Im Sog des Ölpreises
Beinahe täglich sinkt der Preis für Erdöl auf neue Tiefststände. Schwächelnde Welt-Konjunktur und Überproduktion sorgen seit mehr als einem Jahr für Verunsicherung. Einige Länder hat es bereits hart getroffen.
Kater nach langer Party
Wer hätte damit gerechnet? Dem reichen Norwegen macht der Preisverfall zu schaffen. Viele Jahre lang erlebte das Land einen Boom. Das Öl aus der Nordsee hat aus einem ärmlichen Agrarstaat eines der reichsten Staaten der Welt gemacht. Nun steuert Norwegen wieder um: Statt einseitig auf Öl und Gas will das Land nun wieder vermehrt auf die Fischerei setzen.
Doppelt getroffen
Nicht nur die Sanktionen des Westens, auch der Ölpreis spielen Russland böse mit. 2015 sank die Wirtschaftsleistung im Reich von Präsident Wladimir Putin um fast vier Prozent. Die Folge: Die Löhne sinken, der Rubel hat die Hälfte seines Wertes gegenüber dem US-Dollar eingebüßt. Der Wirtschaftsdienst Bloomberg schätzt: Auch 2016 wird für Russland ein Rezessionsjahr.
Zukunft auf Pump
Nigeria ist Afrikas größter Ölproduzent. Der neue Präsident Muhammadu Buhari hatte vor seiner Wahl angekündigt, die Staatsausgaben zu erhöhen. Dieses Wahlversprechen könnte ein Opfer des Ölpreisverfalls werden. Laut der Weltbank stammen drei Viertel der Einnahmen des Landes aus dem Ölgeschäft. Viele Infrastrukturprojekte liegen momentan noch immer auf Eis.
Neue Realitäten
Nicht nur Nigeria, auch andere Länder kalkulieren ihren Finanzen mit einem sehr hohen Ölpreis. Die Folge: ein Loch im Haushalt. Denn seit Mitte 2014 ist der Ölpreis um knapp 75 Prozent zurückgegangen. Experten sehen aktuell auch kaum Gründe für einen Anstieg in alte Größenordnungen von über 120 Dollar pro Barrel.
Nach den Sanktionen
Eine halbe Million Barrel will Iran nach der Aufhebung der Export-Sanktionen nun täglich zusätzlich auf den Markt pumpen. Damit schießt sich das Land auch ins eigene Bein - denn die gestiegene Menge auf dem Weltmarkt drückt auch auf die Preise. Iran sieht aber einen anderen Grund für die fallenden Ölpreise: Erzfeind Saudi-Arabien.
Subventionsstopp statt Luxusbauten
Saudi-Arabien hat sich bis zuletzt gegen eine Drosselung der Fördermenge gestellt, um die US-Frackingkonkurrenz und den Erzfeind Iran am Boden zu halten. Doch nun ist auch der zweitgrößte Ölexporteur der Welt in Schieflage geraten. Der IWF warnte bereits vor einem massiven Haushaltsdefizit. Die Saudis wollen jetzt Steuern einführen und Subventionen auf Nahrungsmittel und Strom kürzen.
Wie lange halten die Töpfe
Genau wie in Saudi-Arabien geht es auch in Katar, Oman und in den Vereinigten Arabischen Emiraten an die Reserven. Die reichen Wüstenstaaten verfügen alle über noch sehr große Staatsfonds. Zusammen kommen die sechs Golfstaaten aber bereits jetzt auf ein Haushaltsdefizit von 260 Milliarden Dollar, so eine Schätzung des Geldhauses JP Morgan.
Vor dem Machtwechsel?
Da hilft auch Nachlesen nicht: Venezuela verfügt über die größten Erdölreserven der Welt. Jahrelang hat die sozialistische Regierung mit den Öleinnahmen ihre breiten Sozialprogramme finanziert. Nun rief Präsident Nicólas Maduro den Wirtschaftsnotstand aus. Der Rückhalt für seine Politik in der Bevölkerung schwindet seit einem Jahr - beinahe parallel zum fallenden Ölpreis.
Bohren, Bohren, Bohren und jetzt?
Dank der Fracking-Technologie sind die USA zum größten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen. Doch der niedrige Preis macht das Fracking vielerorts unrentabel. Die USA zählen auch zum größten Energie-Verbraucher der Welt. Autofahrer freuen sich über extrem günstige Spritpreise und investieren in große Autos - eine Gefahr wiederum für die Umwelt.