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Gäste und Fisch

Wim Abbink9. Juni 2006

Deutschland mäht noch mal den Rasen, das Auto wird durch die Waschanlage gejagt und man überprüft den Sitz des freundlichen Lächelns: Ein Land macht sich fein.

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Willkommenscocktail in den ivorischen NationalfarbenBild: picture-alliance / dpa

Immerhin: Besuch hat sich angesagt. Nicht irgendein Besuch. Die Welt ist zu Gast. Bei Freunden. Da zeigt man sich gern von der besten Seite. Die üblicherweise extensive Landschaftspflege wird ausnahmsweise etwas intensiver betrieben, Ladenschlusszeiten werden (natürlich nur vorübergehend) gelockert - auch wenn sich einige ewiggestrige Gewerkschaftsfunktionäre immer noch widersetzen. In allen WM-Quartieren wurden die Gäste freundlich bis überschwänglich empfangen, es werden bunte Fahnen geschwenkt - sogar ausländische -, und auch das Wetter trägt zur allgemeinen Fröhlichkeit bei.

Warum nicht immer so, möchte man sich da fragen. Und noch gleich eine Frage hinterher: Wie geht Deutschland eigentlich mit Dauergästen um - also mit Menschen, die einen anderen Pass oder eine andere Hautfarbe mit sich rumschleppen?

Vorsintflutliche Gesinnung

Ein Fall, der sich wenige Wochen vor Beginn der WM auf dem Balkan zutrug. Nein, ich meine nicht den Balkan, sondern den deutschen. Als Balkan bezeichneten die Eingeborenen früher den Landstrich am rechten Rheinufer zwischen Bonn und Köln - weil die Region schlecht erreichbar war und nur von einem Bähnle zum Transport von bäuerlichen Erzeugnissen erschlossen wurde. Inzwischen ist die Verkehrsinfrastruktur in Ordnung, aber einige Eingeborene gibt es immer noch.

Und die tragen auch gerne mal ihre vorsintflutliche Gesinnung zur Schau. Wie ein junger Mann erfahren musste, der zwar einen unverkennbar rheinischen Slang drauf hat (immerhin hat er von seinen 21 Lebensjahren 21 Jahre im Rheinland gelebt), aber auch unverkennbar "undeutsch" aussieht. Bei einer lokalen Veranstaltung in einem alten Fischerdorf (Troisdorf-Bergheim) wurde ihm der Zutritt zum Festzelt verwehrt mit den Worten: "Dies ist keine Ausländerparty".

Diskriminierung und Alltag

Ein Fall von alltäglicher Diskriminierung, ein Bagatellfall - natürlich. Zumal in einer Zeit, in der die Landkarte der "No-go-Areas" in Deutschland fast täglich erweitert werden muss. Und in diese Kategorie passt dieser "deutsche Balkan" nun nicht wirklich. Eine Region, in der immerhin ein WM-Teilnehmer wohnt und trainiert - und begeistert empfangen wurde: Fahnen und Transparente verheißen ein herzliches Willkommen - mal exotisch ("Bienvenue"), mal eher aufs rheinische Gemüt abzielend ("Die Elfenbeinküste liegt am Rhein").

Also, es geht doch - mit der "Ausländerparty". Warum nicht auch im Alltag - und zu Zeiten, wo gerade keine Fußball-WM in Deutschland stattfindet? Besuch von Freunden ist ja immer eine schöne Sache. Oder gilt etwa noch immer die altdeutsche Redensart: "Besuch und Fisch bleibt nur drei (Spiel-)Tage frisch"?