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Politik

Große Erwartungen: Ägypten und der Afrika-Cup

Ismail Azzam kk
9. Januar 2019

Die Afrikanische Fußballunion hat sich entschieden: Die Afrikameisterschaft 2019 wird in Ägypten stattfinden. Der Druck auf das Land ist hoch. Doch die Regierung sieht die Herausforderung vor allem als Chance.

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FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018, Ägypten gegen Uruguay
Bild: picture-alliance/N.Pisarenko

Am Dienstag dieser Woche hatten die Ägypter Grund zur Freude: der Africa-Cup 2019 wird in ihrem Land stattfinden. Ägypten setzte sich bei der Vergabe gegen seinen schärfsten Konkurrenten Südafrika durch. Die beiden Länder am nördlichen und am südlichen Rand des Kontinents hatten sich beide um die Ausrichtung beworben, nachdem der afrikanische Fußballverband die Organisation noch einmal neu ausgeschrieben hatte.

Ursprünglich hatte das Turnier in Kamerun stattfinden sollen. Doch dann monierte der afrikanische Fußballverband erhebliche Verzögerungen bei der Organisation und den Sicherheitsvorkehrungen und entzog dem westafrikanischen Land die Spiele wieder. Nun steht Ägypten unter erheblichem Druck: Der Turnierbeginn ist für den 15. Juni geplant - die Zeit ist also knapp.

Besonders glücklich sind die fußballbegeisterten Ägypter. Sie wissen: Richtet ihr Land die Spiele aus, stehen die Chancen, dass ihre Mannschaft den Titel holt, besonders gut. Vier Mal fanden die Afrikameisterschaften bereits in Ägypten statt - drei der Turniere gewann die ägyptische Nationalmannschaft. Zusätzliche Feierstimmung kam auf, weil ihr Landsmann Mohamed Salah, derzeit beim FC Liverpool spielend, zum zweiten Mal in Folge als bester afrikanischer Fußballspieler ausgezeichnet wurde.

Die Ökonomie der Spiele

Fraglich ist allerdings, inwieweit das Land die Organisation der Spiele ökonomisch stemmen kann. Die einst schwindelerregende Inflation ist zwar zurückgegangen und hat sich 2018 nach Angaben der Weltbank bei 3,5 Prozent stabilisiert. Auch lag das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2016 mit 332 Milliarden US-Dollar so hoch wie nie. Zugleich aber leiden viele Ägypter weiterhin unter der wirtschaftlichen Depression, die auf den Aufstand des Jahres 2011 folgte. Ein knappes Drittel - gut 30 Prozent - der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die Arbeitslosenquote liegt offiziell bei rund 12 Prozent. Die ägyptische Regierung spricht nun von einem "Wendepunkt" der wirtschaftlichen Entwicklung, erwähnt aber auch die "Herausforderungen", denen sich das Land weiterhin gegenüber sehe.

FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018, Ägypten gegen Uruguay
Begeistert: Ägyptische Fußballfans bei der WM 2018 Bild: picture-alliance/dpa/P.Lisitsyn

Ist Ägypten angesichts dieser Umstände für die Ausrichtung der Afrika-Meisterschaften gerüstet? Ja, sagt der ägyptische Sport-Analyst Sherif Abdelkader. "Die Veranstaltung wird den Tourismus und die Wirtschaft beleben und insgesamt das Image des Landes fördern", so Abdelkader im Gespräch mit der DW. Außerdem würden die Infrastruktur, die Stadien und einige bedeutende Bauwerke profitieren. "Zudem wird das Land durch Übertragungsrechte, Werbung und Ticket-Verkauf erhebliche Einnahmen verzeichnen." Diese Erfahrung habe man bereits während der Afrika-Spiele des Jahres 2006 gemacht.

Der in Katar lebende Sportwissenschaftler Alaa Sadiq, ist weniger optimistisch. Die Ausrichtung der Spiele werde sich für Ägypten nicht rentieren. Die Einnahmen würden die Ausgaben nicht wieder hereinspielen. Südafrika habe die afrikanische Fußballunion darauf festlegen wollen, 40 Prozent der Einnahmen zu bekommen. Diese Forderung habe Ägypten nicht gestellt. Stattdessen begnüge das Land sich mit den üblichen 20 Prozent. Nur darum habe Ägypten den Zuschlag erhalten.

Ägypten blickt auf eine schwierige Zeit zurück: Das Land hatte eine Reihe terroristischer Anschläge zu verkraften, denen Dutzende Zivilisten zum Opfer fielen. Entsprechende Vorfälle während der Afrika-Spiele dürften aber auszuschließen sein, erwartet Sadiq. Die Sicherheitsbehörden seien vorbereitet. Zusammen mit Sicherheitsfirmen würden sie Spieler und Zuschauer hinreichend schützen. 

Fußball - nun wieder vor Publikum

Sportlich waren die zurückliegenden Jahre nicht rosig. Bei Ausschreitungen im Stadion von Port-Said im Jahr 2012 waren 74 Menschen ums Leben gekommen, knapp 1000 wurden verletzt. Seitdem fanden die Spiele landesweit unter Ausschluss von Stadionbesuchern statt. Die Spieler kickten vor leeren Rängen. Erst im Spätsommer 2018 wurden schrittweise wieder Zuschauer in die Stadien gelassen. Der Afrika-Cup dürften dieser Entwicklung zusätzlichen Schwung verleihen, erwartet Sherif Abdelkader. 

Ägypten Fußball Gewalt Port Said
Gewalt: Ausschreitungen im Stadion von Port Said, Februar 2012Bild: Reuters

Eine erhebliche Herausforderung stellt der hohe Zeitdruck dar. Stadien sind aufgrund der vorherigen Ausrichtungen zwar vorhanden, müssen aber in große Stil renoviert werden. Die logistischen Herausforderungen sind auch darum enorm, weil nun 24 statt wie bisher 16 Mannschaften an dem Turnier teilnehmen. Außerdem finden die Spiele erstmals im Sommer und nicht wie bislang im Winter statt. Offen ist, wie sich diese Veränderung auf die Zuschauerzahlen auswirkt.

Politische Herausforderungen

Auch politisch sind die Spiele eine Herausforderung. Seit Jahren steht Ägypten wegen seiner schlechten Menschenrechtslage in der Kritik. So attestiert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in ihrem Jahresbericht 2017 den staatlichen Behörden "unerbittliche Anstrengungen, alle kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen".

Die Regierung dürfte die Spiele nun dazu nutzen wollen, das Image des Landes zu verbessern, erwartet Alaa Sadiq. Das Regime verstehe es, den Sport seinen Zielen dienstbar zu machen. "Die Offiziellen des Landes werden die größten Nutznießer dieser Veranstaltung sein", erwartet er. "Sie wissen, wie man Sportveranstaltungen für sich arbeiten lassen kann."

Die Afrika-Meisterschaften dürften Ägypten auch mit Blick auf weitergehende Ambitionen nützlich sein, erwartet Sherif Abdelkader. "Seit 28 Jahren bemüht sich das Land um die Ausrichtung der WM. Bisher ohne Erfolg", so Abdelkader.

Zwar sei offen, ob die WM jemals in Ägypten stattfinde. "Aber die Afrika-Spiele werden Ägypten auf jeden Fall helfen, seine Beziehungen zu anderen Ländern zu verbessern." Auch dies könne man als Erfolg verbuchen. Angesichts seiner ökonomischen Situation habe Ägypten alles Recht, aus internationalen Veranstaltungen jeden erdenklichen Vorteil zu ziehen. "Jede entsprechende Veranstaltung hilft dem Land, sich international zu präsentieren." Keiner zeige das derzeit so eindrucksvoll wie der Fußballer Mohamed Salah, das Idol des ganzen Landes.

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