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Strafe braucht Alternative

Spiros Moskovou 17. September 2007

Nun kam es in Griechenland doch nicht zur erwarteten Abstrafung der konservativen Regierung wegen des schlechten Krisenmanagements bei der Brandbekämpfung. Spiros Moskovou kommentiert.

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Bild: DW

Die verheerenden Waldbrände, die Ende August weite Regionen Griechenlands in Schutt und Asche verwandelten, haben bei den vorgezogenen Neuwahlen vom Sonntag (16.9.) die konservative Regierung der "Neuen Demokratie" weitgehend verschont. Trotz kleiner Verluste verfügt die Regierungspartei im neuen Parlament über eine knappe Mehrheit der Sitze, die dem Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis erlaubt, seine Reformen fortzusetzen.

Ein neues Mandat hatte er Mitte August gefordert und er hat es bekommen, trotz des Feuerinfernos, das zum Politikum wurde und seine Gegner zu bestätigen schien, die ihn immer den "Pechvogel" nannten. Die griechischen Wähler, die ihn im Jahre 2004 nach zwanzigjähriger Alleinherrschaft der sozialistischen PASOK an die Macht brachten, schenkten ihm auch diesmal ihr Vertrauen.

Nur vordergründig alles beim alten

Alles beim Alten also in Griechenland? Ja, aber nur vordergründig. Dreißig Prozent der Griechen blieben am Sonntag (16.9.) den Wahllokalen fern, eine Wahlbeteiligung also, die nie so gering war in Griechenland seit dem Zweiten Weltkrieg. Dies war unumstritten eine Folge des insgesamt schlechten Krisenmanagements der Regierung bei den Waldbränden. Viele Griechen waren schockiert und enttäuscht wegen der mangelhaften Vorbereitung des Staates auf diese unerhörte Katastrophe und mussten erleben, dass die viel besungene Improvisationskunst der Nation doch nicht reicht, wenn es kritisch oder sogar gefährlich wird. Viele blieben schmollend zu Hause, da sie weit und breit keinen Politiker sahen, der imstande wäre, das Land der mystifizierten Tugenden in eine geordnete EU-Realität zu integrieren.

Die sozialistische Oppositionspartei PASOK unter der Führung von Giorgos Papandreou, Sohn des legendären Volksbezauberers - wie man ihn beschrieb - Andreas Papandreou, hat es nicht geschafft, aus der nationalen Tragödie vom August politisches Kapital zu schlagen. Zu offensichtlich war bei den Sozialisten der Mangel an einer überzeugenden Alternative - sowohl, was das Krisenmanagement, als auch die Zukunft des Landes betraf. Papandreou bekam sogar einen Denkzettel dafür, seine Partei verlor etwa zwei Prozentpunkte. Die innerparteilichen Rivalen haben sich schon in der Wahlnacht zu Wort gemeldet. Nun fängt der Papandreou-Thron an zu wackeln. Es ist also durchaus möglich, dass das Votum der Wähler die personelle und inhaltliche Erneuerung der PASOK beschleunigen, die Papandreou trotz entsprechender Versprechen schuldig geblieben ist.

Die kleinen Gewinner

Gewinner der Wahl und Nutznießer des Unmuts gegen die beiden großen Matadoren sind die kleineren Parteien, von denen drei die Sperrklausel von drei Prozent überwanden und ins neue Parlament ziehen: die altkommunistische KKE, die Linke Allianz, aber zum ersten Mal auch die nationalistische Partei LAOS. Deren Einzug ins Parlament bedeutet zwar keinen dauerhaften Rechtsruck der griechischen Politik, wird aber für unangenehme und xenophobe Töne in der Volksvertretung sorgen.

Die Zugewinne der kleinen Parteien bedeuten auch eine gewisse Befreiung vieler Wähler von der veralteten Rhetorik der beiden Großen. Neue Demokratie und PASOK bestimmen schon seit Jahrzehnten abwechselnd das politische Leben Griechenlands. Ihre Politik ist weitgehend ähnlich, sie unterscheiden sich nur in Nuancen. Aber die beiden Großen bekämpfen sich gegenseitig, als ob sie zwei grundverschiedene Weltanschauungen und nicht die beider Seiten derselben Münze vertreten. Das Wählervotum mahnt zu mehr Nüchternheit.

Im Schatten der Flammen

Um seine Wiederwahl "für eine bessere Zukunft" hat Kostas Karamanlis im Schatten der Flammen geworben. Aber wie sieht erst einmal die Gegenwart aus? Erste Priorität der neuen Regierung wird wohl der Wiederaufbau der verwüsteten Regionen und die Regeneration der Natur auf dem Peloponnes sein. Ein solches Unterfangen braucht nicht nur enorme finanzielle Leistungen, sondern auch eine minutiöse und konsequente Planung. Daran wird sich die neue Regierung messen lassen müssen.

Das Karamanlis-Team kann schon auf eine Reihe von Erfolgen hinweisen: die Defizitquote ist deutlich gedrückt worden, das Wirtschaftswachstum liegt bei vier Prozent, die Arbeitslosenquote ist verringert worden. Aber die allergrößten Herausforderungen stehen noch bevor: die Bekämpfung der Korruption, die überfällige Sanierung der Rentenkassen, die Reform der Hochschulbildung. Der Weg zur versprochenen besseren Zukunft wird nicht leicht.