Husni Mubarak lehnt Rücktritt ab
11. Februar 2011In der live im Staatsfernsehen übertragenen Rede versprach Mubarak am Donnerstagabend (10.02.2011), er werde auf die Forderungen der Demonstranten eingehen, aber nicht auf ausländischen Druck reagieren. Sein Ziel sei ein sanfter Machtübergang im Konsens mit allen Bevölkerungsgruppen, und er sehe sich in der Verpflichtung, diesen mit durchzuführen. Dazu sei ein konstruktiver nationaler Dialog mit der Opposition und dem Militär eingeleitet worden.
Den von der Protestbewegung geforderten Rücktritt lehnte Mubarak auch am 17. Tag der Massenproteste gegen seine Herrschaft ab. Er werde bei der Wahl im September nicht mehr antreten. Dies hatte er bereits vor neun Tagen mitgeteilt.
Vizepräsident übernimmt von Mubarak Kompetenzen
Mubarak sagte, er habe die Änderung von sechs Artikeln der Verfassung veranlasst, darunter auch die Bestimmungen über die Zulassung von Kandidaten zur Präsidentenwahl. Außerdem versprach er, die für die Gewalt Verantwortlichen zu bestrafen.
Mubarak kündigte zudem an, dass er Kompetenzen an seinen Vizepräsidenten Omar Suleiman übergeben werde. Das Ausmaß dieser Machtübergabe blieb jedoch unklar. Offen ließ Mubarak auch, welche Folgen diese Entscheidung für seine Rolle als weiterhin amtierender Präsident haben wird.
Verärgerte Demonstranten
Hunderttausende hörten auf dem Tahrir-Platz in Kairo der Rede zu. Still war es bis zum Ende. Doch dann brach ein Sturm der Entrüstung los. Zehntausende geballte Fäuste reckten sich in die Luft. Sprechchöre verlangten: "Erhal!" - Verschwinde! Viele schwenkten ihre Schuhe über ihren Köpfen - ein Zeichen der Missbilligung.
Der ägyptische Oppositionspolitiker Mohamed ElBaradei warnte in drastischen Worten vor der Enttäuschung, die Mubarak mit seiner Rede hinterlassen habe: "Ägypten wird explodieren. Die Armee muss das Land jetzt retten", schrieb der Friedensnobelpreisträger auf dem Nachrichtendienst Twitter.
Unbefriedigte Erwartungen
Der Rede waren große Erwartungen vorausgegangen. Sie waren am Nachmittag auch von liberaleren Regimevertretern geweckt und geschürt worden. Er hoffe, dass der Präsident seinen Rücktritt bekanntgeben werde, meinte der neue Chef der Regierungspartei NDP, Hossam Badrawi. Die Armee veröffentlichte ein rätselhaft formuliertes Kommuniqué. Darin war von der "Unterstützung der legitimen Forderungen des Volkes" die Rede. Der "Schutz der Verfassung" kam darin nicht mehr vor. Mubarak beruft sich aber eben auf die Verfassung, um die Notwendigkeit seines formalen Verbleibs im Amt zu rechtfertigen.
Rede von Suleiman
Suleiman forderte nach der Rede Mubaraks ein Ende der Proteste. In einer eigenen vom Fernsehen übertragenen Ansprache rief Suleiman die Demonstranten auf, nach Hause zu gehen. Er forderte von ihnen zudem, die Arbeit wieder aufzunehmen. Neben den Protesten der Opposition hatten landesweite Streiks den Druck auf die Regierung in den vergangenen Tagen verstärkt. Zehntausende Beschäftigte in Kairo und weiteren Städten legten die Arbeit nieder und versammelten sich zu Kundgebungen.
Reaktion der Bundesregierung
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich enttäuscht über Mubaraks Auftritt. "Diese Rede hat keine neuen Perspektiven aufgezeigt. Sie war nicht der erhoffte Schritt nach vorn", sagte Westerwelle in New York. "Ich fürchte, dass diese Rede keine befriedende Entwicklung in Ägypten entfalten kann." Die Sorgen der Bundesregierung seien "eher größer und nicht kleiner" geworden. Mit Blick auf die Demonstranten in Kairo betonte der Minister, dass jetzt "keine Gewalt angewendet" werden dürfe. "Wir setzen auf eine friedlichen Wandel." Westerwelle hält sich für eine Sitzung des Weltsicherheitsrates in New York auf. Vor der Stellungnahme hatte er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert.
Obama unzufrieden mit Mubarak
Auch US-Präsident Barack Obama zeigte sich unzufrieden und verschärfte seine Kritik am Vorgehen der Regierung in Kairo. In der Nacht zum Freitag erklärte Obama, dem ägyptischen Volk sei eine "Übertragung der Macht" versprochen worden, aber es sei bisher nicht eindeutig, ob dieser Übergang "unverzüglich, bedeutungsvoll und ausreichend" sei. Obama rief die ägyptische Führung auf, sich "klar" gegenüber dem eigenen Volk und der Welt zu äußern. Das sei ihre Verantwortung.
Der US-Präsident betonte, die ägyptische Regierung müsse einen "glaubwürdigen, konkreten und unmissverständlichen Pfad in Richtung einer echten Demokratie einschlagen". Sie habe die Gelegenheiten dazu bisher verstreichen lassen.
Autor: Martin Schrader (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Ulrike Quast