Jean Baudrillard ist tot
6. März 2007Wie Vertraute Baudrillards mitteilten, starb er am Dienstag (6.3.) in Paris nach langer Krankheit. Jean Baudrillard hatte sich als Übersetzer von Bertolt Brecht und als Kritiker der Medien- und Konsumgesellschaft einen Namen gemacht. Für Baudrillard entwerfen die Medien Bilder, die mächtiger als die Wirklichkeit sind. Dies schränke die Freiheit ein und entferne die Symbole von der Wahrheit. Die hyperreale Welt der Verführung manipuliere den Verbraucher.
Zentrale Figur der Postmoderne
Der 1929 in der Champagner-Metropole Reims geborene Baudrillard verfasste rund 50 Bücher. Mehr als zwei Dutzend wurden ins Deutsche übersetzt. Als seine Hauptwerke gelten "Der symbolische Tausch und der Tod" und "Requiem für die Medien". Der einstige Marxist mokierte sich zunehmend auch über linke Utopien oder die Vorstellung, Intellektuelle könnten die Politik beeinflussen. Seine scharfen Aphorismen würden "mit der Zeit immer weniger verstanden", stellte er nüchtern fest; "doch das ist mein Problem". In Büchern setzte sich Baudrillard auch mit den USA auseinander. Nach einer US-Reise beschrieb er diese als "Originalversion der Modernität, von der wir die synchronisierte und mit Untertiteln versehenen Version sind".
Nihilist oder Moralist?
In seinen späten Jahren befasste sich Baudrillard unter anderem mit den Attentaten des 11. September 2001 in den USA oder mit dem Medien-Phänomen um die TV-Sendung Big Brother. Baudrillard wurde abwechselnd als Nihilist oder Moralist eingestuft; Kritiker wie Alan Sokal und Jean Bricmont warfen ihm vor, seine Werke seien in Wirklichkeit inhaltsleer.
Zuletzt war Baudrillard Professor für Medien und Kultur an der European Graduate School in Saas-Fee in der Schweiz, wo er alljährlich einen Sommerkurs abhielt.(sams)