeigt Hitchcocks Film "Psycho" so verlangsamt, dass er 24 Stunden dauert. Neben den Videoinstallationen arbeitet Gordon auch mit Fotografien. Ein weiteres bekanntes Werk des Künstlers besteht aus einer Namensliste, auf der er jede Person, die er jemals getroffen hat und an die er sich erinnern kann, aufgeschrieben hat. Eine Version dieser "List of Names" (seit 1990) hängt in der Scottish National Gallery of Modern Art.

Guggenheim-Ausstellung in Bonn
Roni Horn: 'PI'Bild: Solomon R. Guggenheim Foundation New York

Die New Yorkerin Roni Horn wurde 1955 geboren. Ihre erste Solo-Ausstellung hatte sie bereits mit 25 Jahren im Kunstraum München. Bevor sie mit der Fotografie begann, zeichnete sie, arbeitete anschließend als Bildhauerin und als Schriftstellerin. In den 1990er Jahren begann Horn mit einer fortlaufenden Serie von Kunstbüchern mit dem Titel "To Place". In diesen Büchern beschäftigt sich die Künstlerin mit ihrem Lieblingsthema: Island. Einige ihrer Fotografien verwendete Horn sowohl in ihren Büchern als auch in Installationen. Neben diesen Arbeiten schuf Horn in den 1990er Jahren auch eine Reihe von textlastigen Skulpturen, bei denen sie Zitate von Emily Dickinson, Wallace Stevens und anderen verwendet.

Inigo Manglano-Ovalle: ManglanoClimate
Iñigo Manglano-Ovalle: 'ManglanoClimate'Bild: Kunstmuseum Bonn

Iñigo Manglano-Ovalle wurde 1961 in Spanien geboren. Aufgewachsen ist er allerdings im Bogotá und in Chicago, wo er auch zurzeit lebt, lehrt und ein Studio unterhält. Manglano-Ovallo hat sich in seinen frühen Werken häufig mit gesellschaftlichen Themen beschäftigt, wobei er sich besonders für Migration und ethnischen Fragen interessierte. Während der letzten zehn Jahre arbeitete der Künstler an sehr breit gefächerten Werken: So befasste er sich mit öffentlicher Kunst, die vom Kunst-Aktivismus inspiriert war. Daneben schuf er Skulpturen, Filme, Geräusch-Kunst und Fotografien, die als Aussagen zu Themenbereichen wie Geschichte, Identität und Ästhetik großen Einfluss auf die zeitgenössische urbane Kunst haben.

Matthew Ritchie: The-Hierarchy-Por
Matthew Ritchie: 'The-Hierarchy-Por'Bild: Kunstmuseum Bonn

Matthew Ritchie lebt und arbeitet in New York. Er wurde 1964 in London geboren. Mit seinen Werken versucht Ritchie das gesamte Universum sowie Strukturen von Wissen und Glauben, die dem Verständnis der Welt dienen, darzustellen. Sein enzyklopädisches Projekt spielt auf die jüdisch-christliche Kultur, okkulte Praktiken, religiöseTraditionen und naturwissenschaftliche Prinzipien an. Ritchie betrachtet künstlerisches Schaffen als analog zur Schaffung des Universums. Mitte der 1990er Jahre kreierte er einen Code, der aus 49 verschiedenen Farben, Charakteren, natürlichen Elementen und Attributen besteht. Diese unendlich kombinierbaren Komponenten verwendet Ritchie seitdem für seine vielfältigen Installationen. Obwohl Ritchie häufig als Maler bezeichnet wird, ist seine Arbeit sehr vielfältig. So beschäftigt sich der Künstler neben Installationen mit Papierarbeiten, Drucken, freistehenden Skulpturen, Web-Seiten und Kurzgeschichten, die seinem breit gefächerten Werk eine erzählerische Struktur geben. Trotzdem: Seine Zeichnungen stellen einen zentralen Punkt seiner Arbeiten dar. Ritchie scannt die Zeichnungen in den Computer ein und bearbeitet sie so anschließend weiter.

Kara Walker: 2000.68
Kara Walker: '2000.68'

Die afro-amerikanische Künstlerin Kara Walker wurde 1969 in Kalifornien geboren. Walker nähert sich ihrem zentralen Thema, der Geschichte des US-amerikanischen Rassenkonflikts, mit einer sehr eigenwilligen künstlerischen Sprache: In Scherenschnitten, Siebdrucken und Wandprojektionen versucht sie, rassistische und sexistische Stereotypen aufzudecken. Die Künstlerin zeigt lebensgroße Silhouetten-Figuren, die die brutale und häufig verdrängte Geschichte der Sklaverei und der Rassen-Beziehungen erzählt. Walker macht sich für ihre Arbeiten typische Vorurteile zu Nutzen. So vereinfacht sie komplexe individuelle Persönlichkeiten zu leicht lesbaren, karikierenden Figuren. Walker leitet ihre Bildsprache von der visuellen Sprache der Südstaaten aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg ab. Sie bezieht sich außerdem auf die Tradition der Minstrel-Shows, in denen Weiße mit schwarz angemalten Gesichtern das Leben der Afro-Amerikaner parodierten.

Guggenheim-Ausstellung in Bonn Rachel Whiteread
Rachel Whiteread: Ohne Titel (Appartement)Bild: Solomon R. Guggenheim Foundation New York

Die 43-jährige Engländerin Rachel Whiteread lebt und arbeitet in London. Whiteread ist in erster Linie für ihre plastischen Arbeiten bekannt. Darüber hinaus fertigt sie aber auch Skulpturen, Installationen, Zeichnungen und arbeitet mit Medienmixen. In den frühen 1990er Jahren wurde sie international als Teil der stilistisch sehr vielfältigen Gruppe "Young British Artists" bekannt. Whitereads Arbeiten setzen sich hauptsächlich mit dem Verhältnis zwischen Raum und Gegenstand auseinander. Mit Gips, Wachs, Gummi und Polyesterharz nimmt sie Negativabdrücke von Gegenständen, um so deren Innenseite erkennbar zu machen. In einem Londoner Vorort ließ sie 1993 das letzte noch stehende Haus mit Zement ausgießen. Nachdem anschließend die Mauern des Hauses abgerissen worden waren, sorgte das Werk "Haus" für heftige Kontroversen. Whiteread selbst bezeichnete die Arbeit als "politische Geste".