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#ImplantFiles: Schäden statt Heilung

26. November 2018

Schadhafte Implantate gefährden weltweit hunderttausende Menschen, so die neueste Recherche des internationalen Konsortiums für Investigativen Journalismus (ICIJ). Auch Patienten in Deutschland sind betroffen.

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Symbolbild Operation
Bild: picture alliance/dpa/S. Hoppe

Medizinprodukte wie künstliche Gelenkprothesen, Herzschrittmacher, Brustimplantate oder Insulinpumpen, sollen Patienten eigentlich helfen, besser zu leben. Mängel bei der Zulassung führten aber weltweit zu tausenden Verletzungen und Todesfälle, so der jetzt vorliegende Bericht.

An der Recherche waren über 250 Journalisten aus 36 Ländern involviert. In Deutschland waren der NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung beteiligt. Die Deutsche Welle fasst hier die wichtigsten Ergebnisse zusammen:

  • Alleine in Deutschland wurden im Vorjahr 14.034 Zwischenfälle gemeldet. Die Dunkelziffer sei noch höher. Die Zahl der Komplikationen steige, so die Recherche. In den USA sollen schadhafte Medizinprodukte in den letzten zehn Jahren zu 83.000 Todesfällen und 1,7 Millionen Verletzungen geführt haben.
  • Implantate sollen Menschen retten und heilen. Die Zulassung sei aber so lasch, dass sie Leben zerstören können. Die Autoren kritisieren unter anderem, dass oft nicht das Produkt selbst, sondern nur die eingereichten Unterlagen geprüft werden würden. Auch agierten die Zulassungsstellen nicht unabhängig, sondern würden von den Herstellern beauftragt und bezahlt.
  • Lehnt eine Zulassungsstelle ein Medizinprodukt ab, kann der Hersteller es bei einer anderen versuchen. Alleine in der EU gibt es davon etwa 50. Damit ein Implantat einem Menschen eingesetzt werden darf, braucht es nur ein CE-Zertifikat. In Deutschland prüfen beispielsweise der TÜV und Dekra.
  • Laut Recherche-Ergebnissen fallen in Deutschland neue Medizinprodukte nur selten durch. In den vergangenen acht Jahren kamen auf 10.254 Zulassungen lediglich 84 negative Entscheidungen.
  • Angestoßen wurde die Recherche von einer niederländischen TV-Journalistin, die ein Mandarinennetz als Medizinprodukt zertifizieren lassen wollte. Drei Stellen stellten ihr tatsächlich eine Zulassung in Aussicht - dann brach sie das Experiment ab.
  • Melden Patienten Probleme mit einem Produkt, bleibe das zu oft folgenlos, kritisiert der Bericht. Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte könne fehlerhafte Implantate nicht verbieten. Dadurch blieben gefährliche Produkte oft auf dem Markt.
  • Damit Schäden durch schadhafte Medizinprodukte nicht an die Öffentlichkeit kommen, würden Hersteller Entschädigungszahlungen oft an Verschwiegenheitsverpflichtungen knüpfen, so die Recherche. Auch sollen Medizinfirmen in den vergangenen zehn Jahren 1,4 Milliarden Euro gezahlt haben, um Korruptions- und Betrugsvorwürfe beizulegen.
  • Der Implantathandel ist ein Milliardengeschäft. Weltweit werden damit 282 Milliarden Euro umgesetzt, alleine auf Deutschland entfallen davon 30 Milliarden Euro. Tendenz steigend: Denn je älter die Gesellschaft wird, desto mehr Geld lasse sich mit dieser Art von Medizinprodukten machen.

dp/tl (dpa, afp)

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