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Im Visier der Staatsmacht: Islamistische Gruppen in Zentralasien

Mathias Bölinger22. August 2006

Nicht nur in den bekannten islamistischen Zentren wie Pakistan oder Afghanistan haben sich terroristische Strukturen gebildet. Auch in Zentralasien sind bewaffnete islamistische Gruppen entstanden.

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Das Fergana-Tal gilt als Zentrum des FundamentalismusBild: picture alliance /dpa

Fromm, verarmt und überbevölkert: Das Fergana-Tal im Grenzgebiet von Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan bildet einen fruchtbaren Boden für islamische Missionare aller Couleur. In diesem Zentrum des religiösen Fundamentalismus in Zentralasien bildeten sich schon während der Perestroika erste radikale Gruppen. Nachdem es hier 1991 zu einem gewalttätigen islamistischen Aufstand kam, ging aus den Aufständischen die Terror-Organisation Islamische Bewegung Usbekistans (IBU) hervor, die eng mit den Taliban in Afghanistan zusammenarbeitete.

Terrorismusvorwurf als Waffe

Seit dem Sturz der fundamentalistischen Taliban ist die Organisation zwar weitgehend handlungsunfähig. Aber die Angst vor dem Islamismus beherrscht die Politik in allen drei Staaten nach wie vor. Vor allem die Organisation Hizb-ut Tahrir wird als große Bedrohung für die Stabilität der Region gesehen. Hizb-ut Tahrir wurde in den 1950er Jahren im Nahen Osten gegründet und strebt die Einigung aller Muslime in einem Kalifatsstaat an. Die Organisation behauptet, sie wende keine Gewalt an. Die Regierungen in Zentralasien halten sie hingegen für eine terroristische Organisation.

Entsprechend hart reagieren die drei Staaten auf radikal-islamische Strömungen. Besonders der usbekische Präsident Islam Karimow ist dafür bekannt, dass er schon beim leisesten Verdacht mit äußerster Härte zuschlägt. Auch wenn manchmal der Verdacht nahe liegt, dass er den Islamismus oft als Vorwand nutzt, um Kritiker aus dem Weg zu räumen. So ließ er im Mai 2005 in Andidschan hunderte Demonstranten niederschießen, die gegen seine Politik protestierten. Dass es sich dabei um einen islamistischen Aufstand handelte, wird von Menschenrechtsorganisationen bezweifelt.

Kompromissloses Vorgehen

Aber auch im ansonsten relativ liberalen Kirgisistan steht man dem politischen Islam kompromisslos gegenüber. Religiöse Parteien sind grundsätzlich verboten. Der geistliche Führer des Landes, Mufti Murataly ashy-Zhumanov, hat dagegen nichts einzuwenden - im Gegenteil "Heute muss Kirgisistan seine religiösen Gesetze verschärfen", sagt er. "Zwar gibt es die Befürchtung, dass strengere Religionsgesetze die Rechte der Gläubigen verletzen, Aber ich glaube, wenn die religiösen Führer im Rahmen der Gesetze handeln, dann wird der Glauben nicht darunter leiden."

Tadschikistan ist der einzige Staat in Zentralasien, der eine legale religiöse Partei hat. Die Partei der islamischen Wiedergeburt ist aus einer islamistischen Fraktion im Bürgerkrieg hervorgegangen. Seit dem Friedensabkommen von 1997 ist sie in die Regierung eingebunden. Mittlerweile gilt die Partei als gemäßigt. Viele ihrer früheren Anhänger halten sie aber durch ihr Arrangement mit der Macht für korrumpiert.

Muhiddin Kabiri, der stellvertetende Vorsitzende, beklagt, dass die Behörden Druck auf die Partei ausüben. "Die Beschränkungen, die uns auferlegt werden, führen doch dazu, dass ein Teil der religiösen Gemeinschaft glaubt, dass die Mitgliedschaft in einer religiösen Partei sie nicht vor Schikanen und Beschränkungen bewahrt", sagt er. "Also gehen sie lieber gleich in illegale Untergrundstrukturen, wo sie mehr Möglichkeiten haben, sich zu verwirklichen." Gemeint ist mit diesen illegalen Strukturen wieder einmal die gefürchtete Hizb-ut Tahrir.