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Hass im Internet

10. Juli 2009

Im Internet locken nahezu unbegrenzte Freiheiten. Das zieht auch jene an, die zu Rassenhass und Fremdenfeindlichkeit anstacheln. Solche Hass-Seiten aus dem Netz zu entfernen, ist jedoch schwer.

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Rechtsextremismus bei Youtube
Aufrufe zu Hass und Gewalt finden sich auch auf populären VideoportalenBild: DW Fotomontage

Laut, schnell, aggressiv: Harter Rock findet gerade unter Jugendlichen großen Zuspruch. Auch die Musik rechtsextremistischer Bands klingt zunächst wie die vieler anderer Rock-Gruppen. Was für rassistische und menschenverachtende Botschaften sie indes verbreiten, wird meist schon in den ersten Textzeilen deutlich. Ein extremes Beispiel ist die Band "Landser", zwar längst verboten, aber deshalb noch lange nicht aus der Welt. Im weltweiten Netz sind immer noch ihre Musikvideos zu finden, mit eingängigen Refrains, die unter anderem gegen Sinti und Roma hetzen. In der "Landser"-Sprache heißt es dann: "Zigeunerpack, jagt sie alle weg, ich hasse diesen Dreck!"

Rechtsextremistische Musik-CDs
Findet immer ihren Weg ins Netz: Neonazi-MusikBild: picture-alliance/ dpa

Mit solchen Hass-Videos stacheln Rechtsextremisten zur Jagd auf Minderheiten an - und das auch noch erfolgreich, wie der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, erleben muss. Insbesondere die älteren Menschen seiner Minderheit, die noch den Nationalsozialismus erlebt haben, würden durch die rassistischen Parolen und Gewaltaufrufe in Angst versetzt. Und das nicht ohne Grund, schließlich finden die virtuellen Fantasien im Internet nicht selten ihre grausame Entsprechung im wahren Leben: Allein in diesem Jahr seien in Ungarn sieben Sinti und Roma umgebracht worden, berichtet Romani Rose.

Hetzer nutzen alle Möglichkeiten des Internets

Das Netz bietet den idealen Nährboden, um Gewalt zu verbreiten. Die Zahl neonazistischer Seiten und Videos geht in die Tausende. Dabei nutzen die hasserfüllten Absender alle Möglichkeiten des Mediums und setzen auf Emotionen, sagt Stefan Glaser von der Organisation Jugendschutz.net: "Seiten mit Musik und Videos wirken ganz anders und viel weniger abschreckend als solche, auf denen nur Texte mit irgendwelchen Theorien stehen." Der Jugendschützer weiß: Bei einem solchen Multimedia-Angebot schaut ein neugieriger User gerne mal genauer hin.

Wenn Heinz Fromm mit Hass im Internet konfrontiert wird, dann auch mit religiös motiviertem. Fromm ist Präsident des deutschen Verfassungsschutzes und hat von Amts wegen mit dem international vernetzten Terrorismus zu tun. Das Feindbild selbst ernannter Gotteskrieger ist eindeutig, simpel und hat einen Namen: "Es ist der Westen, dem der Part des Bösen, der Zerstörung und der Wertelosigkeit zugewiesen wird. Und auf der anderen Seite stehen heroische Dschihadisten: Aufrechte Kämpfer, die optimistisch lächeln ihren Opfertod vorbereiten", erläutert Fromm.

Völlige Kontrolle ist unmöglich und unerwünscht

Dschihad Werbung bei YouTube
Gotteskrieger: Das Selbstbildnis vom aufrechten KämpferBild: picture-alliance / dpa / DW Montage

Strafrechtlich ist den Betreibern extremistischer und fremdenfeindlicher Inhalte im Internet nach wie vor schwer beizukommen. Vor zwei Jahren hatten sich die Länder der Europäischen Union zwar auf Initiative der deutschen Justizministerin Brigitte Zypries auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Doch was in Europa geahndet werden kann, ist in den USA beispielsweise folgenlos möglich, weil es keine vergleichbaren Gesetze gibt. Zypries fordert deshalb weltweit geltende gemeinsame Standards.

Das ist schwer zu erreichen, zumal eine totale Kontrolle des Internets unmöglich und letztlich auch unerwünscht ist. Deshalb unterstreicht die Ministerin auch: "Es bleibt nach wie vor die wichtigste Aufgabe, klarzumachen, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in der wirklichen Welt geführt werden muss." Hass im Internet zu bekämpfen, sei eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft.

Auf einer internationalen Konferenz, zu die deutsche Justizministerin am Donnerstag (09.07.2009) nach Berlin eingeladen hatte, plädierte sie deshalb für eine engere Zusammenarbeit zwischen Internet-Nutzern, Interessengruppen und Providern. Ansätze dafür gibt es bereits. Stefan Glaser von Jugendschutz.net macht seit längerem überwiegend gute Erfahrungen, wenn er Provider bittet, rassistische und fremdenfeindliche Seiten aus dem Netz zu entfernen. Das funktioniere zu 80 bis 90 Prozent, selbst in den USA. Denn die meisten Provider hätten entsprechende Regelungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Autor: Marcel Fürstenau

Redaktion: Rolf Breuch