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Politik

Israels "Lebensversicherung"

Uta Steinwehr mit Agenturen
12. Mai 2021

Seit zehn Jahren ist das Raketenabwehrsystem "Iron Dome" in Israel in Betrieb. Doch so stark beansprucht wie in den vergangenen Tagen wurde es noch nie. Wie funktioniert es?

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Raketen steuern auf andere Raketen am Nachthimmel über einer Stadt zu
Verteidigungssystem "Iron Dome" fängt Raketen der Hamas abBild: Mohammed Abed/AFP/Getty Images

Seit die Gewalt zwischen Palästinensern und Israelis eskaliert, werden in den sozialen Netzwerken hunderttausendfach Videos abgespielt, die die Effektivität des israelischen Raketenabwehrsystems "Iron Dome" zeigen sollen. Vor allem Videos aus der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, die den Beschuss von Tel Aviv zeigen: Sirenen heulen, dutzende leuchtende Kugeln sirren vor dem schwarzen Nachthimmel durch die Luft, leuchten dann noch einmal hell auf, Explosionsgeräusche sind zu hören. Und die Gefahr für die Bevölkerung ist vorerst gebannt.

In den sozialen Netzwerken wird die "Eisenkuppel" als Lebensversicherung der Israelis gepriesen.

Wie funktioniert das Raketenabwehrsystem "Iron Dome"?

Ein System besteht aus einer Radareinheit und einem Kontrollzentrum, die heranfliegende Geschosse, zum Beispiel Raketen, nach dem Start erkennen können und deren Flugbahn und Ziel berechnen. Das passiert binnen Sekunden. Das muss es auch, denn je nach Entfernung vom Gazastreifen bleiben den Israelis nur 15 bis 90 Sekunden Zeit, um sich vor einer herannahenden Rakete in Sicherheit zu bringen.

Karte Vorwarnzeit für Israelis bei einer Rakete aus dem Gaza-Streifen

Das dritte Element sind Raketenabschussvorrichtungen. Drei bis vier Stück sind es pro System, in jedem haben 20 Raketen Platz. Eine Abwehrrakete wird nur gestartet, wenn klar ist, dass ein Geschoss auf bewohntes Gebiet gerichtet ist. Sie ist in der Luft manövrierfähig. Die Abfangrakete trifft das andere Geschoss aber nicht direkt, sondern explodiert in dessen Nähe und zerstört es so. Allerdings können herabfallende Trümmer noch Schäden verursachen.

Die Systeme sind mobil und können verlegt werden. Derzeit sind in Israel zehn Stück im Einsatz. Nach Angaben des Herstellers, dem staatlichen israelischen Rüstungsunternehmen Rafael Defence Systems, kann eine einzelne Batterie eine Stadt mittlerer Größe schützen. Das System kann Geschosse mit einer Reichweite von bis zu 70 Kilometern abfangen. Um das ganze Land zu schützen, wären nach Ansicht von Experten 13 Systeme notwendig.

Drei Soldatinnen und Soldaten stehen hinter einem Bauzaun, im Hintergrund eine Abschussvorrichtung und Betonelemente.
Diese Abschussvorrichtung steht in der Nähe der Stadt Aschkelon, die zehn Kilometer nördlich des Gaza-Streifens liegtBild: Jack Guez/AFP/Getty Images

Zu seinem Schutz verwendet Israel noch andere Systeme. "Iron Dome" ist auf Kurzstreckenraketen ausgerichtet.

Wie erfolgreich ist das System?

Der Hersteller gibt eine Erfolgsquote von 90 Prozent an. Der Leiter der israelischen Raketenabwehrorganisation, Moshe Patel, sagte der Nachrichtenagentur AFP zufolge, dass die "Eisenkuppel" in den vergangenen zehn Jahren bis Januar über 2400 Geschosse abgefangen habe. Das Rüstungsunternehmen Rafael spricht von mehr als 2500 erfolgreichen Abschüssen.

"Jede Rakete, die abgefangen wurde, hätte ein bewohntes Gebiet getroffen und somit potentiell schwere Schäden verursacht und Opfer gefordert", heißt es auf der Webseite der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte.

Eine Rakete in der Lust, daneben eine Rauchwolke
Die Abwehrraketen bleiben in der Luft manövrierfähigBild: Jack Guez/AFP/Getty Images

Nach Angaben der israelischen Armee wurden während der aktuellen Eskalation mehr als 1000 Geschosse auf Israel gefeuert, wovon aber 200 im Gazastreifen selbst niedergegangen sein sollen. Die radikalislamische Hamas scheint auf die Strategie zu setzen, kurz hintereinander ganze Salven abzusetzen und den "Iron Dome" so zu testen oder gar an seine Grenzen zu bringen.

Was kostet der Einsatz?

Jeder Schuss aus der Batterie kostet Medienberichten zufolge rund 66.000 Euro. Das ist der Grund, weshalb nur Geschosse abgefangen werden sollen, die auf bewohntes Gebiet treffen würden.

Die Vereinigten Staaten hatten die Entwicklung des Systems finanziell unterstützt. Inzwischen haben die USA selbst zwei der Systeme von Israel für ihre Abwehr gekauft.