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Hoffnung schwindet im Iran

Klaudia Prevezanos29. Dezember 2003

Die Überlebenden im Erdbebengebiet des Iran bekommen Hilfe aus der ganzen Welt; trotzdem müssen viele im Freien ausharren. Die Suche nach Überlebenden wurde inzwischen aufgegeben. Kritik am Krisenmanagment wird laut.

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Die Hilfe konzentriert sich jetzt auf die ÜberlebendenBild: AP

Nach der Erdbebenkatastrophe im Südosten des Irans ist die Hoffnung auf weitere Überlebende dramatisch geschwunden. Bis Montag (29.12.2003) seien nur etwa 1000 Menschen lebend aus den Trümmern geborgen worden, meldete die iranische Nachrichtenagentur IRNA. Derartige Erfolge konnten deutsche Helfer nicht bestätigen. Bislang habe man nur Leichen finden können, sagte ein Sprecher des deutschen Technischen Hilfswerka (THW). Laut der Provinzverwaltung von Kerman sind bereits 25.000 Menschen in aller Eile begraben worden. 70 Prozent der Stadt Bam lägen in Trümmern.

Nachbeben sorgen für Panik

Bei dem Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala war die 100.000-Einwohner-Stadt Bam an der Seidenstraße fast völlig zerstört worden. "Die Verwüstung ist unglaublich. Es sieht aus wie nach einem Krieg", sagte Stefan Duda vom THW. Es war nicht das stärkste, aber eines der folgenschwersten Beben der vergangenen 25 Jahre. Einige Nachbeben mit Stärken von 3,1 bis 5,3 auf der Richterskala lösten unter den Überlebenden erneut Panik aus.

In einem Wettlauf mit der Zeit suchten Helfer und Überlebende teilweise mit bloßen Händen nach Verschütteten. Bei eisiger Nachtkälte in 1000 Metern Höhe schwanden die Chancen jedoch zusehends.

Hoffnung praktisch aufgegeben

Rettungsmannschaften aus 16 Ländern unterstützen die Such- und Bergungsarbeiten. Jedoch wird die Arbeit mit Spürhunden bereits eingestellt. Der Leichengeruch, der über der Stadt liege, stumpfe auch die Suchhunde ab, hieß es. "Sie riechen nach einigen Tagen nur noch den Tod", erläuterte THW-Geschäftsführer Ganß. Außerdem seien die Tiere nach mehreren Tagen ausgelaugt und häufig durch das Graben an den Pfoten verletzt.

Die Sprecherin des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) in Genf, Madeleine Moulin-Acevedo, bezeichnete die Lage in Bam als sehr ernst, obwohl in weiten Teilen schon wieder die Strom- und Wasserversorgung funktioniere. Benötigt würden jetzt dringend Hilfsgüter wie Medikamente sowie Reis und Mehl.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) flog am Montag zwei mobile Gesundheitsstationen in den Iran. Sie bieten über drei Monate Pflege, Impfungen und Geburtshilfe für bis zu 40.000 Patienten, teilte das DRK in Berlin mit.

Kritik an iranischen Behörden

Neben Deutschland beteiligen sich auch Österreich, Großbritannien, Spanien, Italien, Tschechien, Polen, Kuwait und die USA an der internationalen Hilfe. Doch die Not der Zehntausenden von Obdachlosen im Krisengebiet ist groß: Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften in Genf brachte auf Bitten des Irans 20.000 Zelte, 200.000 Decken, 30 Stromgeneratoren und 20.000 Kerosin-Heizgeräte nach Bam.

Der staatliche Fernsehsender IRIB kritisierte überraschend deutlich das Krisenmanagement der iranischen Behörden. Die Menschen in Bam hätten rund 24 Stunden lang auf organisierten Beistand warten müssen. Sie litten unter den Temperaturen um den Gefrierpunkt, viele mussten Tag und Nacht ohne Decken im Freien ausharren.

Die Rotkreuz-Föderation geht davon aus, dass längerfristige Hilfe notwendig sein wird. Die Gesamtkosten seien noch nicht abzuschätzen, hieß es in Genf. Die Europäische Union stockte ihre Soforthilfe von 800.000 auf 2,3 Millionen Euro auf. Präsident Chatami hatte, anders als bei früheren Beben, rasch internationalen Beistand akzeptiert und außerdem die Visa-Bestimmungen erleichtert.