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Golfstaaten stellen sich gegen Gaddafi

11. März 2011

Mehrere Golfstaaten stellen sich gegen den libyschen Diktator Gaddafi und sprechen sich für ein Einschreiten in dem Krisenland aus. Doch die Afrikanische Union lehnt jede militärische Einmischung in Libyen ab.

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Viele Menschen halten libysche Fahne aus der Zeit vor Gaddafis Regierung (Foto: ap)
Demonstration in Bengasi gegen Gaddafi und für eine FlugverbotszoneBild: ap

Für eine Flugverbotszone über dem Krisenland Libyen zeichnet sich vorerst keine breite internationale Unterstützung ab. Die Afrikanische Union (AU) lehne jedwedes militärische Eingreifen des Auslands in Libyen ab, teilte der für Sicherheitsfragen zuständige AU-Kommissar Ramtane Lamamra in der Nacht zu Freitag (11.03.2011) in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba mit. Die AU sei der "Einheit und territorialen Integrität Libyens" verpflichtet. Die AU werde aber ein Gremium einsetzen, das die Entwicklung in Libyen verfolgen solle, sagte Lamamra. Dieser Beobachtergruppe würden fünf afrikanische Staatschefs sowie AU-Kommissionspräsident Jean Ping angehören.

Seit mehreren Tagen wird international heftig über die Einrichtung einer Flugverbotszone über dem nordafrikanischen Land debattiert. Sie gilt als ein mögliches Mittel, mit dem die Luftangriffe der Truppen des libyschen Diktators Muammar el Gaddafi auf die Aufständischen im Land gestoppt werden könnten.

Libyerin hält Schild mit Aufschrift: No Fly-Zone (Foto: ap)
Der Aufruf dieser libyschen Frau an die internationale Gemeinschaft ist unmissverständlichBild: ap

Entscheidung der Arabischen Liga steht aus

Aufgeschlossener als die AU-Länder betrachten die arabischen Golfstaaten eine mögliche Flugverbotszone über Libyen. Sie forderten die Arabische Liga am Donnerstag zu einem Einschreiten gegen die Gewalt in Libyen auf. Dazu gehöre auch die Durchsetzung einer Flugverbotszone, teilte der Golf-Kooperationsrat (GCC) in Riad mit. In dem Rat sitzen Vertreter aus Bahrain, Oman, Kuwait, Qatar, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Außenminister dieser sechs Länger sprachen bei ihrem Treffen zudem der Herrschaft Gaddafis die Rechtmäßigkeit ab. Am Samstag wollen alle 22 Außenminister der Arabischen Liga in Kairo über ein mögliches Vorgehen in Libyen beraten.

Saif Al Islam reckt beide Fäuste in den Himmel (Foto: ap)
Gaddafis Sohn Saif Al Islam gab sich bei einem öffentlichen Auftritt siegessicherBild: ap

Der UN-Sicherheitsrat will nach Angaben aus Diplomaten-Kreisen den Beschluss der Arabischen Liga abwarten, bevor er sich mit dem Thema einer Flugverbotszone befasst. Die ablehnende Haltung der AU dürfte es dem höchsten UNO-Gremium jedoch schwer machen, für eine Flugverbotszone über Libyen zu votieren.

Humanitäre Notlage

Seit dem Beginn des Volksaufstands in Libyen Mitte Februar sind nach UN-Angaben mehr als 250.000 Menschen aus dem Land geflohen. Allein über die Grenze zum westlichen Nachbarn Tunesien hätten mehr als 137.400 Menschen das Land verlassen, sagte ein UN-Sprecher am Donnerstag in New York. 107.500 Menschen flohen demnach in das östliche Nachbarland Ägypten, 5400 weitere nach Algerien und 2200 in den Niger. Etwa drei Viertel Libyens seien von humanitärer Hilfe abgeschnitten.

Ungeachtet einer Entscheidung über eine Flugverbotszone wollen die USA "bald" Teams zur humanitären Hilfe in den Osten Libyens schicken. Das teilte der Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, Tom Donilon, am Donnerstagabend mit. Man sei auch bereit, Diplomaten zu Gesprächen mit Rebellenführern dorthin zu entsenden. Die humanitären Helfer könnten auf dem Luftweg oder auch über Land in die Rebellengebiete reisen. Hilfsgüter wolle man in die Hafenstadt Bengasi transportieren. Die Teams würden nach Absprache mit Rebellenführern geschickt, der "Defacto-Regierung" im Osten Libyens, sagte Donilon. Er betonte, dass kein militärisches US-Personal beteiligt werde.

EU-Sondergipfel

Menschen mit Koffer am Straßenrand (Foto: ap)
250.000 Menschen sind aus Libyen geflohenBild: ap

Beim EU-Sondergipfel an diesem Freitag in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs nach Angaben aus deutschen Diplomatenkreisen in Berlin über weitere Sanktionen gegen das libysche Regime beraten. Die Möglichkeit einer Flugverbotszone über Libyen werde sicher ebenfalls beraten, eine Entscheidung werde aber nicht erwartet, hieß es. Das Ziel der EU für Libyen sei zunächst der Abtritt Gaddafis.

Nordafrikanischen Ländern wie Ägypten und Tunesien wolle die EU mit einer sogenannten Transformationspartnerschaft politische und wirtschaftliche Hilfe anbieten, hieß es in den Kreisen weiter. Für die Länder im Übergang zur Demokratie werde über Zollerleichterungen nachgedacht und darüber, die Mittel der Europäischen Investitionsbank neu auszurichten. Bis 2013 stünden zudem für die EU-Nachbarschaftspolitik vier Milliarden Euro zur Verfügung, deren Vergabe noch stärker als bisher an Kriterien wie Demokratie, Beachtung von Menschenrechten und Rechtstaatlichkeit gekoppelt werden solle.

Innerhalb der EU preschte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Donnerstag bereits vor und erkannte als erstes EU-Land den von Aufständischen gebildeten Nationalrat als einzigen legitimen Repräsentanten des libyschen Volkes an. Sarkozy und der britische Premierminister David Cameron wollen die EU-Staaten bei dem Sondergipfel in Brüssel dazu drängen, diesen Schritt ebenfalls zu gehen.

Autor: Martin Schrader (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Michael Wehling