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KonflikteIsrael

Israel beschließt neue Maßnahmen zur Terrorbekämpfung

29. Januar 2023

Nach den Anschlägen in Ost-Jerusalem hat das israelische Sicherheitskabinett entschieden, den Zugang zu Schusswaffen für die Bürger zu erleichtern. "Wir sind auf jedes Szenario vorbereitet", sagte Premier Netanjahu.

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Israels Premierminister Netanjahu
Benjamin Netanjahu rief trotz Sabbat das Sicherheitskabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen (Archivbild)Bild: Menahem Kahana/AFP POOL/AP/dpa/picture alliance

Als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Jerusalem sollen israelische Bürger künftig leichter und schneller Lizenzen für Schusswaffen bekommen, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Nacht zum Sonntag nach der Dringlichkeitssitzung mitteilte. Details dazu, wie genau die Erleichterungen für den Waffenerwerb aussehen sollen, wurden bisher nicht genannt.

Terror-Unterstützern werden Leistungen gestrichen

Weiter wurde bei der Sitzung des Sicherheitskabinetts beschlossen, Maßnahmen gegen Familienangehörige von Attentätern einzuleiten, die Terror unterstützen. Dazu gehört den Angaben zufolge, ihnen ihre Sozialleistungen sowie den Zugang zu Gesundheitsleistungen zu entziehen. Ob und wie genau überprüft werden soll, ob jemand Terror-Unterstützer ist, ist bislang unbekannt.

Zudem wurde entschieden, dass Armee und Polizei gezielt illegale Waffen einsammeln sollen. Weitere Schritte, um etwa "jüdische Siedlungen zu stärken", sollen zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden.

Das Sicherheitskabinett war zusammengekommen, um sich mit der Lage nach dem Schüssen auf Besucher einer Synagoge mit sieben Toten und der Schussattacke mit zwei Verletzten in Ost-Jerusalem zu befassen. Bei beiden Angriffen handelt es sich nach Ansicht der israelischen Regierung um Terroranschläge.

Nahe Jericho im Westjordanland hat es am Samstag nach Angaben der israelischen Armee noch einen weiteren Angriffsversuch gegeben. Ein Mann habe in einem Restaurant einen Schuss abgegeben, hieß es. Berichten zufolge hatte er aber Probleme mit seiner Waffe, was weitere Schüsse und Opfer verhindert habe. Verletzt wurde niemand. Nach dem Schützen wird gefahndet.

Israels Polizei zeigt Präsenz
Armee und Polizei zeigen nach den Angriffen verstärkte PräsenzBild: Ronen Zvulun/REUTERS

Netanjahu warnt Israelis vor Selbstjustiz

Ministerpräsident Netanjahu hatte vor der Dringlichkeitssitzung angekündigt, es werde eine "starke" Antwort auf die blutigen Attacken geben. Die Reaktion werde schnell und präzise ausfallen. "Wir streben keine Eskalation an, aber wir sind auf jedes Szenario vorbereitet." Netanjahu forderte seine Landsleute erneut dazu auf, das Gesetz nicht selbst in die Hand zu nehmen, sondern die Armee, die Regierung und die Sicherheitskräfte ihre Arbeit machen zu lassen.

Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten hatte sich zuletzt deutlich zugespitzt. Bei einer Razzia israelischer Einsatzkräfte in einem Flüchtlingslager in Dschenin waren am Donnerstag nach palästinensischen Angaben neun Personen getötet worden. So viele Todesopfer hatte es bei einem derartigen Einsatz seit Jahren nicht mehr gegeben. Die im Gazastreifen herrschende terroristische Hamas äußerte sich mit Blick darauf unverhohlen erfreut über den Anschlag vor einer Synagoge in Ost-Jerusalem.

Im Westjordanland und Ost-Jerusalem leben mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen künftigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt. Die militante Hamas wird von Deutschland, der Europäischen Union und den USA ebenso wie von einigen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft.

Zehntausende protestieren gegen die ultrarechte Regierung

Den vierten Samstagabend in Folge demonstrierten Zehntausende Menschen in Israel gegen Netanjahus Regierung. Der Protest richtete sich vor allem gegen deren Vorhaben, den Einfluss der Gerichte zu reduzieren und damit das Justizsystem zu schwächen.

Die umstrittenen Pläne von Justizminister Jariv Levin sehen unter anderem vor, dass eine Mehrheit im Parlament, der Knesset, ausreichen soll, um Gesetze zu verabschieden - auch wenn das Höchste Gericht diese zuvor als verfassungswidrig eingestuft hat. Das rechts-religiöse Lager, dem auch Levin angehört, hatte dem Höchsten Gericht in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, sich übermäßig in politische Entscheidungen einzumischen.

Massenprotest in Tel Aviv gegen die neue Regierung von Premier Netanjahu
Massenprotest in Tel Aviv gegen die neue Regierung von Premier NetanjahuBild: Oren Alon/REUTERS

Die Opposition fürchtet angesichts der geplanten Reformen um die Demokratie im Land. Experten warnen davor, dass die Gewaltenteilung de facto aufgehoben werde, sollten die Pläne umgesetzt werden. In der rechtsgerichteten Regierungskoalition mit Netanjahus konservativer Partei Likud sitzen auch ultra-orthodoxe und nationalistische Parteien.

Auch die jüngsten Anschläge beschäftigten die Protestierenden. Zum Gedenken an die Opfer zündeten die Demonstranten Kerzen an. Zudem hielten sie eine Schweigeminute für die Getöteten ab.

qu/wa/Myk (dpa, afp, rtr)