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Im Rentnergarten

Alexander Budde1. Oktober 2008

Flotte Alte ziehen mit Laufstöcken durchs Gebirge und springen im Winter ins Eisloch. Skandinaviens Rentner sind fit. Und wer es nicht ist, für den gibt es in Stockholm jetzt den ersten Spielplatz für Alte.

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Kinder beim Schaukeln (Quelle: AP)
Schaukeln und Toben jetzt auch für die Alten?Bild: AP

Schüsse bellen durch den Wald. Kein Elch weit und breit zu sehen. Oben auf seinem Hochsitz lädt Lars die Flinte nach. Unten bricht Panik aus. Kreidebleich flüchten die Jagdkumpane aus dem Unterholz. Denn die nächste Kugel könnte jeden treffen. Lars ist 82 Jahre alt. Der Mann sieht schlecht, hört noch viel schlechter. Man müsste sich anschleichen, den Greis entwaffnen, bevor es Tote gibt.

Jede Menge Arbeit für Alte

Glückliches Seniorenpaar (Quelle: Bilderbox)
In Schweden sind 70 Prozent der 55- bis 65-Jährigen erwerbstätigBild: bilderbox.com

Über die Geschehnisse im Walde reden sie nur ungern, die Elchjäger von Agunnaryd in der südschwedischen Provinz Småland. Doch die Geschichte vom Flinten-Lars macht deutlich, dass der Wandel nicht nur Gutes bringt: Immer mehr rüstige Rentner bevölkern das Land im Norden und wollen wie selbstverständlich im öffentlichen Leben mitmischen - notfalls auch mit Waffengewalt. Sie machen Ski-Pisten, Autobahnen und ganze Wälder unsicher und sorgen dafür, dass Schweden auch im internationalen Vergleich nicht mehr frisch aussieht. Denn jeder fünfte Bewohner des Landes ist im Rentenalter und die demographische Uhr tickt unerbittlich weiter.

Im Norden ist man bemüht, die Potenziale des Alters zu nutzen: In Schweden sind rund 70 Prozent der 55- bis 65-Jährigen erwerbstätig. Auch in Dänemark, Norwegen und Finnland werden ergraute Fachkräfte heftig umworben. Mit flexiblen Arbeitszeiten, kostenlosen Fitnesskursen und regelmäßigen Gesundheitschecks gehen Personalchefs dort auf die besonderen Bedürfnisse ihrer Schützlinge ein.

Nicht rumsitzen - aktiv werden

Gruppe älterer Nordic Walker (Quelle: DPA)
Noch vor wenigen Jahren wurden ältere Nordic Walker häufig belächeltBild: dpa

Immerhin, Naturburschen wie Flinten-Lars, der am Ende von seinen Gefährten überwältigt wird, zimmern ihre Hütte noch selbst. Doch es gibt auch die Trägen, die kaum noch die Wohnung verlassen, mit steifen Gelenken auf dem Sofa liegen und im Fernsehen fragwürdigen Gesangseinlagen lauschen.

Für diese schlaffe Klientel haben sich die Stadtväter im Stockholmer Vorort Hökarängen nun ins Zeug geworfen. Und den ersten Spielplatz für Alte gestaltet. In einem grünen Innenhof der Plattenbausiedlung laden nun allerhand Sprossenwände, Klimmstangen und Hindernis-Parcours zur körperlichen Ertüchtigung. Eine staatlich geprüfte Sport-Pädagogin hilft der Kundschaft aus dem Rullator, gibt nützliche Tipps, wie man den Rücken dehnt und den Bizeps stärkt.

Zahlreich strömen die Alten zum Spielplatz. Manche bringen auch ihre Enkel mit. Ein fröhliches Turnen, über alle Generationen hinweg. Logisch weitergedacht, könnte man die Altvorderen gleich gemeinsam mit dem Nachwuchs im Kindergarten abgeben. Eine gute Idee eigentlich. Ich vermute, dass die schwedischen Sozialingenieure gerade schon daran arbeiten.