Im Fußballhimmel und auf Erden
Was Fußball und Religion verbindet? Das "Wunder von Bern", der "Heilige Rasen", die "Kutten" der Fans: da sind mehr Paralellen, als man glauben möchte. Die Fußball-WM in Brasilien wirft ihre göttlichen Schatten voraus.
Zwischen Abseits und Jenseits
Der Fußballgott macht die Tore. Der Rasen ist heilig. Der Trainer predigt in der Kabine. Die Fans pflegen ihre Bräuche wie religiöse Rituale. Gerät da selbst der Papst ins Fußballfieber? Fußballfreunde und Gläubige reiben sich verwundert die Augen: Abseits und Jenseits sind sich näher als man glaubt.
Das Wunder von Bern
Götterdämmerung: Bei der Fußballweltmeisterschaft 1954 geschieht das "Wunder von Bern". Deutschland schlägt überraschend Ungarn und wird Weltmeister. Hörfunkreporter Herbert Zimmermann jubelt über die Glanzparaden des deutschen Nationaltorwarts Toni Turek: "Turek, Du bist ein Teufelskerl! Turek, Du bist ein Fußballgott!"
Die Hand Gottes
Gott am Ball: Eine überirdische Macht hat ihre Finger im Spiel gehabt. "Es war die Hand Gottes und ein bisschen mein Kopf", erwidert Diego Maradona auf die Frage, ob er das entscheidende Tor für Argentinien im WM-Viertelfinale 1986 mit der Hand erzielt habe. Diese Autogrammkarte ruft das Geschehen in Erinnerung.
Der Fußballgott ist ein Ostwestfale
Frühjahr 2014: Die Zweitliga-Mannschaft des SC Paderborn 07 steigt in die erste Bundesliga auf, in das Oberhaus des deutschen Fußballs. Beinahe wäre Gott der Doppelschlag gelungen: Doch leider - da half kein Beten - schaffte das andere ostwestfälische Team von Arminia Bielfeld den Klassenerhalt nicht .
Fußball-Gottesdienst
Wie Borrussia Dortmund haben viele Fußballvereine ihren Ursprung in der kirchlichen Jugendbewegung. Früher betrieb die katholische Deutsche Jugendkraft (DJK) einen eigenen Ligabetrieb - samt Meisterschaft und Länderspielen. Auch 100 Jahre nach der Vereinsgründung fühlen sich BVB-Anhänger mit der Kirche verbunden, wie dieser Vereinsgottesdienst in der Kirche Heilige Dreifaltigkeit zeigt.
Helden oder Heilige?
Zum 100. Geburtstag der Frankfurter Eintracht hat Anhänger Günter Keim eine Collage aus mehr als 1000 Bildern von herausragenden Gestalten der Vereinsgeschichte genäht - als Zeichen seiner Verehrung für den Verein. Der "Heldenteppich" ist mehr als 13 Meter lang.
Heiliger Rasen
Der Fußballbetrieb bringt jede Menge "Reliquien" hervor. Im Jahr 1990 wird Deutschland in Italien Fußball-Weltmeister. Die Fangemeinde der deutschen Nationalmannschaft sichert sich ein Stück Grün des Fußballplatzes. In Plexiglas konserviert, erinnert es bis heute an den Titelgewinn.
Die Liturgie der Stadien und ihre Rituale
Wie in Kirchen, so verlangt die Liturgie auch in Fußballstadien nach Ritualen. Hier erheben Sängerknaben, dort die Fans ihre Stimme. Hier ziehen Messdiener, Lektoren und Priester ein, dort Schiedsrichtergespann, Mannschaften und Fußballkinder. Fans intonieren Vereins- und Spielernamen. Die Inbrunst der Stadionbesucher würde jedem Gottesdienst zur Ehre gereichen.
Pokalhelden
Ob während der Messe oder nach dem Sieg – im Pokal materialisiert sich der Triumph. Und im Hochhalten des Pokals findet jede Feier ihren Höhepunkt. Nach dem Abpfiff treten die Akteure vor ihre Fangemeinde, um die Huldigungen zu empfangen und gleichsam einen Segen zu spenden. Dann schlägt die Stunde der Autogrammjäger.
Voodoo im Spiel
Die Voodoo-Figur aus Westafrika soll durch Zauber die Entscheidungen des Unparteiischen beeinflussen. So sollen Schlösser, Kette und hölzerner Pflock den Schiedsrichter schon mal daran hindern, ein Spiel abzupfeifen.
Lebensinhalt
Der Fußball begleitet Fans inzwischen von der Wiege bis zur Bahre. Fußballjünger kleiden ihren Nachwuchs in Vereinsfarben. Manche heiraten im Mittelkreis. Andere lassen sich auf Vereinsfriedhöfen beisetzen. Sogar Bestattungen in Vereinsfarben – wie hier in Dortmund – sind möglich.
Der Fußballheilige
Manch ein Fußballfan sucht Beistand von oben: Im Jahr 2010 legte die katholische Kirche einen eigenen Heiligen für den Fußball fest – den Franziskanermönch Luigi Scrosoppi, zu sehen bis 14. September in der Ausstellung "Im Fußballhimmel und auf Erden. Was Fußball und Religion verbindet" in der Stiftung Kloster Dahlheim, unweit von Paderborn.