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Im Urlaub arbeiten – und das freiwillig

18. Juli 2011

Faulenzen, ausschlafen, nichts tun: Das ist Urlaub. Aber es gibt Menschen, denen das nicht reicht. Sie verzichten auf den Hotelpool und engagieren sich stattdessen ehrenamtlich. Zwei Beispiele.

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Tilman Straub von "Ingenieure ohne Grenzen" in Tanasia in Gespräch mit Dorfbewohnern (Foto: Tilmann Straub und Maria Günther)
Tilmann Straub in Tansania: "Die Menschen nicht in ihrer Armut zurücklassen"Bild: Tilmann Straub

Die Koffer sind gepackt, die Badelatschen passen und die Sonnenbrille sitzt: der langersehnte Sommerurlaub steht vor der Tür. Wer jedoch das Faulenzen am Strand einfach zu langweilig findet, kann natürlich auch irgendwo den Wald aufforsten, Brunnen für Trinkwasser bauen oder in einem afrikanischen Dorf Kinder impfen. Tatsächlich wollen sich immer mehr Berufstätige während ihres Urlaubs ehrenamtlich engagieren. Zum Beispiel Tilmann Straub und Gabriele Benz.

"Faulenzen ist Zeitverschwendung"

Tilmann Straub in Gespräch mit dem Direktor der Baramba Secondary School in Tansania. (Foto: Tilmann Straub und Maria Günther)
Tilmann Straub: "Den Menschen vor Ort Hilfe zur Selbsthilfe bieten"Bild: Tilmann Straub

Schon als Student sei er viel gereist, sagt der Ingenieur Tilmann Straub. "Als Backpacker lernt man die Welt kennen, indem man mit Menschen ins Gespräch kommt. Es ist aber letztendlich so, dass man als Tourist weiterreist und die Menschen mit ihrer Armut dann zurücklässt". Straub ist dann aber doch zurückgekehrt:

Im vergangenen Jahr wollte er längere Zeit in Afrika verbringen und sein Wissen aus dem Studium der angewandten Geowissenschaften weitergeben. Der Ingenieur reiste also im Urlaub nach Tansania, um dort für ein Projekt von "Ingenieure ohne Grenzen" freiwillig zu arbeiten: "Man lebt und arbeitet mit den Menschen vor Ort, man lernt sich kennen. Da kommt einem viel an Herzlichkeit, an Gesprächen und an Erfahrungen entgegen. Jedes Mal ist es für mich etwas Neues. Ich mache dort neue Erfahrungen, von denen ich auch wieder zehren kann", sagt er.

Bauarbeiten am Regenwassertank an der Baramba Secondary School in Tansania (Foto: Tilmann Straub und Maria Günther)
Bauarbeiten am Regenwassertank an der Baramba Secondary School in TansaniaBild: Tilmann Straub

Der 35-jährige ist ehrenamtliches Mitglied von "Ingenieure ohne Grenzen". Die Organisation entwickelt mit Freiwilligen technische Lösungen für die Wasser-, Energie- oder Sanitätsversorgung in Entwicklungsländern. In Tansania hat Straub geholfen, an einer Mädchenschule Regenwassertanks zu bauen. Jetzt gibt es dort wieder Wasser, früher mussten täglich 5.000 Liter Wasser aus einer entfernten Quelle geholt werden. Zwei Jahre hatte Straub bereits von Deutschland aus am Projekt gearbeitet, bis er 2010 seinen gesamten Jahresurlaub nahm und für sechs Wochen nach Tansania ging: "Sonnig und warm ist es in Afrika ja auch, aber ich bin weniger der Mensch, der sich in die Sonne legt." Im Urlaub Faulenzen ist für Straub reine Zeitverschwendung. Die Arbeit in Afrika sieht er als Ausgleich zu seiner Tätigkeit in Deutschland.

Das eigene Glück erkennen

Gabriele Benz versorgt einen Jungen in einer Klinik auf Haiti (Foto: Gabriele Benz)
Gabriele Benz: "Ich würde es immer wieder machen"Bild: Gabriele Benz

Darf man glücklich sein, wenn es anderen Menschen schlecht geht? Das hat sich Gabriele Benz schon als Kind gefragt. Auf der Suche nach einer Antwort ist die Ärztin oft in Entwicklungsländer gereist, wo sie in den Slums gearbeitet hat. Zum Beispiel 2007 im Kongo oder 2010 in Haiti. Die Anästhesistin hat im vergangenen Jahr auf ihren Urlaub verzichtet und ging mit der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" für drei Wochen in das von Erdbeben zerstörte und von Seuchen geplagte Land. "Sie haben mich am Mittwoch gefragt, ob ich am Sonntag fliegen möchte", erinnert sie sich. Und dass sie sofort Ja gesagt habe. Sie würde es immer wieder machen, fügt sie hinzu. Zwar könne sie als dreifache Mutter nicht jedes Jahr auf drei Wochen Urlaub verzichten, aber bei solchen Notfällen werde sie sich sicher wieder engagieren:

"Eigentlich haben wir eine Verpflichtung, uns zu freuen, dass es uns hier nicht so schlecht geht.", sagt Benz. "Wir sollten unser Glück genießen." Mit dieser Erkenntnis sei sie zurück nach Deutschland gekommen. Eine Sache habe sie besonders in Erinnerung behalten: "In den allerärmsten Regionen haben die Kinder am fröhlichsten gesungen."

Trend: Ehrenamtliche Arbeit im Urlaub

Gabriele Benz (oben) und ehrenamtliche Ärzte von der Organisation 'Ärzte ohne Grenzen' vor einem Erste-Hilfe-Zelt auf Haiti 2010. (Foto: Gabriele Benz)
Gabriele Benz (oben) im Einsatz auf Haiti mit "Ärzte ohne Grenzen"Bild: Gabriele Benz

Tilmann Straub und Gabriela Benz sind nicht die einzigen "Urlaubsverweigerer". Das Interesse steigt, sagt Tanja Kuntz von "TravelWorks". Sie führt das Reiseveranstaltungsunternehmen, das Freiwillige an verschiedene Entwicklungsprojekte ins Ausland vermittelt. Einige wollten sich sogar mehrmals im Jahr im Ausland engagieren, sagt Kuntz.

"Eine Lehrerin hat während der Osterferien in Kenia unterrichtet und ist dann in den Sommerferien nach Sansibar gegangen, wo sie auch freiwillig gearbeitet hat." Das Alter spiele dabei kaum eine Rolle: "Wir haben eine 73-jährige Pensionärin, die drei Mal mit uns im Ausland war. Die hat sich im Löwenschutzprojekt engagiert."

Einige möchten in ihrem Job im Ausland arbeiten, andere würden aber auch etwas ganz anderes machen wollen. "Wir haben eine Anwältin, die in Indien Kinder betreut hat. Oder auch eine Modedesignerin aus Berlin, die sich für den Tierschutz in Südafrika engagiert hat", berichtet Reisespezialistin Kuntz.

Gabriele Benz hat in diesem Jahr noch keine Pläne für den Urlaub gemacht - im Unterschied zu Tilmann Straub. Er hat nämlich schon etwas vor: "In diesem Jahr genehmige ich mir Urlaub. Und zwar nicht, indem ich mich unter die Sonne lege, sondern indem ich mich ein bisschen ausruhe und Kraft schöpfe, um neue Projekte anzugehen."

Autorin: Rayna Breuer
Redaktion: Hartmut Lüning