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Horst-Eberhard Richter ist tot

20. Dezember 2011

Er galt als Vordenker der deutschen Friedensbewegung und Pionier der psychoanalytischen Familienforschung: Horst-Eberhard Richter. Nach schwerer Krankheit ist Richter in Gießen gestorben. Er wurde 88 Jahre alt.

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Horst-Eberhard Richter (Foto: dpa)
Psychoanalytiker und Friedensaktivist: Horst-Eberhard RichterBild: picture-alliance/dpa

Horst-Eberhard Richter engagierte sich gegen das nukleare Wettrüsten und prangerte auch die Zerstörung der Umwelt durch die Industrialisierung an. Er galt als unermüdlicher Verfechter einer entmilitarisierten Welt und setzte sich mit Beginn der Globalisierung für eine gerechte und auf sozialen Ausgleich bedachte internationale Zusammenarbeit ein.

Nun ist Richter im Alter von 88 Jahren in Gießen gestorben. Das teilte am Dienstag (20.12.2011) die deutsche Sektion der "Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW)" in Berlin mit. Nach Angaben seiner Familie starb er am Montag nach kurzer, schwerer Krankheit. Das Sigmund Freud-Institut in Frankfurt, an dem Richter tätig war, bestätigte die Nachricht.

Engagement für die Friedensbewegung

Richter hatte 1982 die westdeutsche Sektion der IPPNW mitbegründet, die 1985 den Friedensnobelpreis erhielt. Als einer der Ärzte gegen den Atomkrieg wirkte er über viele Jahre in zahlreichen Fachkongressen mit und war mit seinem kritischen Geist ein gefragter, aber auch unbequemer Gesprächspartner für politische Entscheidungsträger.

Mit seinem Werk "Alle redeten vom Frieden" wurde er 1981 zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten der Friedensbewegung. Richter war eine Stimme, die Ethik und Verantwortungsbewusstsein forderte. Dies machte er auch in Veröffentlichungen wie "Wer nicht leiden will, muss hassen" (1993), "Ist eine andere Welt möglich? Für eine solidarische Globalisierung" (2003) und zuletzt "Moral in Zeiten der Krise" (2010) deutlich.

Prägend für die Familienforschung

Horst-Eberhard Richter mit der Goetheplakette der Stadt Frankfurt
Im April 2002 erhielt er die Goetheplakette der Stadt FrankfurtBild: picture-alliance/dpa

Der Ehrenbürger der Stadt Gießen machte sich auch als Pionier der psychoanalytischen Familienforschung und -therapie international einen Namen. Sein Buch "Eltern, Kind und Neurose" aus dem Jahr 1963 wurde zum Standardwerk der Kinderpsychologie und Erziehungswissenschaft. Zu seinen bedeutendsten Werken gehört außerdem das 1979 veröffentlichte Buch "Der Gotteskomplex" zu Ohnmachtsangst und Allmachtswahn in einer wissenschaftlich-technischen Welt.

Richter wurde 1923 als Sohn eines Ingenieurs in Berlin geboren und studierte dort Medizin, Philosophie und Psychologie. Nach einer Zusatzausbildung zum Psychoanalytiker wurde er 1962 auf den neuen Lehrstuhl für Psychosomatik nach Gießen berufen. An der hessischen Universität baute er ein fächerübergreifendes Zentrum für Psychosomatische Medizin auf, das er 30 Jahre leitete. Nach seiner Emeritierung wechselte er 1992 als Direktor an das Sigmund-Freud-Institut nach Frankfurt am Main und leitete die Einrichtung bis 2002.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, dapd, epd)

Redaktion: Thomas Grimmer