Gorch Fock auf unbekanntem Kurs
Generationen deutscher Offiziers-Anwärter lernten auf der Gorch Fock Fleiß, Teamarbeit und Disziplin. Weil die Kosten für die Sanierung des Marine-Schulschiffs explodieren, könnte der Segler zum Museumsfall werden.
Von der See ins Trockendock
Die Gorch Fock unter vollen Segeln vor der Kieler Förde. Lange ist das her. Seit drei Jahren liegt das Schulschiff der Bundesmarine auf dem Trockenen - in dem Dock einer Werft bei Bremen. Anfangs ging es um vermeintlich kleinere Kollisionsschäden, dann stellte sich heraus: Der einstmals so stolze Dreimaster ist völlig durchgerostet und muss generalsaniert werden.
Ministerin in der Bredouille
Die Verteidigungsministerin beim Blitzbesuch vor dem Trockendock der Gorch Fock. Ursula von der Leyen beunruhigen die stark gestiegenen Sanierungskosten. Anfangs wurden die Ausgaben auf rund zehn Millionen Euro veranschlagt, mittlerweile belaufen sich die Schätzungen auf 135 Millionen Euro. Zeitungen berichten über Korruptions-Vorwürfe und Fehlplanungen. Die Reparaturarbeiten wurden ausgesetzt.
Der rostige Rest
Von der Leyen wird vom Kommandanten der Gorch Fock, Nils Brandt, durch das Schiff geführt. Angesichts rostiger Metallwände ist der Segler kaum noch als Stolz der Marine zu erkennen. Die Ministerin kündigt an, dass sie den weiteren Kurs binnen einiger Wochen festlegen werde. Offenbar scheut sie sich, das halbe Wrack trotz umstrittener Sanierungskosten als Museumsschiff in Rente zu schicken - noch.
"Botschafter Deutschlands"
Schlank und elegant glitt die Gorch Fock jahrzehntelang über die Meere. Vom Stapel lief sie am 23. August 1958. Ihre Maße: Zwölf Meter breit, 89,3 Meter lang. Die Fläche ihrer 23 Segel erreichen fast 2000 Quadratmeter. Das Schiff ist als "Botschafter Deutschlands" weltweit bekannt geworden. 1964 vertrat es Deutschland bei der Weltausstellung in New York.
Alle an einem Seil
Besatzungsmitglieder setzen beim Auslaufen des Segelschulschiffs aus dem Marinehafen in Kiel die Segel. Bei einer Stammbesatzung von 85 Matrosen werden in der Regel pro Lehrgang rund 140 Offiziersanwärter geschult. Voraussetzung: geistige und vor allem körperliche Fitness. Gerade beim Segelsetzen sind Teamarbeit, Koordination und Disziplin gefordert. Die See verzeiht keine Fehler.
Tragischer Todesfall
Am 7. November 2010 kommt eine 25-jährige Offiziersanwärterin nach einem Sturz aus der Takelage ums Leben. Sie musste wie die anderen Kadetten siebenmal hintereinander auf den Mast aufentern. Ein spezielles Training für das Aufentern gibt es nicht, ebenso wenig eine Sicherung. Der Tod der jungen Soldatin löste Bestürzung aus und lässt bis heute viele Fragen offen.
Besucher an Bord willkommen
Die Gorch Fock ist in jedem Hafen ein Publikumsmagnet. Während der Kieler Woche 2011 strömten Besucher an Deck, um das riesige Steuerrad aus nächster Nähe zu bewundern. Noch ist alles klar Schiff. Niemand rechnete damit, dass der herausgeputzte Dreimaster zu einem massiven Sanierungsfall werden könnte.
Eine Zierde für jede Regatta
Einer der letzten großen Auftritte der Gorch Fock: Angeführt von dem Marine-Schulschiff startet am 27.06.2015 im schleswig-holsteinischen Kiel die traditionelle Windjammerparade zur Kieler Woche. Die Kieler Woche gilt als größtes Sommerfest Nordeuropas und weltgrößtes Segelereignis. Ob die Gorch Fock jemals wieder in See sticht, ist allerdings ungewisser denn je.