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Immer mehr Alleinlebende

Mathias Bölinger12. Juli 2012

Alleinlebende zahlen hohe Mieten, haben ein überdurchschnittliches Armutsrisiko und sind häufig von staatlichen Transferleistungen abhängig. Trotzdem steigt ihre Zahl, wie neue Daten des statistischen Bundesamts zeigen.

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Alleinstehender Mann beim Bügeln. Foto: dpa
Immer mehr Menschen leben allein im Haushalt.Bild: Fotolia/Peter Atkins

Die eine oder andere Internet-Partnerbörse wird wohl nun ihre Kampagne ändern müssen. Bisher bekamen Nutzer in Berlin gerne in Internet-Anzeigen mitgeteilt, dass sie in Deutschlands "Single-Hauptstadt" leben. Wählte man sich über einen Berliner Internetzugang ein, dann blinkte auf Informationsseiten oder E-Mail-Portalen Werbung auf, die versprach, man habe in der Hauptstadt so viele Alleinstehende potentielle Partner zur Auswahl wie in keiner anderen Stadt. Nun muss Berlin den Titel "Single-Hauptstadt" abgeben. Vielleicht werden solche Anzeigen demnächst in Hannover geschaltet. In keiner Stadt leben anteilig so viele Menschen allein wie in der niedersächsischen Landeshauptstadt. 33 Prozent der Hannoveraner teilen ihre Wohnung nicht mit anderen.

Nur in Schweden leben mehr Menschen allein

Das ist das Ergebnis des jüngsten Mikrozensus. Einmal im Jahr befragt das Statistische Bundesamt eine ausgewählte Zahl von Bürgern nach ihren Lebensumständen und wertet sie nach verschiedenen Aspekten aus. In diesem Jahr hat das Amt besonders die Lebensumstände derjenigen betrachtet, die ihre Wohnung nicht mit anderen teilen. Die Ergebnisse sind unter dem Titel "Alleinlebende in Deutschland" erschienen. 2011 lebten 15.9 Millionen Deutsche allein oder 20 Prozent der Über-18-jährigen. In Europa hat nur Schweden einen höheren Anteil Alleinlebender.

Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes, am 27.10.2008 während eines Redaktionsgesprächs in Frankfurt am Main. Egeler ist seit Anfang August neuer Präsident des Statistischen Bundesamtes. Zuvor war er im Bundesinnenministerium für das Beschaffungsamt verantwortlich. Foto: Uwe Anspach dpa +++(c) dpa - Report+++
Roderich Egeler, Präsident des Statistischen BundesamtesBild: picture-alliance/ dpa

Dabei spricht - zumindest aus Sicht der Statistiker - wenig fürs Alleinleben: Alleinstehende zahlen durchschnittlich mehr Miete, sind öfter arbeitslos und haben ein höheres Armutsrisiko als Menschen in Familien oder Partnerschaften. Trotzdem steigt die Zahl der Alleinlebenden seit Jahren. Vor zwanzig Jahren waren es erst 14 Prozent der Bevölkerung, fast ein Drittel weniger als heute. Die Zahlen der Alleinlebenden sind sowohl bei Männern als auch Frauen und in jeder Altersstufe gestiegen.

Die größte Gruppe unter den Alleinstehenden hat sich ihr Singledasein nicht ausgesucht. Mit über vier Millionen ist der Anteil von Frauen über 65 die größte Gruppe unter den Alleinlebenden – der überwiegende Anteil unter ihnen ist verwitwet. Dicht gefolgt werden die alten Frauen in der Statistik allerdings von einer Gruppe, die vor zwanzig Jahren noch relativ unbedeutend war. Den größten Zuwachs an Alleinlebenden findet man unter Männern zwischen 35 und 64 Jahren. 3,8 Millionen Männer mittleren Alters leben allein. Mehr als die Hälfte von ihnen gelten als "echte Junggesellen", waren also noch nie verheiratet. Vor zwanzig Jahren sei gerade in dieser Gruppe der Anteil verwitweter oder Geschiedener deutlich höher gewesen, sagt Roderich Egeler, der Präsident des Statistischen Bundesamts "Hier zeigt sich, dass  die Ehe als Lebensform mit der Zeit an Bedeutung verloren hat." Eine Zahl, die unter den Jüngeren noch deutlicher wird. Hier hat sich der Anteil der Verheirateten seit 1996 fast halbiert.

Alleinlebend nicht gleich allein

Warum so viele Menschen allein leben, kann Egeler nicht beantworten. Der Mikrozensus erfasst nur die statistischen Daten wie Familienstand, Haushaltsgröße, Einkommen oder Wohnsituation. Singles, die auf der Basis dieser Daten nun überlegen, verstärkt in Hannover nach einem Partner oder einer Partnerin zu suchen, sei deshalb zur Vorsicht geraten. Auch wenn Partnerbörsen solche Statistiken gerne in ihrem Sinn interpretieren – erfasst wird nur, wie viele Personen in einem Haushalt gemeldet sind. "Durchaus möglich ist dabei, dass die alleinlebende Person einen Lebenspartner beziehungsweise eine Lebenspartnerin oder Kinder hat, die in einem anderen Haushalt wohnen", sagt Egeler.