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Bologna-Prozess nicht abgeschlossen

29. April 2009

Europäische Studiengänge sollten vergleichbar und eine Referenz für Nachwuchs-Wissenschaftler werden. Das war das Ziel des Bologna-Abkommens, das vor zehn Jahren auch Schweden unterzeichnete. Bei der Umsetzung hapert es.

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Auch die Uni Stockholm lockt ausländische StudierendeBild: Karmosin

"Sehr gut", "gut" und "nicht bestanden" lauteten in Schweden die Benotungen an der Universität - vor der europäischen Vereinheitlichung des Hochschulwesens. Um die Ziele der Erklärung von Bologna auch in Schweden umzusetzen, haben einige Hochschulen im Land inzwischen das siebenstufige europäische Benotungssystem eingeführt. Das soll es möglich machen, Studienabsolventen aus Schweden und beispielsweise Deutschland objektiv zu vergleichen. Zudem gibt es im Königreich seit 2007 eine Reihe neuer, zweijähriger Masterstudiengänge.

Umstellung der Unterrichtssprache auf Englisch kein Gewinn

Studentin Emma gefällt das Angebot. Nur die neue Unterrichtssprache Englisch habe die Lehre verschlechtert, sagt die schwedische Studentin, die einen Masterstudiengang gewählt hat. "Mit der Umstellung auf Englisch hat sich einiges verändert. Lehrer, die vorher gut waren, wirkten plötzlich gehemmt", erzählt sie. Sie hätten vielleicht drei bis vier Austauschstudenten im Kurs gehabt, die anderen 24 Teilnehmer seien Schweden gewesen - trotzdem habe der Unterricht auf Englisch stattfinden müssen. "Ich habe daher für mich entschieden, dass es mir nichts bringt, zwei Jahre auf diese Weise zu studieren und auf ein Jahr verkürzt", sagt sie.

Student mit WLan
Die Reform soll den Austausch mit internationalen Studenten erleichternBild: AP

1999 wurde der Bologna-Prozess offiziell gestartet, doch endgültig umgesetzt ist er in Schweden bis heute noch nicht. Die Studienpläne für mehr als 300.000 Studenten mussten umgeschrieben werden - das geschah zum 1.Juli 2007. Umgerechnet etwa drei Millionen Euro reservierte die Regierung damals für den Umstellungsprozess. Doch das Geld reiche hinten und vorne nicht, klagten die Hochschulen.

Für Åsa Lindberg-Sand, die den Bologna-Prozess wissenschaftlich erforscht hat, ist das nicht verwunderlich: "Innerhalb von elf Jahren sehen wir hier eine Umstrukturierung eines ganzen Hochschulwesens." Es würde eine gemeinsame Sprache für das entwickelt, was man erreichen wolle und es würden die Möglichkeiten für den internationalen Studienaustausch erweitert, meint sie. Lindberg-Sand hält es für phantastisch, bei einer solchen Entwicklung dabei sein zu können.

Ziel "Mobilität erleichtern" erreicht?

Besonders die Anerkennung von Studienjahren im Ausland ist in der Vergangenheit immer wieder Stein des Anstoßes gewesen. Das war auch bei Emma nicht anders, die ein Jahr in Frankreich studierte. Die Kurse seien auf Französisch abgehalten worden und in Schweden nicht vollständig anerkannt worden. Zwar wurde immer eine gewisse Zahl Studienpunkte angerechnet, trotzdem musste sie noch einmal einen gleichwertigen schwedischen Kurs absolvieren.

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Viele fragen sich, ob die Kosten den Nutzen übersteigenBild: AP

Dabei ist ein Auslandsaufenthalt für jeden Akademiker wichtig, findet die Schwedin: "Ich wollte weg, meinen Horizont erweitern, mein Fach auch mal im Spiegel eines anderen Landes sehen. Ich hoffe auch, dass ich mein Wissen einmal international einsetzen kann." Das habe sie allerdings einiges gekostet. Wegen dieses Jahres im Ausland müsse sie nun ihren Masterstudiengang um ein Jahr verkürzen, denn die staatliche Unterstützung reiche für ein zusätzliches Studium nicht aus.

Zu hohe Gebühren als Hürde für Auslandsaufenhalte

Dass viele schwedische Studenten zögern, einen Teil ihres Studiums im Ausland zu absolvieren, führt Gunnar Enequist vom schwedischen Hochschulwerk auch darauf zurück, dass ein Austauschjahr in vielen Lehrplänen nicht vorgesehen ist. Eine Untersuchung des Schwedischen Rundfunks hat ergeben, dass vor allem mangelnde Information die Ursache ist, gefolgt von hohen Gebühren. Gunnar Enequist ist der Meinung, dass hier die Dozenten als leuchtende Beispiele vorangehen sollten: „Wir brauchen Programme, um die Mobilität der Dozenten zu erhöhen. Sie selbst müssen Erfahrungen sammeln, im Ausland zu unterrichten“, fordert er. Wer das gemacht habe, hätte heute aber keine Vorteile gegenüber anderen Mitkonkurrenten. Eher würde der anerkannt, der zu Hause im Kämmerlein sitze und Studien verfasse. Das sei leider trist.

Autorin: Agnes Bührig
Redaktion: Mareike Röwekamp