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Haftstrafen für tödliche Attacke

Richard Fuchs15. August 2013

Die Prügelattacke gegen Jonny K. bewegte letztes Jahr die Nation. Der 20-Jährige starb in Berlin, nachdem er von sechs betrunkenen Jugendlichen angegriffen wurde. Die Täter müssen nun für mehrere Jahre ins Gefängnis.

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Die Angeklagten Osman A., Melih Y. und Hussein I. (von links) verstecken ihr Gesicht hinter Zeitungen. (Foto: Reuters/ Fabrizio Bensch)
Bild: Reuters/Fabrizio Bensch

Zehn Monate nach dem Tod von Jonny K. hat das Berliner Landgericht nun die Täter verurteilt. "Es hat sich eine Tragödie abgespielt, bei der ein hilfsbereiter junger Mann ohne Anlass sein Leben verlor", so Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck. Er meint damit den 14. Oktober des letzten Jahres: Unweit des Alexanderplatzes in Berlin-Mitte hatte eine Gruppe junger Männer den 20-jährigen Deutsch-Thailänder so hart gegen den Kopf getreten, dass er tags darauf an Gehirnblutungen starb.

Onur U. wurde als Haupttäter verurteilt. Wegen Körperverletzung mit Todesfolge muss er eine Jugendstrafe von viereinhalb Jahren verbüßen. Der 20-jährige ehemalige Boxer hatte die randalierende Gruppe deutsch-türkischer Jugendlicher angeführt, befanden die Richter. Gegen die Mittäter, junge Männer zwischen 19 und 25 Jahren, verhängte das Gericht Haftstrafen von bis zu zwei Jahren und acht Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung. Damit endet der viel beachtete Strafprozess nach drei Monaten Verhandlungsdauer.

Trauerfeier für den bei einer Prügelattacke getöteten Jonny K. (28.10.12) in Berlin. (Foto: Clemens Bilan/dapd)
Ein Bild von Jonny K. bei der TrauerfeierBild: picture-alliance/dpa

Jonny K., Sohn deutsch-thailändischer Eltern, soll versucht haben, einen Freund zu schützen und war so selbst zur Zielscheibe einer brutalen Prügelattacke geworden. Die Täter hatten sich allerdings nicht zum Tathergang geäußert und bis zuletzt keine Verantwortung für den Tod Jonny K.s übernommen.

Debatte über Sicherheit auf öffentlichen Plätzen

Die Tat hatte die Frage ausgelöst, wie so etwas nachts auf einem der lebendigsten Plätze der Hauptstadt geschehen konnte. Eine nationale Debatte über Sicherheit an öffentlichen Orten folgte. Sowohl Bundespräsident Joachim Gauck als auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der für Sicherheit zuständige Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) sprachen sich gegen jede Form der Gewalt aus. Dass die sechs mutmaßlichen Täter allesamt türkischstämmige Jugendliche sind, sorgte besonders für öffentliche Diskussionen und für politische Brisanz in den deutsch-türkischen Beziehungen.

Sicherheitsdienst in der Berliner U-Bahn (Foto: dpa)
Wie sicher ist der öffentliche Raum? Die Attacke auf Jonny K. heizt diese Diskussion wieder anBild: picture-alliance/dpa

Denn die beiden Hauptverdächtigen des Gewaltexzesses hatten sich unmittelbar nach dem Verbrechen in die Türkei abgesetzt. Die Flucht des Hauptverdächtigen Onur U. hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu bewogen, den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan um "aktive" Fahndungsunterstützung zu bitten. Nach mehreren Monaten Flucht hatte sich der damals 19-Jährige Anfang April der Berliner Polizei gestellt. Einen Monat zuvor war auch sein vermeintlicher Mittäter Bilal K. freiwillig nach Berlin zurückgekehrt. Die anderen vier Angeklagten waren in den Wochen unmittelbar nach der Gewalttat in Berlin aufgegriffen worden und saßen seitdem in Untersuchungshaft.

Jonnys Schwester wirbt für Toleranz

"Es gibt keine gerechte Strafe für den Tod eines Menschen", kommentierte die Schwester von Jonny K. das Urteil. Tina K. beklagte die mangelnde Reue der Verurteilten. Für sie hatte die Aufarbeitung des Gewaltverbrechens schon Monate vor dem Prozessbeginn begonnen. Tina K. gründete den Verein "I am Jonny", mit dem sie sich für ein tolerantes und gewaltfreies Miteinander in der Bundeshauptstadt engagiert. "Wir sind Menschen, die sich einsetzen möchten für ein sicheres Berlin, in dem wir keine Angst haben müssen, wenn Freunde, Familie oder Kinder draußen sind", schrieb die 28-Jährige in ihrer Vereinspräambel. Und in diesem Sinne spricht die Deutsch-Thailänderin seither in Schulen und Kindergärten über Gewaltprävention. Ein ehrenamtliches Engagement, für das sie im November 2012 den Medienpreis "Bambi" erhielt.

Tina K. und ihre Mutter bei der Urteilsverkündung in Berlin-Moabit am 15.08.2013. (Photo: Sean Gallup/Getty Images)
Tina K. und ihre Mutter bei der UrteilsverkündungBild: Getty Images