Presseschau: Trump bleibt Trump
21. Januar 2017"In weiter Ferne liegen die Zeiten, in denen man hoffte, der kaiserliche Purpur würde ihn besänftigen", schreibt der Mexiko-Korrespondent der spanischen "El País". Und selbst wenn: Donald Trump habe in den vergangenen Monaten mit seinen Äußerungen schon derart viele Säulen der Weltpolitik eingerissen, dass die Reparaturen sehr lange dauerten.
Tatsächlich aber hat der frisch vereidigte US-Präsident keinerlei Anstalten gemacht, seine Rhetorik maßgeblich zu ändern, stellt Lanhee J. Chen von der Stanford University beim US-Sender CNN fest: "Donald Trumps Antrittsrede war klassisch Trump. Sie zeigte eine bemerkenswerte Konsistenz in Themen und Sprache." Wenn sie überhaupt eine Überraschung beinhaltet habe, analysiert Bill Clintons ehemaliger Redenschreiber Michael Waldman in der "Washington Post", sei Trumps Rede etwas weniger narzisstisch gewesen, als zu befürchten stand - keineswegs aber so besänftigend wie erhofft: "Statt die Wogen zu glätten, hat er sie weiter aufgewühlt."
Zweifel an Trumps Charakter
Eben diese "bemerkenswerte Beständigkeit der Unberechenbarkeit Donald Trumps", wie die Singapurer "Straits Times" titelt, nehmen vielen Kommentatoren zum Anlass, Zweifel an dessen charakterlicher Eignung für sein Amt zu äußern. Nach Trumps Rede, fürchtet der Kommentator der belgischen Zeitung "Le Soir", sei klar: "Der rachsüchtige Trump des Wahlkampfs wird auch der Trump des Weißen Hauses sein."
Der britische Journalist und Buchautor John Carlin vergleicht Trump in "El País" sogar mit einer Reihe Diktatoren, darunter Kaiser Caligula, dem historische Quellen Geisteskrankheit attestieren. Der Unterschied läge vor allem darin, dass Trump durch den freien Willen des Volkes zum Oberbefehlshaber gewählt worden sei. Allein das könnte in Carlins Augen das "Unnatürlichste" sein, das je in einer Demokratie geschehen sei. Trump sei ein Kindskopf, "ein 70-jähriger Mann mit der emotionalen Reife eines verdorbenen Grundschulbalgs".
Weniger Überraschung als Besorgnis äußern internationale Kommentatoren über Trumps Nationalismus. Nun sei klar, "dass die Welt von den USA mehr Protektionismus und Isolationismus zu erwarten hat - schlicht Eigennutz. Das war auch seine Botschaft an die Bündnispartner, die Trump erst gar nicht erwähnte", heißt es im österreichischen "Standard".
Fehlende Ermutigung
Auch der Kommentator der brasilianischen "O Globo" hat eine "nationalistische, populistische Rede gegen voller Aggressivität" gehört. Diese habe sich aber nicht nur nach außen gewandt, sondern eben auch gegen das politische Establishment der USA - ein Punkt, den auch der indische Journalist Sanjay Kumar bei CNN aufgreift: Indien fühle eine ähnliche Beklommenheit wie bei der Amtseinführung Narendra Modis, "einem rechten Hindu-Führer mit zweifelhafter politischer Vergangenheit, der sein Image als Außenseiter pflegte".
Hierzu gibt es allerdings auch Gegenstimmen: "Ich glaube Trump, wenn er sagt, dass wir alle eine Nation mit einem Heim, einem Herzen und einem gemeinsamen Schicksal sind", bekennt die renommierte US-amerikanische Journalistin Roxanne Jones bei CNN. Schwerer sei es, Trumps Schwur zu glauben, Kriminalität, Drogenproblemen, dem Versagen der Schulen und Korruption ein Ende zu machen.
Seine Versprechen, sie zu beheben, hätten eher wie Drohungen geklungen, schreiben auch die Redakteure des spanischsprachigen "Nuevo Herald" aus Miami: "Es fehlte der optimistische Ton einer ermutigenden Botschaft der Hoffnung, wie die von John F. Kennedy und Ronald Reagan."
"Wenn man Trump zugehört hat, könnte man den Eindruck bekommen, die USA seien ein Entwicklungsland", schreibt auch die dänische Tageszeitung "Jyllands-Posten". Aber dies sei wohl ein rhetorischer Kniff, um den Anschein zu erwecken, dass das Land am Abgrund steht, "denn von dort aus kann es nur aufwärts gehen".