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Im Zeichen des Wahlkampfs

Heinz Dylong2. März 2002

Die rot-grüne Mehrheit im Bundestag hat das Zuwanderungsgesetz verabschiedet. Vorläufiges Ende einer rund zweijährigen Diskussion? Ein Kommentar von Heinz Dylong.

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Es ist für Wahlkämpfer ein verlockendes Thema: Mit der Frage der Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland lassen sich Emotionen wecken, die sich an den Wahlurnen in Stimmen umsetzen lassen könnten. Und der Blick auf die Bundestagswahl im September regierte denn auch die Diskussion über das Zuwanderungsgesetz - vor und während der Bundestagsdebatte darüber am Freitag (1.3.).

CDU und CSU stimmten gegen den Entwurf der rot/grünen Bundesregierung. Es handele sich eben nicht um ein Gesetz, das die Zuwanderung wirklich steuere und begrenze, wie es in Artikel 1 des Gesetzes heißt - so im Kern die Kritik der Unionsparteien. Mit der Realität hat das freilich wenig zu tun. Vielmehr sollen etwa beim Zuzug von Ausländern Integrationsfähigkeit und wirtschaftliche sowie arbeitsmarktpolitische Interessen Deutschlands berücksichtigt werden. Konkret bedeutet dies, dass Arbeitskräfte aus dem Ausland nur eingestellt werden könnten, wenn sich die Stellen nicht mit bereits in Deutschland lebenden Personen besetzen lassen. Und beim sogenannten Familiennachzug sieht das Gesetz die Absenkung des Alters, bis zu dem ausländische Kinder ihren in Deutschland lebenden Eltern folgen können, von 14 auf 12 Jahre vor. Ausnahmeregelungen ermöglichen in Härtefällen allerdings den Nachzug bis zum Alter von 18 Jahren. Aus Sicht der Union bleibt bei all dem vieles unpräzise. Sie argumentiert, die Ausnahmeregelung beim Nachzug werde voraussichtlich sogar zur Regel, das Nachzugsalter müsse niedriger liegen, um die Integration zu erleichtern. Zudem bemängelt die Union, bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus humanitären Gründen habe der Entwurf einen "unklaren Gesetzeswortlaut".

Festzuhalten bleibt gleichwohl, dass die Regierungsparteien der CDU/CSU-Opposition in vielen Punkten des Gesetzes entgegengekommen sind. Und festzuhalten ist auch, dass Deutschland mit seinen nahezu 7,5 Millionen ausländischen Einwohnern de facto längst ein Einwanderungsland ist. Zudem wird von der Wirtschaft betont, dass es trotz der hohen Arbeitslosigkeit einen Bedarf an Fachkräften gibt, der sich im Inland nicht so einfach decken lässt.

Kurz: Ein Einwanderungsgesetz ist nötig, und vermutlich könnte auch ein Kompromiss zwischen den Regierungsparteien und der CDU/CSU zustande kommen - wenn die Union damit nicht ein Wahlkampfthema aus der Hand geben würde. Denn da findet sich der springende Punkt: Die diffusen Befürchtungen in der Bevölkerung - zum Beispiel um mangelnde schulische Fortschritte der eigenen Kinder in Klassen mit schlecht deutsch sprechenden Mitschülern - lassen sich in der Tat im Wahlkampf nutzen. Denn Wahlkampfzeiten sind eben nicht die Phasen der differenzierten und sachlichen Erörterung. Vielmehr wird emotionalisiert und mit vereinfachenden Formeln um Stimmen geworben.

Noch ist das Zuwanderungsgesetz nicht endgültig verabschiedet - die Zustimmung des Bundesrats steht noch aus und ist keineswegs gewiss. Denn in der Länderkammer haben die von der SPD und den Grünen regierten Bundesländer keine Mehrheit. Auch die Zustimmung eines gemeinsam von SPD und CDU regierten Landes wäre nötig. Das ist nicht absehbar, würde aber dazu beitragen, das wichtige Thema der Zuwanderung auf einer sachlichen Ebene zu halten.