BL-Porträt Hoffenheim
8. August 2010Vogelzwitschern und das Rauschen des Windes der durch reife Ähren streicht – das sind die Geräusche die die Hoffenheimer Profis hören, wenn sie bei der Saisonvorbereitung für einen Moment innehalten. Das neue hochmoderne Trainingszentrum liegt idyllisch am Ortsrand von Zuzenhausen, einem Örtchen mit etwas mehr als 2.000 Einwohnern. Rasenplätze, eine überdachte Laufbahn, modernste Fitnessgeräte und eine Reha-Abteilung für die Arbeit mit verletzten Profis – alles steht dem Team von Trainer Ralf Rangnick zur Verfügung. Als Saisonziel hat er erfrischenden Fußball ausgegeben, auf Platzierungen will er sich nicht festlegen. Klar ist aber, dass die Hoffenheimer wie in der vergangenen Spielzeit möglichst wenig mit dem Abstiegskampf zu tun bekommen wollen.
Ein beispielloser Aufstieg
Die Geschichte von Hoffenheim ist beispiellos im deutschen Fußball. 1990 war die Mannschaft noch in der Kreisliga aktiv. Es folgt der kometengleiche Aufstieg durch sieben Spielklassen in 18 Jahren. Gleich in der ersten Saison in der Bundesliga feiert Hoffenheim den bisherigen Höhepunkt: Mit attraktivem Fußball geht der Aufsteiger als Tabellenführer in die Winterpause. Möglich wurde das durch die finanzielle Unterstützung von Dietmar Hopp. Der SAP-Mitbegründer und Milliardär förderte den Verein, in dem er selbst als Jugendlicher gegen den Ball getreten hatte. „Das war der einzige Mannschaftssport den man betreiben konnte“, berichtet er, „es hat mich von Beginn an fasziniert und auch heute ist es noch das Einzige was ich mir im Fernsehen anschaue.“
Mäzenatentum mit Köpfchen
Was Hopp nicht wollte ist ein Verein als Spielzeug, wie beispielsweise der FC Chelsea unter Roman Abramowitsch. Der Unternehmer pumpt seine Millionen mit Bedacht in den Club. Er legt großen Wert auf die Nachwuchsarbeit und sicherte sich früh die Unterstützung aus der Region. Denn ein Bundesligabetrieb in einer ländlichen Region wie dem Kraichgau braucht nicht nur Fans, sondern auch die nötige Infrastruktur. Seit 2009 kicken die Profis in der neuen Rhein-Neckar Arena direkt an der Autobahn A6. Auch diesen Bau hat Hopp vorangetrieben. Schätzungsweise 200 Millionen Euro hat er in den vergangenen 20 Jahren in den Club investiert.
Vielseitige Trainingsmethoden
Als Fußball-Professor wurde Ralf Rangnick in Bundesligakreisen verspottet. In Hoffenheim hat er ein Umfeld, das er nach seinen Vorstellungen eingerichtet hat. Das moderne Trainingszentrum ist nun ein weiterer Baustein. Rangnick legt großen Wert auf ein offensives taktisches Konzept. Seine Spieler versucht er mit neuen, teilweise auch außergewöhnlichen Ideen aus der Reserve zu locken. So verlängerte er im Juli kurzerhand die Spielzeit bei einer Benefizpartie und ließ seine Profis 110 statt 90 Minuten hinter dem Ball herjagen. „Es ist sehr vielfältig, Fechttraining, Boxtraining. Täglich lerne ich hier dazu und habe die Möglichkeit mich weiter zu entwickeln“ berichtete Verteidiger Andreas Beck schon vor längerer Zeit über die Trainingsarbeit unter Rangnick.
Der Kader: jung aber eingespielt
Personell kann Rangnick auf Bewährtes zurückgreifen. Mit den Nationalspielern Beck und Weiss in der Abwehr, Salihovic und Eduardo im Mittelfeld und Ibisevic im Angriff ist ein gutes Gerüst im Team vorhanden. Drei junge Spieler aus der eigenen Jugend rücken zu den Profis auf, außerdem wurde mit Perpiel Mlapa ein junger Angreifer von 1860 München verpflichtet. Alle stehen im Dienst des schönen Fußballs, den Ralf Rangnick als Ziel ausgegeben hat. Er, sein Förderer Dietmar Hopp und die Fans hoffen, dass der schöne Fußball in der kommenden Saison wieder so erfolgreich wird wie in Hoffenheims erster Spielzeit in der Bundesliga.
Autor: Jens KrepelaRedaktion: Wolfgang van Kann