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"Steuerhinterziehung blüht weiter"

8. August 2015

Knapp 100.000 Euro auf dem Konto eines Arbeitslosen, nicht registrierte 7,7 Millionen auf dem eines Fußballmanagers: In Griechenland ist Steuerhinterziehung, wie ein aktueller Bericht zeigt, weiterhin kein Einzelfall.

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Restaurant auf der griechischen Insel Mykonos (Foto: picture-alliance/blickwinkel)
Bild: picture-alliance/blickwinkel/P. Royer

Mehr als 5000 Unternehmer und Freiberufler hat die griechische Steuerfahndung innerhalb einer Woche unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Rund tausend Fälle, in denen Steuersünder Geld unterschlagen haben. "Die Steuerhinterziehung blüht leider weiter", sagte ein hoher Beamter des Athener Finanzministeriums der Deutschen Presse-Agentur.

Verlorene Millionen

Bei den Kontrollen zwischen Ende Juli und Anfang August sind dem Beamten zufolge mehrere außerordentliche Fälle entdeckt worden. Ein Rentner habe den Kauf von Ländereien nicht gemeldet und den Behörden somit 1,8 Millionen Euro vorenthalten, hieß es beispielweise in dem Bericht der Steuerfahndung. Knapp 100.000 Euro habe ein Arbeitsloser auf sein Konto eingezahlt, ohne erklären zu können, woher er diese Summe habe. Ein weiteres Beispiel: Gut 7,7 Millionen Euro soll ein Fußballmanager am Finanzamt vorbeigeschafft haben.

Ein zusätzliches Problem stellen die sogenannten "Schein-Registrierkassen" dar. Die in Griechenland auch als "Affenkassen" bekannten Geräte geben zwar Quittungen aus, diese werden aber nicht gebucht, wie der Finanzbeamte mitteilte. Im Laufe des Tages würden nur hin und wieder die echten Registrierkassen angeschlossen, was dazu führe, dass lediglich minimale Verkäufe registriert würden.

Ministerpräsident Alexis Tsipras im griechischen Parlament (Foto: NurPhoto)
Für Tsipras könnte es nochmal eng werden: Im Parlament braucht er eine Mehrheit für das dritte HilfspaketBild: picture-alliance/NurPhoto

Stichtag 20. August

Derweil gehen die Verhandlungen zwischen Griechenland und den internationalen Gläubigern über ein drittes Hilfspaket weiter. Nach Angaben aus EU-Kreisen soll bis Anfang nächster Woche feststehen, ob rechtzeitig vor dem 20. August eine Einigung erzielt werden kann. Für die Regierung von Alexis Tsipras ist es ein weiterer Stichtag, denn zu diesem Datum wird eine Rückzahlung von 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) fällig.

Eine Kredittranche an den Internationalen Währungsfonds (IWF) konnte Athen zuletzt fristgerecht begleichen. Die Organisation teilte mit, Griechenland habe Zinsen im Wert von 186,3 Millionen gezahlt.

Verhandlungen fast am Ende?

Das dritte Hilfspaket könnte einem Insider zufolge schon in der kommenden Woche stehen. Die Verhandlungen mit der Regierung in Athen kämen gut voran und könnten noch an diesem Wochenende abgeschlossen werden, erklärte eine Person, die mit einer Telefonkonferenz der Vize-Finanzminister der EU vertraut ist. Sollten eine Grundsatzvereinbarung und eine aktualisierte Schulden-Tragfähigkeitsanalyse bis Dienstag fertig sein, könnten Griechenlands Regierung und Parlament bis Donnerstag zustimmen.

Griechen demonstrieren in Athen gegen die Austeritätspolitik (Foto: Reuters)
In Athen demonstrieren enttäuschte Bürger gegen die befürchtete AusteritätspolitikBild: Reuters/Y. Kourtoglou

Einigung im Streitpunkt Privatisierungen

Fortschritte gibt es auch in Bezug auf Privatisierungen von griechischem Staatseigentum. Das Athener Finanzministerium erklärte, man habe sich mit den Geldgebern auf die Struktur eines Investitionsfonds geeinigt, mit dessen Hilfe die Privatisierungen organisiert werden sollen. Dieser solle eine "völlig andere Logik und Funktionsweise" verfolgen, als der im Juli 2011 gegründete sogenannte Fonds Taiped. Damit Staatsbesitz nicht überstürzt unter Wert verkauft werden müsse, könne der Fonds mit Veräußerungen warten, bis "die wirtschaftlichen Umstände günstig" seien.

Darüber hinaus lenkten die Geldgeber hinsichtlich des Umfangs der Privatisierungen ein. Bis 2018 erwarteten der IWF und die Europäische Kommission demnach nur noch vier, statt der vormals geplanten sechs Millionen Euro. Die Frage der Privatisierungen ist in Griechenland heftig umstritten. Viele Bürger werfen der früheren Regierung vor, auf Druck der Gläubiger Staatsbesitz unter Wert verscherbelt zu haben.

Kein Aufschwung in Sicht

Währenddessen hat der Euro-Krisenstaat weiter mit Deflation zu kämpfen. Im Juli seien die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,2 Prozent gefallen, teilte die griechische Statistikbehörde Elstat mit. Damit steckt Griechenland seit über zwei Jahren in der Deflation fest. Diese gilt als Gefahr für die Konjunktur, weil Konsumenten und Unternehmen in Erwartung weiter sinkender Preise, Ausgaben und Investitionen herauszögern.

nin/rb (dpa, rtr, afp)