1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Griechenland: Dritter Versuch einer Regierungsbildung

10. Mai 2012

Mit dem Sozialisten Evangelos Venizelos versucht sich seit Sonntag der dritte Parteichef an der Bildung einer griechischen Regierung. Unterdessen erhöht Brüssel den Druck auf Athen zur Überwindung des politischen Chaos'.

https://p.dw.com/p/14spL
Der Chef der griechischen sozialistischen Partei, PASOK, Evangelos Venizelos (Foto: AP)
Der Chef der griechischen sozialistischen Partei, PASOK, Evangelos VenizelosBild: dapd

Nach zwei gescheiterten Anläufen anderer Parteien übernahm der Sozialist Venizelos den nahezu unmöglich erscheinenden Auftrag, eine Regierungskoalition zu schmieden. Die Aufgabe, eine Regierung auf die Beine zu stellen, sei "nicht einfach", aber "machbar", sagte Venizelos vor der Residenz von Staatspräsident Karolos Papoulias.

Venizelos: Regierungsbildung "nicht einfach“

Dieser übertrug dem Vorsitzenden der sozialistischen PASOK-Partei das Mandat zur Regierungsbildung. Venizelos kündigte an, eine Einheitsregierung aus pro-europäischen Kräften bilden zu wollen. Der PASOK-Chef ist nach dem Konservativen Antonis Samaras und dem Linksradikalen Alexis Tsipras bereits der dritte Politiker, der sich an der Regierungsbildung versucht.

Venizelos hat nun wie seine Vorgänger drei Tage Zeit, um eine Mehrheit zu finden. Doch auch für ihn dürfte die Regierungsbildung so gut wie unmöglich sein, da die Mehrheit der Parlamentssitze von Parteien gehalten wird, die gegen das von internationalen Geldgebern verordnete Sparprogramm sind. "Die Sache ist nicht einfach", sagte Venizelos. "Ich will nicht sagen, dass ich optimistisch bin. Aber ich erkläre mich verantwortlich, das zu erreichen, von dem ich glaube, dass es im nationalen Interesse liegt."

Regierungsbildung, dritter Versuch

Im Falle eines Scheiterns

Sollte auch die von den Wählern abgestrafte PASOK-Partei an einer Regierungsbildung scheitern, ist folgendes Szenario wahrscheinlich: Das Staatsoberhaupt ruft alle Parteichefs zu sich und versucht, gemeinsam eine Lösung zur Regierungsbildung zu finden. Sollte auch dieser Versuch ohne Erfolg bleiben, wird eine Notregierung ernannt, die das Land zu Neuwahlen führt.

Chef einer solchen Regierung wird nach offiziellen griechischen Angaben der Präsident eines der drei obersten Gerichte des Landes - Areopag, Staatsrat, Rechnungshof. Die Entscheidung darüber obliegt dem Staatspräsidenten. Frühestens nach Ablauf von 20 Tagen nach der Ernennung dieses Ministerpräsidenten können Neuwahlen stattfinden. Als wahrscheinlichster Termin hierfür gilt der 17. Juni.

Griechenlands Präsident Karolos Papoulias (Foto: AP)
Griechenlands Präsident Karolos Papoulias

EU: Athen muss Reformen umsetzen

Unterdessen erhöht die Europäische Union den Druck auf Athen. Es sei zu allererst die Aufgabe der politischen Kräfte Griechenlands, im Geiste der Verantwortung zusammenzuarbeiten und zügig eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden, sagte EU-Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde-Hansen. Eine Aufkündigung des Sparprogrammes werde die EU nicht hinnehmen, machte sie klar.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wiederholte in diesem Zusammenhang die Aufforderung, dass eine künftige griechische Regierung sich an die Abmachungen mit den internationalen Geldgebern halten muss. "Wir sind bereit, Griechenland bei der Umsetzung der Reform-Agenda zu helfen", sagte seine Sprecherin Im Gegenzug für die Hilfszahlungen muss Athen massiv sparen und Reformen umsetzen.

Die Europäsche Zentralbank (EZB) machte ihrerseits deutlich, dass der Geldhahn bei einer Abkehr vom Sanierungskurs zugedreht wird: "Das Land kann keine weitere Hilfe erwarten, wenn es die Reformen nicht vorantreibt", mahnte EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny. Griechenland droht bereits Ende Juni das Geld auszugehen, wenn bis dahin keine neue Regierung im Amt ist und die Spar-Zusagen gegenüber den internationalen Helfern einhält.

Eine Milliarde Euro weniger

Trotz der Unsicherheit über die politischen Machtverhältnisse erhält das hochverschuldete Land kurzfristig eine weitere internationale Finanzspritze. Das Direktorium des Euro-Krisenfonds EFSF entschied allerdings in Luxemburg, von der zugesagten Kreditrate in Höhe von 5,2 Milliarden Euro vorerst nur 4,2 Milliarden Euro zu überweisen. Die noch ausstehende Milliarde werde vor Juni nicht gebraucht, hieß es.

Wie schlecht die Wirtschaftslage ist, zeigten die jetzt für Februar veröffentlichten Arbeitslosenzahlen. Die Arbeitslosenrate stieg auf 21,7 Prozent. Den von der Statistikbehörde in Athen veröffentlichten Daten zufolge waren in dem Monat fast 1,171 Millionen Menschen ohne bezahlte Arbeit. Vor einem Jahr lag die Rate noch bei 15,2 Prozent. Griechenland befindet sich im fünften Jahr in Folge in einer Rezession.

Schlange vor einem Arbeitsamt in Athen (Foto: AP)
Griechenlands Arbeitslosenrate stieg im Februar auf 21,7 Prozent.Bild: dapd

GD/qu (dpa, afp, rtr, dapd)