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Japan testet Concorde-Nachfolger

Dennis Stute29. September 2005

Die japanische Raumfahrtagentur arbeitet an einem neuen Jet, der mit doppelter Schallgeschwindigkeit fliegen soll. Doch die Probleme, an denen die Concorde scheiterte, sind noch ungelöst.

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So soll der Überschall-Jet aussehenBild: JAXA
Überschallflugzeug von JAXA
Diese Drohne will die japanische Raumfahrtagentur JAXA auf ihre Aerodynamik testenBild: JAXA

Ein Überschallflugzeug für 300 Passagiere, das die Flugzeit zwischen Tokio und Los Angeles von acht auf vier Stunden verkürzt - so sieht die Vision der japanischen Weltraumagentur JAXA aus. Diesem Nachfolger der ausrangierten Concorde wollten die Ingenieure am Donnerstag (29.9.2005) mit einem Testflug im australischen Outback einen Schritt näher kommen, doch das 11,5 Meter lange und zwei Tonnen schwere Modell musste am Boden bleiben, weil die Technik nicht mitspielte. Nachdem bei Tests Ende November der Signalprozessor versagt hatte, zeigte nun das Messsystem Anomalien, so dass die Drohne frühestens in der ersten Oktoberwoche abheben kann.

Bruchlandung beim ersten Test

Concorde und Tyrannosaurus Rex
Die Concorde ist ein Museumsstück geworden; hier wird sie im März 2004 mit einem Kran auf dem Dach des Technikmuseums Sinsheim platziertBild: AP

Der erste Flug in der Nähe von Woomera in Südaustralien war vor drei Jahren mit einer Bruchlandung geendet - kurz nach dem Start löste sich das Modell von der Trägerrakete, zog eine spiralförmige Bahn, bevor es auf die Erde stürzte und dort in einem Feuerball explodierte. Diesmal werde der Test besser verlaufen, versicherte ein Sprecher der JAXA vor einigen Tagen: "Wir haben Anpassungen vorgenommen, damit das nicht noch einmal passiert." Wenn alles nach Plan läuft, wird sich das Modell in einer Höhe von 20 Kilometern und bei einer Geschwindigkeit von rund 2500 Stundenkilometern von der Trägerrakete lösen und nach fünfzehn Minuten Flug an einem Fallschirm zu Boden sinken. Die Forscher erhoffen sich von dem Test Informationen zur Aerodynamik des Flugzeuges.

Dass die Concorde, die wegen ihrer gigantischen Betriebskosten nie die Entwicklungsinvestitionen einspielen konnte, in absehbarer Zeit einen Nachfolger bekommt, scheint indessen zweifelhaft. Die grundsätzlichen Probleme bestünden weiter, sagt Stefan Levedag, Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): "Bei jedem Überschallflugzeug erzeugt der Verdichtungsstoß zusätzlich einen Wellenwiderstand." Dieser sinkt zwar wieder ab, sobald die Schallmauer durchbrochen ist, doch bleibt er deutlich höher als im Unterschallbereich.

Enormer Spritverbrauch

Kampfflugzeug Tornado
Das Kampfflugzeug Tornado hat schwenkbare Flügel, da im Über- und Unterschallbereich unterschiedliche Flugzeugdesigns optimal sindBild: AP

Dadurch sind Triebwerke mit einer sehr hohen Leistung erforderlich. "Bisher werden Nachbrenner eingesetzt, die den Spritdurchfluss dramatisch erhöhen", erklärt Levedag. Ohne diese Technik, bei der Kraftstoff direkt in den Abgasstrahl eingespritzt wird, seien derzeit allenfalls Geschwindigkeiten knapp jenseits der Schallmauer zu erreichen. In sehr großen Höhen würden Überschallflüge zwar ökonomischer, doch werfe dies Umweltprobleme auf, da die Abgase sehr lange in der Atmosphäre blieben.

Ein weiteres Problem sei der so genannte Überschallknall, sagt Achim Figgen, stellvertretender Chefredakteur des Fachmagazins Aero International. Wegen des Lärms, der bei Überschallflügen entsteht, seien sie derzeit nur über dem Meer möglich, was die Wirtschaftlichkeit weiter verringere. "Im Überschallbereich müsste das Flugzeug eigentlich anders gestaltet sein als im Unterschallbereich", sagt Figgen. Bei den langsameren Überlandflügen habe die Concorde daher einen horrenden Spritverbrauch aufgewiesen. Der Experte geht dennoch davon aus, dass Überschallflugzeuge in der zivilen Luftfahrt wieder zum Einsatz kommen werden: "Ich würde aber Geld darauf verwetten, dass zuerst ein Geschäftsreiseflugzeug für acht bis zehn Leute kommt und kein Verkehrsflugzeug."

"Überschall-Jet der nächsten Generation"

Teurer Fehlschlag
A booster rocket is seen just before it crashes and explodes into the ground in Woomera, Australia Sunday, July 14, 2002. The scale model of a Japanese next generation supersonic jetliner explodes shortly after its takeoff. Nobody was injured in the crash as both the rocket and the model plane were unmanned. The cause of the crash was not immediately known. (AP Photo/Peter Mathew)Bild: AP

Das schließt auch Rainer Ohler aus, Sprecher des Luftfahrtkonzerns EADS, zu dem unter anderem der Flugzeughersteller Airbus gehört. "Die jetzt zur Verfügung stehenden Technologien lassen eine wirtschaftliche Nutzung nicht möglich erscheinen", sagt Ohler. "Das heißt aber nicht, dass es nicht in 20 Jahren ein Überschallflugzeug geben könnte." Sein Konzern unterzeichnete im Juni 2005 ein Abkommen mit japanischen Unternehmen, das die Kooperation bei der Forschung an leiseren und energiesparenden Techniken vorsieht. Die Finanzierung des dreijährigen Projektes ist mit 1,84 Millionen pro Jahr allerdings eher bescheiden.

Die Pläne der japanischen Raumfahrtagentur, in die bislang 360 Millionen Dollar investiert wurden, sind da deutlich ambitionierter. Das Ziel sei, so erklärt die JAXA auf ihrer Website, ein "Überschall-Jet der nächsten Generation, der dreimal so viele Passiere transportiert wie die Concorde, doppelt so weit fliegt, nur ein Viertel des Stickoxids ausstößt und nicht mehr Lärm produziert, als die heutigen Jumbo-Jets".