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Infineon in tiefroten Zahlen

18. November 2005

Europas größter Chipkonzern Infineon rutscht noch tiefer in die Krise: Im abgelaufenen Geschäftsjahr machte das Unternehmen einen Verlust von 312 Millionen Euro - nach einem Gewinn von 61 Millionen Euro 2004.

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Nicht alle Chips verkaufen sich gleich gutBild: dpa


Auch ein massives Sparprogramm half dem Konzern nicht: Die positiven Auswirkungen des Sparprogramms seien "durch den starken Preisdruck sowie den Verlust von Marktanteilen bei einigen unseren Mobilfunkkunden mehr als aufgehoben" worden, erklärte Infineon-Vorstandschef Wolfgang Ziebart. Zwar habe Infineon die Kosten um 320 statt wie geplant 200 Millionen Euro gesenkt, aber das war nicht ausreichend, um die Schwächen des Marktes aufzufangen: Von 28 Prozent Marktwachstum im Vorjahr blieben 2005 nur noch zwischen 6 und 8 Prozent übrig.

Neuer Infineon-Chef Wolfgang Ziebart in China
Wolfgang ZiebartBild: dpa

Preisdruck in allen Segmenten

Besonders beim Geschäft mit Sicherheits- und Chipkarten musste Infineon durch einen starken Preisrückgang Einbußen hinnehmen. Die Nachfrage nach Halbleitern für Mobiltelefone sei deutlich zurückgegangen, erläuterte Ziebart. Ein Hauptkunde ist die frühere Muttergesellschaft Siemens, die im inzwischen verkauften Handygeschäft mit massiven Problemen zu kämpfen hatte. Laut Ziebart hat der Preisdruck in allen Segmenten angehalten, vor allem beim Geschäft mit Computerspeichern, das rund 40 Prozent der Umsätze liefert. Im Frühjahr seien die Preise innerhalb von vier Wochen um fast ein Drittel gefallen.

Draufgezahlt

Der Umsatz sank im Geschäftsjahr 2004/05 (Stichtag 30. September) um sechs Prozent auf knapp 6,8 Milliarden Euro. Der Verlust vor Steuern und Zinsen (Ebit) betrug 183 Millionen Euro nach einem Gewinn von 256 Millionen Euro im Vorjahr. Die Hauptursachen für den signifikanten Anstieg des negativen Ebits sind das geringere Absatzvolumen im Geschäft mit Plattformen für Mobiltelefone, gestiegene Kosten für nicht genutzte Fertigungskapazitäten und Sonderaufwendungen. Die geplante Schließung des Chipwerks in München-Perlach, der Aufbau des neuen Produktionsstandortes in Kulim (Malaysia) und weitere Restrukturierung in der Kommunikations-Sparte sorgten für hohe Belastungen. Einmalige Lizenzeinnahmen von 118 Millionen Euro konnten die Sonderaufwendungen nicht auffangen.

Erholung in Sicht?

Chip von Infineon Technologies in Dresden
So groß kann ein Chip seinBild: AP

Allerdings gab es im vierten Quartal einen allgemeinen Aufwärtstrend: In allen Sparten - Speicherchips, Kommunikation, Automobil- und Industrieelektronik - zeichneten sich Verbesserungen ab: Das Absatzvolumen für Sicherheits- und Chipkarten (Bereich Industrieelektronik) stieg, die Einnahmen blieben jedoch rückläufig, vor allem aufgrund des starken Preisrückganges. Auch das Geschäft mit mobilen Plattformen und Hochfrequenz-Transreceivern (Bereich Kommunikation) stieg gegenüber dem Vorquartal an. Der Ebit-Verlust des gesamten Unternehmens verringerte sich im vierten Quartal 2005 von 234 auf 43 Millionen Euro. Mitverantwortlich dafür sind auch die geringeren Ausgaben für Forschung und Entwicklung.

Konzernumbau und Optimismus

Für das kommende Geschäftsjahr sieht Infineon Licht am Ende des Tunnels: Der Konzern erwartet eine Geschäftsentwicklung "im mittleren einstelligen Bereich", die das prognostizierte Wachstum im weltweiten Halbleitermarkt widerspiegelt. Auch in den Sparten Automobil-, Industrieelektronik und Multimarket geht das Unternehmen von einem weiteren Wachstum aus. Dies werde durch die steigende Nachfrage unter anderem nach Fahrzeug-Elektronik und Energie sparenden Technologien getrieben, hieß es.

Am 17. November hatte Infineon einen radikalen Konzernumbau angekündigt: Infineon will die Speicherchipsparte, die für rund 40 Prozent des Gesamtumsatzes steht, aber derzeit Verluste macht, spätestens im Juli 2006 abspalten und an die Börse bringen. Infineon will sich auf das profitablere Geschäft mit Chips für Autos oder Industrieanlagen, so genannte Logikchips, konzentrieren. Die Geschäfte seien zu unterschiedlich, erläuterte Ziebart. In der Speichersparte müsse schnell und marktorientiert produziert werden, die Logiksparte orientiere sich an individuellen Kundenbedürfnissen. Nach der Teilung sieht Ziebart mehr Wachstumschancen: "Das Unternehmen sollte danach die gleiche Größe erreichen wie heute." (arn)