„Influencer“, „… for future“ und Co. – Anglizismen im Deutschen
Englische Begriffe sind inzwischen natürlicher Bestandteil der deutschen Sprache. Seit 2010 wird daher jährlich ein Anglizismus des Jahres gekürt. Entstanden ist ein kleines Stück Kulturgeschichte.
Ob Popsongs, internationale Firmenmeetings oder wissenschaftliche Artikel – meist sind sie auf Englisch. Denn es ist die Weltsprache Nummer eins. Davon bleibt auch das Deutsche nicht unberührt. Doch so sehr sich manch einer über Anglizismen Anglizismus, Anglizismen (m.) die Übernahme eines englischen Ausdrucks in eine andere Sprache aufregt: Sie haben auch ihr Gutes. Eine Gruppe von Wissenschaftlern wollte den positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes würdigen. Deshalb begann sie 2010 als unabhängige Jury, den Anglizismus des Jahres zu küren jemanden/etwas küren jemanden oder etwas auszeichnen . Vergeben werden zudem ein zweiter und dritter Platz. Darunter ist immer auch der Publikumsliebling Publikumsliebling, -e (m.) hier: etwas, das vom Publikum sehr gemocht wird . Mit sich mit etwas schmücken hier: eine besondere Auszeichnung haben der Auszeichnung „Anglizismus des Jahres“ durften sich sich mit etwas schmücken hier: eine besondere Auszeichnung haben schon Begriffe schmücken sich mit etwas schmücken hier: eine besondere Auszeichnung haben wie „Crowdfunding“, „Fake News“, „Influencer“ und die sogenannte Phraseoschablone „… for future“. Das bezeichnet eine griffige griffig einfach, prägnant , einprägsame Formulierung, die variabel und immer wieder neu mit einem entsprechenden Wort davor eingesetzt werden kann.
Entstanden war die Idee eigentlich, so der Sprachwissenschaftler und Juryvorsitzende Anatol Stefanowitsch, weil es damals Tendenzen zu einem Sprachpurismus Purismus (m., nur Singular) hier: das häufig übertriebene Bemühen, eine Sprache frei von Fremdwörtern zu halten gab, denen man begegnen (einer Sache) begegnen hier: auf etwas reagieren, etwas entgegen|wirken wollte:
„Uns ging es damals darum in irgendeiner Form, die eben öffentlichkeitswirksam ist, dem was entgegenzusetzen und einfach zu erklären, dass sprachliche Entlehnungen was ganz Natürliches sind, in allen Sprachen hat das schon immer stattgefunden – mal mehr, mal weniger. Mal war eine Sprache dominant, mal eine andere.“
Zum Anglizismus des Jahres kann allerdings nicht jedes Wort werden, das aus dem Englischen entlehnt wurde. Zunächst mal muss die Häufigkeit eines Wortes im jeweiligen Jahr so stark gestiegen sein, dass es sich in Zeitungen und anderen Medien fest etabliert hat. Darüber hinaus differenziert die Jury weiter, sagt Stefanowitsch:
„Manchmal gibt es auch so Wörter, die sind unglaublich häufig, aber das ist eigentlich ein einziges Thema, was einmal kurz intensiv diskutiert wird. Genau diese Art von Modewort, die schließen wir dann eigentlich aus, wenn wir sehen, im laufenden Jahr geht eigentlich die Häufigkeit wieder nach unten. Aber wir sehen eben normalerweise: Es gibt so ’nen langsameren Anstieg, der fängt erst mal an, dann wird das Wort etwas bekannter und plötzlich ist es wie so ’ne Rakete, da zündet das und verbreitet sich.“
Bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird, schauen sich die Jurymitglieder die Entwicklung eines Begriffs über einen Zeitraum von fünf Jahren an. Dann stellen sie sich zwei Fragen: Ist es eventuell ein Modewort, ein Wort, das eine Zeit lang sehr gern und häufig benutzt wird, in Mode ist, dann aber wieder verschwindet? Oder ist es eines, das sich nachhaltig nachhaltig hier: so, dass etwas auch nach langer Zeit noch existiert in den deutschen Wortschatz eingebürgert etwas bürgert sich ein etwas wird zur Gewohnheit hat? Mancher Begriff bietet sich sich an|bieten hier: sich empfehlen anfangs noch nicht als Anglizismus des Jahres an, entwickelt sich nur langsam. Dann erlebt er aber plötzlich einen kometenhaften kometenhaft so, dass etwas eine sehr schnelle Entwicklung macht Aufstieg zu einem gesellschaftlich relevanten, prägenden prägend hier: so, dass etwas eine bestimmende Wirkung hat Schlagwort – vergleichbar mit einer Rakete, die zündet, zu brennen beginnt und in die Luft steigt. Beispiele dafür waren etwa „Influencer“ und „Crowdfunding“.
Manchmal steckt in einer Zwickmühle stecken redensartlich für: in einer schwierigen Entscheidungssituation sein die Jury bei einer Entscheidung auch in einer Zwickmühle in einer Zwickmühle stecken redensartlich für: in einer schwierigen Entscheidungssituation sein : Da gibt es einen Begriff, der zwar ein kulturelles Phänomen benennt, aber eben nicht typisch für ein bestimmtes Jahr ist. Der schafft es dann nicht auf Platz eins – sehr zum Bedauern der Jury:
„Ein Wort, was uns als Jury immer wieder leidgetan hat, dass es das nie geschafft hat, ist das Wort ‚bingen‘, wie man das auch in ‚Binge Watching‘ hat, oder die neue Serie, die ist sehr gut ‚wegbingebar‘. Das ist ja so ’n neues kulturelles Phänomen, dass man eine Fernsehserie nicht mehr Woche für Woche guckt, sondern im Prinzip wartet, bis die Folgen alle da sind und dann guckt man die innerhalb von 36 Stunden alle hintereinander weg.“
Der Anglizismus „bingen“ spiegelt eine gesellschaftliche Veränderung wider, die vor allem durch kommerzielle US-amerikanische Streaming Streaming (n., aus dem Englischen, kein Plural) ein Datenübertragungsverfahren, bei dem die Daten bereits während der Übertragung angesehen oder angehört werden können anbieter wie Netflix und Amazon Prime aufkam auf|kommen entstehen : Sie produzieren Filme und Serien mit mehreren Staffeln Staffel, -n (f.) hier: mehrere Folgen einer Filmserie , die im Internet abrufbar sind. Sie können dann hintereinander weggeguckt, an einem Stück geschaut, werden, sind sehr gut wegbingebar. Für dieses „Binge Watching“, im Deutschen umgangssprachlich auch „Komaglotzen Komaglotzen (n., nur Singular) umgangssprachlich für: viele Stunden lang Fernsehen gucken “ genannt, sollte man aber Sitzfleisch haben Sitzfleisch haben umgangssprachlich für: lange und geduldig warten bzw. Zeit für etwas haben .
Ähnlich wie bei der Entwicklung von „bingen“ verhielt es sich mit „Hipster Hipster, - (m., aus dem Englischen) jemand, der meist modisch gekleidet ist, einen Bart und Brille trägt und sich von anderen unterscheiden möchte “, ein Anglizismus, der 2012 immerhin Platz zwei belegte. Dass man sich nicht für den ersten Platz entschied war eine Fehlentscheidung, die Sprachwissenschaftler Stefanowitsch noch heute wurmt etwas wurmt jemanden umgangssprachlich für: etwas ärgert jemanden über einen längeren Zeitraum :
„Da ärgere ich mich, dass wir gesagt haben: ‚Ja, das Wort ist langsam immer häufiger geworden, aber es ist nicht typisch für irgendein Jahr.‘ Und ich glaube doch, dass es aber für das Jahrzehnt vielleicht eins der prägendsten Wörter gewesen wäre.“
Ungeachtet dessen meint Sprachforscher Stefanowitsch, dass man doch mit Begriffen wie „Influencer“, „… for future“ und Co. und Co. hier: Abkürzung für ähnliche Dinge immer wieder den Nerv den Nerv treffen redensartlich für: die aktuelle Stimmungslage treffen der Gesellschaft getroffen den Nerv treffen redensartlich für: die aktuelle Stimmungslage treffen hat:
„Wenn wir uns diese Wörter angucken, dann sehen wir sehr schnell, das sind auch die Wörter, an denen sich eben ganz zentrale Diskussionen in den sukzessiven Jahren festgemacht haben. Und so kann man, zumindest wenn man sich immer die ersten drei Plätze, die wir ja normalerweise wählen, gemeinsam anguckt, dann hat man so eine kleine Kulturgeschichte.“
Ein Beispiel für so eine „kleine Kulturgeschichte“ ist „Fake News“, Anglizismus des Jahres 2016, der in Zeiten von Falschmeldungen und irreführenden Informationen seinen Siegeszug angetreten einen Siegeszug antreten redensartlich für: großen Erfolg haben hatte, und gesellschaftlich immer noch relevant ist. Dieser Begriff steht allerdings auch stellvertretend für englische Bezeichnungen, die nicht nur im Deutschen, sondern auch weltweit im Umlauf sind, ein Fakt, der für die Jury kein Ausschlusskriterium darstellt. Denn, so sagt Stefanowitsch:
„Das hat eben etwas damit zu tun, dass das Englische diesen besonderen Status hat, dass es Lingua franca ist, dass es sowieso die Sprache der Globalisierung ist, und dass tatsächlich Wörter gar nicht entlehnt werden aus der englischen oder aus der amerikanischen Sprachgemeinschaft, sondern bereits in diesem internationalen Sprachgebrauch eigentlich vorhanden sind und von dort aus in die unterschiedlichen Sprachen gelangen.“
Weltweit gilt Englisch als Lingua franca, als Sprache, in der sich Menschen unterschiedlicher Muttersprache miteinander verständigen können, was in Zeiten einer globalisierten Welt nützlich ist. Doch ungeachtet dieser allgemeinen Entwicklung: Es geht auch umgekehrt. Das deutsche Wort „Zeitgeist Zeitgeist (m., nur Singular) Denkweise, die für eine Zeit typisch ist “, findet sich auch in englischen und anderssprachigen Wörterbüchern. Sprachliche Entlehnungen sind eine Einbahnstraße sein redensartlich für: nur in eine Richtung gehen eben keine Einbahnstraße eine Einbahnstraße sein redensartlich für: nur in eine Richtung gehen – trotz der zunehmenden Dominanz des Englischen.
„Influencer“, „… for future“ und Co. – Anglizismen im Deutschen
Anglizismus, Anglizismen (m.) — die Übernahme eines englischen Ausdrucks in eine andere Sprache
jemanden/etwas küren — jemanden oder etwas auszeichnen
Publikumsliebling, -e (m.) — hier: etwas, das vom Publikum sehr gemocht wird
sich mit etwas schmücken — hier: eine besondere Auszeichnung haben
griffig — einfach, prägnant
Purismus (m., nur Singular) — hier: das häufig übertriebene Bemühen, eine Sprache frei von Fremdwörtern zu halten
(einer Sache) begegnen — hier: auf etwas reagieren, etwas entgegen|wirken
nachhaltig — hier: so, dass etwas auch nach langer Zeit noch existiert
etwas bürgert sich ein — etwas wird zur Gewohnheit
sich an|bieten — hier: sich empfehlen
kometenhaft — so, dass etwas eine sehr schnelle Entwicklung macht
prägend — hier: so, dass etwas eine bestimmende Wirkung hat
in einer Zwickmühle stecken — redensartlich für: in einer schwierigen Entscheidungssituation sein
Streaming (n., aus dem Englischen, kein Plural) — ein Datenübertragungsverfahren, bei dem die Daten bereits während der Übertragung angesehen oder angehört werden können
auf|kommen — entstehen
Staffel, -n (f.) — hier: mehrere Folgen einer Filmserie
Komaglotzen (n., nur Singular) — umgangssprachlich für: viele Stunden lang Fernsehen gucken
Sitzfleisch haben — umgangssprachlich für: lange und geduldig warten bzw. Zeit für etwas haben
Hipster, - (m., aus dem Englischen) — jemand, der meist modisch gekleidet ist, einen Bart und Brille trägt und sich von anderen unterscheiden möchte
etwas wurmt jemanden — umgangssprachlich für: etwas ärgert jemanden über einen längeren Zeitraum
und Co. — hier: Abkürzung für ähnliche Dinge
den Nerv treffen — redensartlich für: die aktuelle Stimmungslage treffen
einen Siegeszug antreten — redensartlich für: großen Erfolg haben
Zeitgeist (m., nur Singular) — Denkweise, die für eine Zeit typisch ist
eine Einbahnstraße sein — redensartlich für: nur in eine Richtung gehen