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Gefängnis für Banker

4. Juli 2008

Neun Mitarbeiter der früheren Gewerkschaftsbank BAWAG sind zu teils hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Sie hätten dem Geldhaus einen Schaden von 1,7 Milliarden Euro beschert, so das Wiener Landesgericht.

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Hohe Haftstrafe für den Hauptangeklagten, Helmut ElsnerBild: AP

Im größten Wirtschafts-Strafprozess der österreichischen Geschichte hat das Wiener Landgericht am Freitag (4.7.2008) unerwartet hohe Gefängnis- und Geldstrafen gegen acht ehemalige Vorstandsmitglieder der Ex-Gewerkschaftsbank BAWAG und einen Spekulanten verhängt.

Österreichs ehemals viertgrößte Bank hatte durch abenteuerlichen Spekulationen in den USA und in der Karibik zwischen 1991 und 2003 insgesamt 3,2 Milliarden Euro verloren und stand 2006 kurz vor der Pleite. Weil Sparer in Massen ihr Geld abhoben, wäre das Geldhaus beinahe zusammengebrochen. Es musste durch Kapitaleinschüsse der nicht erfreuten Konkurrenten und eine Staatsgarantie gerettet werden. Die Gewerkschaft musste die Bank verkaufen. Heute führt sie der US-Fonds Cerberus.

Untreue, Betrug, Bilanzfälschung

Nach insgesamt 116 Verhandlungstagen verurteilte die Vorsitzende Richterin, Claudia Bandion-Ortner, den Hauptangeklagten und früheren Vorstandschef der Bank, Helmut Elsner (73) zu neuneinhalb Jahren Gefängnis wegen Untreue, Bilanzfälschung und besonders schweren Betrugs. Sein Amtsnachfolger, der heute 67jährige Johann Zwettler, muss für fünf Jahre ins Gefängnis. Der in den USA lebende Spekulant Wolfgang Flöttl (52) erhielt eine zweieinhalbjährige Haftstrafe, von der er zehn Monate absitzen muss. Der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Günter Weninger, wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, davon sechs Monate ohne Bewährung.

Die Angeklagten wurden für schuldig befunden, nicht nur Milliardensummen veruntreut, sondern die Verluste durch Bilanzfälschungen vertuscht zu haben. Bis auf einen Angeklagten müssen alle Verurteilten zumindest einen Teil ihrer Haftstrafen absitzen. Mit Ausnahme Flöttls kündigten alle Verurteilten Berufung gegen das Urteil an.

75 Millionen Euro Schadenersatz

Alle neun Verurteilten müssen der BAWAG Schadensersatz von zusammen über 75 Millionen Euro leisten. Elsner, der als einziger während des Prozesses in Untersuchungshaft saß, muss zusätzlich seine Pensionsabfindung von 6,8 Millionen an die BAWAG zurückzahlen. Spekulant Flöttl, Sohn eines früheren BAWAG-Vorstandschefs, hatte während des Verfahrens zusammen mit Aufsichtsratschef Weninger ein Teilgeständnis abgelegt.

Die Richterin verwies die Hauptgeschädigten für weitere Schadensersatzforderungen an die Zivilgerichte. Flöttls Anwalt erbat sich vom Gericht Bedenkzeit für die Annahme des Urteils. Seine Frau, die Enkelin des früheren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower, hatte dem Gericht 5 Millionen Dollar Schadensersatz angeboten, wenn Flöttl die Haft erspart bliebe.

Bankenskandal mit internationalen Verstrickungen

Der Skandal war im Oktober 2005 ans Licht gekommen, nachdem Ex-Vorstand Zwettler dem in Schwierigkeiten geratenen früheren Chef der New Yorker Brokerfirma Refco, Phillip Bennett (59), an einem Wochenende mehr als 400 Millionen US-Dollar überwiesen hatte, um

dessen Pleite abzuwenden. Bennet hatte eng mit den BAWAG-Chefs zusammengearbeitet und Hunderte von Millionen von den Wiener Gewerkschaftsbankern erhalten. Er wurde am Donnerstag in New York zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er sich in allen Anklagepunkte schuldig bekannt hatte. Die Anklage lautete unter anderem auf Betrug, Geldwäsche und Verschwörung. (leix)