Goldglanz mit unterschiedlicher Strahlkraft
22. Dezember 2008„Jetzt ist es soweit! Benni Kleibrink weicht zurück, Yuki Ota stößt ins Leere! Er hat es geschafft!“ Der Radio-Reporter war schier aus dem Häuschen, als das 15:9 gegen den Japaner Ota feststand. Es war der 13. August in Peking, als Benjamin Kleibrink Sportgeschichte schrieb.
„Das ist natürlich eine unheimliche Ehre für mich, dass ich als erster deutscher Florettfechter Olympiasieger geworden bin“, gibt der 23jährige Bonner durchaus bewegt zu Protokoll. „Olympia findet nur alle vier Jahre statt, man bereitet sich so lange darauf vor. Es ist der Höhepunkt überhaupt im Leben.“
Doch ein weiteres Highlight sollte nur wenige Minuten später in der Fechthalle zu Peking folgen: Mit dem Degen stürmte Britta Heidemann gegen die Rumänin Ana Maria Branza zu Gold. Ein Jahr zuvor war sie bereits Weltmeisterin geworden. Aber dem Druck standgehalten zu haben, machte die Leverkusenerin beinahe sprachlos. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Olympiagold ist natürlich der Traum eines jeden Sportlers!“
„Heimspiel“ nach Überraschungssieg
Der sich zudem bei einer Art Heimspiel erfüllte. Denn seit einem Besuch in China als Schülerin zog es die 26jährige immer wieder dorthin. Heidemann studiert chinesische Regionalwissenschaften und beherrscht mittlerweile auch die Konversation in der Landessprache. „Auch viele Chinesen haben mich angefeuert, mein Bruder hat die allerdings auch ein bisschen angestiftet. Das war natürlich schon was ganz Besonderes.“
Ausnahmezustand zweifellos auch für Benjamin Kleibrink, obwohl er zuvor schon Junioren-Weltmeister war. Prompt stand der Held für einen Tag und den deutschen Medaillenspiegel im Mittelpunkt - doch was ist davon nach ein paar Monaten geblieben? „Die Termine sind deutlich weniger geworden, die Leute rufen weniger an.“ Doch der Linkshänder bleibt realistisch; „In einer Randsportart wie Fechten hat man auch als Olympiasieger nur kurz die Aufmerksamkeit. Und der Alltag kommt schnell wieder zurück.“
Fechter nur Medaillen-Lieferanten?
Letzterer findet für Kleibrink weiterhin im Olympiastützpunkt in Bonn statt. Auch wenn er künftig für Tauberbischofsheim startet, wo höhere Zuwendungen und ein Studienplatz für Medizin locken. Denn der Mann mit der Maske weiß, dass sich seine Sportart nur schwer vermarkten lässt: „Fechten taucht nur selten im Fernsehen auf, was es für Sponsoren und Athleten gleichermaßen schwierig macht. Die Leute erkennen einen nicht auf der Straße.“
Wenn da nicht Britta Heidemann wäre, die schon im Vorfeld von Peking auch als China-Expertin oder mit Modefotos in den Medien präsent war: Ob Tibet-Konflikt oder andere asiatische Befindlichkeiten – die Degen-Dame wirkte bei Interviews oder Show-Auftritten stets geschmeidig. „Die Presseanfragen sind deutlich mehr geworden“, so Heidemann. „Ich hab’ tausende Glückwünsche bekommen und von daher ist das Jahr 2008 für mich ganz gigantisch gewesen.“
Motivation statt Neidfaktor
Doch auch Benjamin Kleibrink zieht zufrieden Bilanz und schaut anerkennend auf das „Glamour Girl“ des deutschen Fechtsports: „Als amtierende Weltmeisterin hatte Britta schon ein dreiviertel Jahr Anlauf vor Olympia und hat an ihrem Image systematisch gearbeitet. Ob das so eins zu eins auf andere Leute umsetzbar ist, muss allerdings erst die Zukunft zeigen.“
Peking soll ohnehin nicht der letzte Husarenstreich für Kleibrink gewesen sein. So bleiben auch nach dem Sprung auf den Olymp noch Wünsche offen: „Natürlich verfolge ich weiter Ziele wie Weltmeister- oder Europameistertitel. Aber etwas Besseres als Olympia zu gewinnen, kann einem nicht mehr passieren!“